Großes Anwesen auf dem Land mit Windrad und Solardächern, über ein Feld aufgenommen.
Dezentrale Stromversorgung mit erneuerbaren Energien ist das Ziel. (Foto: Luise Moypili/​Pixelio)

Windräder, die nah an Siedlungen stehen, verringern die Akzeptanz für die Energiewende. Das ist das Argument, mit dem viele Kritiker Abstandsregelungen für Windräder einführen wollen. Dieser Ansicht widerspricht nun das Umweltbundesamt (UBA) in einer Analyse. Demnach sind pauschale Siedlungsabstände nicht nur ungeeignet, um die Akzeptanz der Energiewende zu steigern, sie gefährden auch deren Fortführung.

Das UBA hat dafür zunächst alle Flächen zusammengefasst, die derzeit in Regionalplänen und Bebauungsplänen für Windräder ausgewiesen oder in Plan-Entwürfen dafür vorgesehen sind. Dann haben die Expertinnen und Experten ausgerechnet, wie sich diese Fläche verkleinert, wenn verschiedene Mindestabstände zu Wohngebieten beziehungsweise zu Gebieten mit gemischter Nutzung – also beispielsweise landwirtschaftlichen Betrieben – gelten.

Das Ergebnis: Selbst ein pauschaler Abstand von 1.000 Metern zu Siedlungen reduziert die zur Verfügung stehende Fläche um 20 bis 50 Prozent – bei einem Abstand von 1.300 Metern würde die Fläche bereits um die Hälfte reduziert. Ein Abstand von 2.000 Metern, wie er sich aus der bayerischen 10-H-Abstandsregel ergibt, würde die Fläche deutschlandweit um 85 bis 97 Prozent verringern.

1.200 Meter Pauschal-Abstand stoppen den Ausbau

Das UBA hat anschließend auch berechnet, wie sich die geringere Fläche auf die Leistung auswirkt, die potenziell auf den Flächen installiert werden kann. Die Experten gehen dabei davon aus, dass es keine Bestandsanlagen gibt und alle Flächen mit neuen Windrädern ausgestattet werden können. Dieses ideale Potenzial beträgt 80 Gigawatt, wenn es keine Abstandsregelung gibt.

Bei einem Abstand von 1.000 Metern bleibt lediglich ein Potenzial zwischen 40 und 60 Gigawatt übrig. Damit kann im Vergleich zu heute nur noch wenig bis gar nichts hinzukommen – die installierte Leistung der Windenergie an Land beträgt derzeit 53 Gigawatt. Ab einem Siedlungsabstand von 1.200 Metern liegt das Potenzial der übrig gebliebenen Fläche mit 30 bis 50 Gigawatt deutlich darunter.

Was die Akzeptanz angeht, beruft sich das UBA auf eine andere Studie, die von der Fachagentur Windenergie an Land in Auftrag gegeben wurde. Die Wissenschaftler von der Universität Halle haben verschiedene umweltpsychologische Studien analysiert und kamen zu dem Ergebnis, dass sich kein bedeutsamer Zusammenhang zwischen Akzeptanz und Abstand nachweisen lässt. 

Ausbau der Windkraft in Bayern kam fast zum Erliegen

Abstandsregeln wie die vom UBA untersuchten gibt es derzeit vor allem in Bayern. Die dortige Landesregierung hatte 2014 als einziges Bundesland von einer Änderung im Baugesetzbuch Gebrauch gemacht, die es den Ländern bis 2015 freistellte, die Abstände selbst festzulegen.

In Bayern wurde ein Mindestabstand von der zehnfachen Höhe der Windenergieanlage beschlossen, was bei modernen Anlagen ungefähr 2.000 Metern entspricht. Die Einführung dieser Regelung hat in Bayern dazu geführt, dass der Ausbau der Windkraft fast zum Erliegen kam.

Auch die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will im neuen Landesentwicklungsplan einen pauschalen Abstand von 1.500 Metern einführen. Kritiker vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW gehen aber davon aus, dass dies rechtlich nicht haltbar ist.

Die Studie des UBA entlarve Forderungen aus den Reihen von CDU und CSU nach pauschalen Abstandsregelungen oder Einschränkungen im Planungsrecht als "grundsätzlichen Angriff auf Energiewende und Klimaschutz", sagte Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Grünen im Bundestag. Windkraft sei unverzichtbar, um Atomkraft und Kohle rechtzeitig zu ersetzen. "Ein naturverträglicher Ausbau der Windenergie mit Unterstützung der Betroffenen ist möglich", so Verlinden.