Großer Trafo im Umspannwerk Großgartach/Leingarten bei Heilbronn in Baden-Württemberg.
380-Kilovolt-Transformator im Umspannwerk Großgartach, dem Ziel von Suedlink 1. (Foto: Heiko Simayer/​Transnet BW)

Unter den großen Stromtrassen, die Deutschland künftig von Nord nach Süd durchziehen sollen, gehört der sogenannte Suedlink zu den wichtigsten. Die "Stromautobahn" soll von Schleswig-Holstein bis nach Baden-Württemberg führen – durch Niedersachsen, Hessen, Thüringen und Bayern. Die Kosten veranschlagen die zuständigen Netzbetreiber Tennet und Transnet BW bisher mit rund zehn Milliarden Euro.

Seit Anfang dieses Jahres versucht die Bundesnetzagentur, einen verbindlichen Korridor für die Abschnitte von Suedlink zu finden. Dabei geht es darum, innerhalb eines bereits festgelegten 1.000 Meter breiten Streifens den genauen Verlauf für die geplanten Erdkabel festzulegen.

Die Trasse teilt sich dabei in einen Suedlink 1 von der Stadt Brunsbüttel in Schleswig-Holstein bis zum Umspannwerk Großgartach/Leingarten bei Heilbronn in Baden-Württemberg. Ein Suedlink 2 soll von der Stadt Wilster in Schleswig-Holstein bis zum Umspannwerk Bergrheinfeld/West in Unterfranken verlaufen – parallel und auch streckenweise gemeinsam mit Suedlink 1.

Vier der betroffenen Bundesländer – Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein – haben in einem vom 17. Juni 2020 datierten, aber erst jetzt bekannt gewordenen und Klimareporter° vorliegenden Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) quasi einen Südlink 3 ins Gespräch gebracht.

Sie beziehen sich dabei auf den Netzentwicklungsplan für die Jahre 2019 bis 2030, bei dessen Erarbeitung die Bundesnetzagentur, wie es im Schreiben heißt, langfristig weiteren Bedarf an einer zusätzlichen Trasse im Suedlink-Korridor festgestellt habe – und zwar von der Stadt Heide (Holstein) zur Gemeinde Altbach bei Esslingen in der Großregion Stuttgart.

Diese Trasse wäre, argumentieren die vier Länder, "bis weit in den Süden Deutschlands nahezu deckungsgleich" mit der Trasse von Suedlink 1. Daher sei es "naheliegend", schreiben die vier zuständigen Landesminister, über eine "zeitgleiche Realisierung" von Suedlink und dem Projekt von Heide nach Altbach nachzudenken. Entsprechend wird der Wirtschaftsminister gebeten, "kurzfristig" noch einmal zu prüfen, ob das Vorhaben in den Bundesbedarfsplan aufgenommen werden kann.

Als technisches Argument für die Erweiterung führen die vier Länder an, dass der Strom über die Erdkabel mit einer höheren Spannung als bisher transportiert werden kann und somit weniger Kabel benötigt würden – was Platz für ein weiteres Kabel schaffen würde.

Thüringen will nicht "Deutschlands Stromklo" sein

Empört über den offensichtlich nicht mit ihr abgestimmten Vorschlag zeigt sich die Thüringer Landesregierung. Die vier Länder täten so, zitiert der Sender MDR den Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke), als habe die Trasse nichts mit Thüringen zu tun.

Statt mit dem Land zu reden, solle in einem höchst umstrittenen Verfahren eine dritte Leitung durch Thüringen durchgeprügelt werden, gibt der Sender den Ministerpräsidenten wieder. Noch im 30. Jahr der deutschen Einheit "denkt man offenkundig, wir wären irgendwie nur das Stromklo Deutschlands", wird Ramelow wörtlich zitiert.

Eine Trassenführung von Suedlink durch Thüringen hält das Land generell für rechtswidrig. Im vergangenen Jahr war Thüringen mit einer Klage gegen das Projekt zunächst gescheitert, weil der Trassenverlauf eben noch nicht endgültig feststehe, wie das Gericht erklärte. Gegen die Suedlink-Pläne leisten aber auch Bürgerinitiativen mehr und mehr Widerstand.

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