Die FDP ist die Porschefahrer-Partei. Dieses Bild hing den Liberalen lange an, bis Bundesverkehrsminister Volker Wissing Mitte 2022, damals gerade ein halbes Jahr im Amt, den legendären Satz tat: "Deutschland soll Fahrradland werden." Klar: Gut fürs Klima. Gut für die Gesundheit. Gut fürs Image.
Der FDP-Politiker entwarf damals eine Vision, die auch von einem Grünen hätte stammen können. Die Infrastruktur für den Radverkehr müsse auf breiter Front verbessert werden.
Es brauche geschlossene Netze von Radwegen, möglichst mit einer Breite von 2,5 Metern je Richtung, zudem Fahrrad-Parkhäuser an Bahnhöfen, um autofreies Pendeln zu ermöglichen, auch generell mehr Sicherheit für die Velo-Nutzer. Denn: "Wenn Eltern ihre Kinder lieber mit dem Auto zur Schule bringen, statt sie auf das Fahrrad zu setzen – dann läuft etwas falsch."
Chapeau, dachte man damals. Wissing – privat übrigens ein E‑Auto-Fahrer, der im Urlaub auch mal den Benzin-VW-Golf seiner Frau nutzt – hat die Zeichen der Zeit erkannt.
Und tatsächlich umfasste der Bundesverkehrsetat 2022 immerhin 750 Millionen Euro für den Ausbau von Radwegen. Es schien anders zu laufen als bei seinem Vorgänger Andreas Scheuer von der CSU, der sich "Fahrradminister" nannte, laufend Bilder von sich mit Velo-Helm postete, dann aber nur ein paar Kröten dafür lockermachte.
Autobahnen sind tabu
Wissings fulminanter Antritt hielt nicht lange. Schon 2023 schrumpfte die Fahrrad-Förderung wieder auf 560 Millionen, und in diesem Jahr werden es nur noch 400 Millionen sein.
Die eigentlich geplante Summe wurde um ein Viertel gekürzt, obwohl der Verkehrsetat insgesamt gegenüber 2023 sogar um 24 Prozent auf 44,3 Milliarden Euro angestiegen ist. Damit bleibt die "Fortschrittskoalition" wieder weit unter der Fahrrad-Fördernotwendigkeit, die die Verkehrsministerkonferenz 2022 auf eine Milliarde pro Jahr taxiert hatte.
Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.
Wie das mit dem Fahrradaufschwung auf diese Art etwas werden soll, bleibt Wissings Geheimnis. Dabei gäbe es in seinem Etat schon noch Luft, sprich Geld, das umgelenkt werden könnte.
So steigen die Ausgaben für Erhalt und Ausbau der Bundesfernstraßen trotz der Finanzknappheit des Bundes sogar noch an, und zwar auf 12,8 Milliarden. An der Erhaltung der bröselnden Fahrbahnen und Brücken darf natürlich nicht gespart werden, aber der immer noch voluminöse Neubau ist in einem "Fahrradland" aus der Zeit gefallen.
Eine Kürzung an dieser Stelle hätte das nötige Geld beschafft. War aber tabu. Also doch Porsche-Partei?