Für Carsharing reservierter Parkplatz
Mit dem Carsharing-Gesetz haben Kommunen seit einem Jahr die Möglichkeit, Autos von Carsharing-Anbietern zu bevorzugen, etwa durch reservierte Parkplätze. (Foto: BCS)

Es war ein Schock für die Fans der Sharing-Ökonomie. "Carsharing ist nicht gut für die Umwelt" – so konnte man jüngst in Zeitungen lesen. Damit scheint ein Grundpfeiler der Autoteiler-Bewegung erschüttert, die in den 1980er Jahren entstanden war, um die Umweltbelastung durch den motorisierten Individualverkehr zu senken.

Starker Tobak: Nur sehr wenige Carsharing-Nutzer schaffen ihren eignen Pkw ab, im Schnitt kaufen sie noch mehr eigene Autos als der Rest der Bevölkerung, und unter dem Strich wächst die Fahrzeugflotte durch das Angebot der geteilten Autos sogar an. Fazit: Die Treibhausgas-Reduktion ist gleich null.

Tatsächlich geht es in der Studie, die diese Ergebnisse produzierte, nur um eine – allerdings stark wachsende – Variante des Carsharings: das sogenannte Free-Floating-Carsharing. Dabei gibt es keine festen Leihstationen, sondern die Autos stehen im öffentlichen Straßenraum für die spontane Nutzung bereit. Danach können sie auf einem beliebigen freien Parkplatz wieder abgestellt werden. Abgewickelt wird das Ganze per Smartphone-App. Bereits rund 1,5 Millionen Deutsche machen mit.

Untersucht wurden die Auswirkungen des Carsharings beim Markführer der Freefloating-Anbieter, der Daimler-Tochter Car2go, vom Freiburger Öko-Institut und dem Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), und zwar über vier Jahre hinweg in Frankfurt am Main, Köln und Stuttgart. Die Wissenschaftler verglichen das Mobilitätsverhalten der Car2go-Mieter mit dem einer Vergleichsgruppe, die Carsharing nicht nutzt.

Es zeigte sich, dass das Car2go-Fahren gerade bei jungen Leuten und höher gebildeten Menschen in den Großstädten beliebt ist. Es werde als "praktisch, bequem und flexibel, aber auch umweltfreundlich" wahrgenommen, schreiben die Experten.

Letzteres stimmt aber ganz offensichtlich nicht. Viele der Nutzer besitzen weiterhin ein eigenes Auto, nur knapp drei Prozent verkauften es, um dann nur noch per Carsharing, Bus, Bahn und Fahrrad unterwegs zu sein. Die Gesamtzahl der Pkw in den drei Städten sei durch das Freefloating-Angebot nicht gesunken. Im Gegenteil: "Die erzielte Minderung des Fahrzeugbestandes ist geringer als die Anzahl der eingesetzten Carsharing-Fahrzeuge", bilanzieren die Experten.

Klassische Variante bringt viel mehr

Fatal wäre es, wenn diese Ergebnisse das Image des Carsharings insgesamt herunterziehen würde. Denn bei der stationsbasierten Variante, die bundesweit von immerhin rund 500.000 Menschen genutzt wird, sind die Umweltentlastungen im Gegensatz dazu beträchtlich.

Laut einer Erhebung des Bundesverbands Carsharing (BCS) haben hier zum Beispiel 78 Prozent der Kunden in innenstadtnahen Wohnlagen kein eigenes Auto mehr. Ein stationsbasiertes Carsharing-Fahrzeug ersetzt nach diesen Angaben zwischen acht und 20 privaten Pkw.

Viele dieser Autoteiler steigen auch auf ökologisch sinnvolle Alternativen zum Auto um. Laut der BCS-Untersuchung berichten 40 Prozent von ihnen, dass sie weniger Auto fahren. 19 Prozent nutzen öfter Bus und Bahn, 14 Prozent steigen häufiger aufs Fahrrad.

Doch auch die Freefloating-Variante hat Potenzial, meinen zumindest Öko-Institut und ISOE. Nämlich dann, wenn die Städte mit der Verkehrswende ernst machen, zum Beispiel über höhere Parkgebühren für Privatautos, um das Umsteigen auf alternative Verkehrsmittel zu fördern.

Motto: Wer dann das Autoteilen bei Car2go und Co schon mal eingeübt hat, dem fällt der Verzicht auf die eigenen vier Räder nicht mehr so schwer.

Anzeige