Rotes Frachtschiff mit zwei weißen, senkrecht stehenden Kunststoff-Flügeln.
Der Frachter "Pyxis Ocean" fährt mit moderner Windunterstützung. (Bild: BAR Technologies)

Container-Riesen, Frachter, Kreuzfahrtschiffe, große Auto- und Personenfähren: Die Schifffahrt auf den Weltmeeren belastet das Klima stark, und sie emittiert viele Schadstoffe. Ihre Abgase machen bis zu drei Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes aus, was etwa dem Anderthalbfachen der Emissionen Deutschlands entspricht.

Dabei muss die Schifffahrtsindustrie ihre CO2-Emissionen bis 2050 auf null bringen, um das 1,5‑Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens für die globale Erwärmung einzuhalten. In den 2010er Jahren sind allerdings die Emissionen weiter angestiegen, statt zu sinken.

Bisher nutzen die meisten der Schiffe, die auf den Meeren fahren, Schweröl für den Antrieb – eine klebrige, teerartige Substanz, die nach der Raffination von Rohöl zurückbleibt. Neben dem Klimaproblem verursacht das auch eine hohe Schadstoffbelastung, darunter mit Stickoxiden und Schwefel.

Bisher gilt die Verwendung von Methanol als wichtigste Zukunftsoption für einen Alternativ-Kraftstoff. Methanol ist eine farblose Flüssigkeit, die aus Biomasse, etwa landwirtschaftlichen Abfällen, oder durch die Kombination von erneuerbar erzeugtem Wasserstoff mit CO2 hergestellt werden kann.

Auch am Einsatz von Brennstoffzellen wird gearbeitet, die an Bord aus Wasserstoff Strom für einen elektrischen Antrieb produzieren.

Allerdings kommen zunehmend auch andere Konzepte in den Fokus. So arbeitet die norwegische Reederei Hurtigruten in einem Konsortium mit zwölf Partnern und einem Energieforschungsinstitut an der Entwicklung des weltweit ersten emissionsfreien Kreuzfahrtschiffs. Der Antrieb soll hier mit Strom aus Batterien erfolgen. Die Entwicklung läuft seit einem Jahr, unlängst präsentierte das Konsortium die ersten Ergebnisse.

Batterien, Solar- und Windsegel

Bei dem Hurtigruten-Projekt, genannt "Sea Zero", geht es um ein kleineres Kreuzfahrtschiff, das auf die norwegische Küste und die 34 Häfen, die dort täglich angelaufen werden, zugeschnitten ist – die klassische Postschiff-Route.

Das Schiff soll eine Länge von 135 Metern haben und über 270 Kabinen mit Platz für rund 500 Gäste und 100 Besatzungsmitglieder verfügen. Außerdem sind ein großer Frachtraum und Kapazitäten für den Autotransport vorgesehen.

Der Prototyp soll mit Elektromotoren laufen, wobei die Elektrizität überwiegend aus großen Batterien kommt, die vorher im Hafen mit erneuerbarem Strom aufgeladen werden. Außerdem will man Solar- und Windsegel einsetzen, die aus- und eingefahren werden können.

Ein Passagierschiff mit drei nach oben ausgeklappten Flügeln für einen zusätzlichen Wind-Antrieb.
Beim "Sea Zero"-Schiff soll die Energie von Batterien und von drei Solar- und Windsegeln kommen. (Bild: Vard Design/​Hurtigruten AS)

Weitere Besonderheiten sind ein besonders stromlinienförmiges Design und eine neuartige Beschichtung des Schiffsrumpfes, die den verbrauchserhöhenden Bewuchs minimiert. Künstliche Intelligenz soll die An- und Ablegeverfahren für die jeweiligen Häfen optimieren.

Entscheidend wird auch sein, den Energieverbrauch für den Hotelbetrieb an Bord zu verringern, da dieser bis zu 50 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmacht. Ziel ist hier eine Halbierung im Vergleich zu den derzeit von Hurtigruten eingesetzten Schiffen.

Die Technologien und Konzepte sollen nun in den nächsten zwei Jahren erprobt, getestet und weiterentwickelt werden, wie Henrik Burvang erläuterte, Innovationsmanager beim Schiffbau-Unternehmen Vard, das Teil des Konsortiums ist.

Burvang hatte auch eine gute Nachricht für die künftigen Passagiere: Die stromlinienförmige Form und der neue Antrieb reduzierten nicht nur den Energiebedarf, sie erhöhten auch den Komfort für die Mitfahrenden, sagte er.

Windkraft kehrt auf Frachtschiffe zurück

Eine weitere grüne Technologie, die aber vor allem für Frachtschiffe gedacht ist, arbeitet mit Windkraft – allerdings nicht mit herkömmlichen Segeln, wie man sie von den klassischen Segelschiffen kennt, sondern mit großen Flügelsystemen.

Diese auf dem Deck installierten "Windwings" sind bis zu 37 Meter hoch und bestehen aus drei Flügeln, die sich automatisch an Windrichtung und -geschwindigkeit anpassen, aber auch eingeklappt werden können, etwa im Hafen. Sie sind aus leichtem, robustem Verbundmaterial gefertigt.

Die Windwing-Technologie kann nach Angaben des Entwicklers, des Unternehmens BAR Technologies im südenglischen Portsmouth, den Kraftstoffverbrauch von Schiffen um bis zu 30 Prozent senken und auch auf vorhandenen Frachtern nachgerüstet werden. Das böte die Chance, auch existierende Schiffsflotten klimafreundlicher zu machen.

Ein Routenoptimierungs-System sorgt dafür, dass das Schiff jeweils die maximale Windunterstützung erhält. Das Projekt wurde von der EU im Rahmen der Chek-Initiative zur Entwicklung eines klimaneutralen Schiffsverkehrs mitfinanziert.

Das erste Schiff, das mit Windwings ausgestattet wurde, ist der von der Cargill-Reederei gecharterte Frachter "Pyxis Ocean". Er befindet sich derzeit auf der Jungfernfahrt von China nach Brasilien, dabei sollen Erfahrungen mit dem System gesammelt, der Betrieb und die Leistung optimiert werden.

Der Chef von BAR Technologies, John Cooper, bezeichnete die erneute Nutzung von Windkraft in der Frachtschifffahrt im großen Stil als Wendepunkt für die Branche, da sie klimafreundlich sei und Kosten spare. Er sagt voraus, dass schon 2025 rund die Hälfte aller neu gebauten Schiffe mit Windkraft-Systemen ausgerüstet werden.

Coopers Unternehmen plant, in den nächsten Jahren zusammen mit dem norwegischen Partner Yara Marine Technologies Hunderte von Windwings zu produzieren.