Gelbes Fahrradsymbol und gelber Streifen auf Asphalt.
Pop-up-Radwege: Die Autoindustrie und ihre Minister:innen sind dagegen. (Foto: Carla Constanza)

Gelbe Farbe auf dem Asphalt, ein paar Warnbaken – und schon ist er da, der Pop-up-Radweg. Als eine der ersten Städte hat Berlin im letzten Frühjahr damit auf die Corona-Pandemie reagiert. Viele andere folgten.

Der Grund: Seit Beginn der Krise boomte der Radverkehr. Und mit dem Rad ist man auf den neuen, breiten Fahrstreifen sicher unterwegs, so das Kalkül. Durchsetzbar erschien das, weil der Autoverkehr in den Städten wegen der Lockdowns stark zurückgegangen war.

Jetzt im zweiten Corona-Frühjahr, wenn die Menschen wieder massenhaft aufs Rad steigen, sollen mancherorts weitere Pop-up-Wege hinzukommen oder aus den Provisorien dauerhafte Radwege werden. Doch nicht überall läuft die Sache glatt, teils regt sich Widerstand.

Zum Beispiel in München, wo Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) sich gegen die Umwidmung von Auto-Fahrspuren ausgesprochen hat.

Politiker:innen wie Schreyer sollten sich die jüngste Untersuchung des Klima-Thinktanks MCC zu diesem Thema zu Gemüte führen. Die ergab nämlich, dass sich die Pop-up-Radwege als sehr einfaches, wirksames und besonders kostengünstiges Instrument der Klimapolitik erweisen.

Ausgewertet wurden die Daten von 736 amtlichen Fahrradzählstationen in 106 europäischen Städten und ein Monitoring des Europäischen Radfahrerverbands ECF zu den "Corona-Radwegen".

"Viele Städte lassen sich eine Chance entgehen"

Zwar waren viele Leute wegen der Pandemie sowieso aufs Rad umgestiegen, etwa, um nicht in vollen Bussen und Bahnen zu sitzen. Die MCC-Forscher konnten aber zeigen: Die Radwege haben für zusätzlichen Fahrradverkehr gesorgt – und zwar in beträchtlichem Umfang.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Tatsächlich bewirkten die Pop-up-Radwege im betrachteten Zeitraum von März bis Juli 2020 in den Städten, wo es sie gab, zwischen elf und 48 Prozent zusätzlichen Radverkehr.

Da ein Kilometer Pop-up-Radweg wenig kostet, in Berlin zum Beispiel nur 9.500 Euro, spricht also viel für diese Maßnahme. Die Autoren schreiben den Politikern ins Stammbuch: "Die Chance, hier mit wenig Aufwand den Verkehrsmittel-Mix erheblich zu beeinflussen, wird in vielen Städten zu Unrecht vernachlässigt."

Und sie führen dabei zu Recht nicht nur den Klimaschutz ins Feld. Die Pop-up-Radwege sind ja auch eine Gesundheitsmaschine. Jeder geradelte statt im Auto gefahrene Kilometer spart laut anderen Studien rund einen halben Euro an Gesundheitskosten ein. Und das läppert sich.

Anzeige