Die Strom-Netzentgelte in Ökostrom-Ausbauregionen sollen zum Anfang des Jahres 2025 spürbar sinken. Das hat die Bundesnetzagentur kürzlich mitgeteilt. Sie hatte zuvor ein Jahr lang an einer Reform der Stromnetzentgelte gearbeitet. Damit wollte sie Mehrbelastungen ausgleichen, die durch den regional sehr unterschiedlichen Ausbau von Solar- und Windparks entstanden sind.

Um die neuen Anlagen anzuschließen und den erzeugten Strom transportieren zu können, mussten die regionalen Netzbetreiber neue Leitungen und Umspannwerke bauen. Die Kosten dafür fließen in die Entgelte der Betreiber ein, die von den Kunden der Region über den Strompreis zu bezahlen sind.

 

Besonders in Nord- und Ostdeutschland gibt es Regionen, in denen viele neue Solar- und Windparks gebaut worden sind. Sie sind aber selbst dünn besiedelt und haben wenig Industrie, der Stromverbrauch ist vergleichsweise gering.

Hier müssen also hohe Netzausbaukosten auf einen geringen Verbrauch umgelegt werden, sodass hohe Netzentgelte entstehen. Gleichzeitig erzeugen diese Regionen viel Strom aus erneuerbaren Energien. Viel davon wird in andere Regionen geliefert, die einen hohen Stromverbrauch und deutlich niedrigere Netzentgelte haben.

Netzentgelte machen für Haushalte meist etwa ein Viertel des Strompreises aus. In Nord- und Ostdeutschland kann dieser Anteil aber auch deutlich höher sein.

Entlastungen im Norden und Süden

Durch die Netzentgeltreform kommt es nun für Haushalte in den Ökostrom-Ausbauregionen ab Januar zu deutlichen Entlastungen. Besonders kräftig sinken die Netzentgelte bei dem norddeutschen Netzbetreiber Wemag Netz mit Sitz in Schwerin.

Hier gehen sie um 38 Prozent zurück, von 15,84 Cent pro Kilowattstunde auf 9,81 Cent. Ein Durchschnittshaushalt, für den die Bundesnetzagentur einen Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden annimmt, spart dann gegenüber dem Vorjahr mehr als 200 Euro.

Ein Windpark, eine Solar-Freiflächenanlage und Stromleitungen auf einem Feld.
In Regionen mit starkem Ökostrom-Ausbau sinken die Strompreise. (Bild: Jens Ickler/​Elxeneize/​Shutterstock)

Etwas weniger deutlich fallen die Entlastungen bei Schleswig-Holstein Netz sowie bei Edis Netz in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg aus. Hier sparen die Durchschnittshaushalte 150 sowie 100 Euro.

Entlastungen von 43 Euro gibt es auch noch für Durchschnittshaushalte im Netzgebiet von Bayernwerk Netz, dem größten bayerischen Verteilnetz-Betreiber. Das ist auf den ersten Blick etwas überraschend, da Bayern allgemein für einen sehr zurückhaltenden Ausbau der Windkraft und für einen hohen Stromverbrauch bekannt ist.

Andererseits stehen hier auch schon sehr viele Solarstrom-Anlagen, die an die Netze angeschlossen werden mussten. Diese sehr unterschiedlichen Sachverhalte dürften berücksichtigt worden sein, als die Entlastungen berechnet wurden.

Wenn die Netzentgelte bei den Verteilnetzbetreibern sinken, wirkt sich das auch auf alle nachgelagerten Netzbetreiber aus. Dazu gehören die Netzgesellschaften von Stadtwerken, die Strom über die Verteilnetze beziehen und dafür Netzentgelte an die Betreiber bezahlen.

Rekord-Kostenwälzung in Bayern

Alles in allem hat die Netzentgeltreform dazu geführt, dass 178 Netzbetreiber nun einen Teil ihrer Ausbaukosten für erneuerbare Energien an die anderen Netzbetreiber weiterverteilen können. Diese sogenannten Wälzungskosten beziffert die Bundesnetzagentur mit insgesamt 2,4 Milliarden Euro.

Die meisten Wälzungskosten kann Bayernwerk Netz über diesen Mechanismus weitergeben: 570 Millionen Euro. Bei Edis Netz sind es 306 Millionen. Der Netzbetreiber Mitnetz Strom, der vor allem in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg tätig ist, kommt auf 292 Millionen Euro.

Auch hier ergibt sich die Frage, welche Einflussgrößen zu dem besonders hohen Wälzungsbetrag für Bayernwerk Netz geführt haben. Auf Anfrage dazu informiert die Bundesnetzagentur ausführlich über das komplizierte Verfahren, mit dem sie diesen Wälzungsbetrag ermittelt hat. Vereinfacht lässt sich das so zusammenfassen:

Bei Bayernwerk Netz sind sehr viele Anlagen für Strom aus erneuerbaren Energien mit erheblichen Mengen Erzeugungsleistung angeschlossen. Dazu gehören vor allem zahlreiche Anlagen für Solar- und Bioenergie.

Deren erneuerbare Erzeugungsleistung ist insgesamt mindestens doppelt so hoch wie die Jahreshöchstlast – der höchste gleichzeitige Stromverbrauch in diesem Verteilnetz. Mit diesem "Faktor zwei" erhält ein Verteilnetzbetreiber bereits das Recht, einen Teil seiner Ausbaukosten für erneuerbare Energien zu wälzen. Wie groß der Faktor genau ist, wird auch noch ermittelt.

 

Für Bayernwerk Netz kommt dazu, dass es sich um einen besonders großen Verteilnetzbetreiber mit einer sehr großen Kostenbasis handelt. Damit sind hier alle Kosten gemeint, die für den Netzbetrieb anfallen. Mit dieser Kostenbasis wird der Anteil der wälzbaren Ausbaukosten multipliziert. So entsteht der große Wälzungsbetrag bei Bayernwerk Netz.

Dabei merkt die Bundesnetzagentur an, dass ein hoher Wälzungsbetrag noch nichts über die Entlastungswirkung im jeweiligen Netz aussagt: "Es gibt beispielsweise eine Reihe an Netzbetreibern, die zwar einen (absolut) geringeren Wälzungsbetrag als Bayernwerk Netz aufweisen, aber gemessen an ihren Gesamtkosten einen deutlich größeren Anteil 'wälzen' können. Die Entlastungswirkung ist in diesen Netzgebieten daher grundsätzlich größer."

Steigende Umlage verringert Entlastung der Haushalte

Die Wälzungskosten werden wiederum von allen Stromverbrauchern in Deutschland bezahlt. Sie fließen in die Umlage nach Paragraf 19 der Stromnetz-Entgeltverordnung ein, die bereits ein Bestandteil des Strompreises ist.

Die Paragraf-19-Umlage dient bisher dazu, besonders große industrielle Stromverbraucher von Netzentgelten zu entlasten. Im Jahr 2024 wird sie von den meisten Stromverbrauchern schon mit 0,643 Cent pro Kilowattstunde bezahlt.

Diese Umlage soll im kommenden Jahr 2025 unter der neuen Bezeichnung "Aufschlag auf besondere Netznutzung" auf 1,558 Cent steigen. Das bedeutet für den erwähnten Durchschnittshaushalt, dass ihm zusätzliche Netto-Stromkosten von 32 Euro im Jahr entstehen.

Die steigende Umlage führt in den nord- und ostdeutschen Ökostrom-Ausbauregionen dazu, dass die Entlastung bei den Netzentgelten etwas gedämpft wird. Für die Haushaltskunden von Bayernwerk Netz wird die Entlastung sogar weitgehend kompensiert.