Die Energiewende ist Teil der ökologischen Transformation, aber vergisst dabei, sozial zu sein: Monteur in entstehendem Solarpark. (Foto: ODOT)

Es ist das Schreckgespenst der Energiewende: Wenn die erneuerbaren Energien noch wichtiger werden, wenn gar der Kohleausstieg kommt, dann – so argumentieren Kohleindustrie und branchentypische Gewerkschaften gern – folgt die Massenarbeitslosigkeit in den heutigen Kohleregionen.

Aber wenn es um die Rettung des Klimas und damit der Welt geht, dann ist das kein richtiges Argument, feuern Umweltschützer regelmäßig zurück. Und außerdem: Das Geschäft mit den erneuerbaren Energien schaffe mindestens genauso viele Arbeitsplätze.

Doch die Arbeitsbedingungen in der Branche lassen zu wünschen übrig. Im Durchschnitt verdienen die Arbeitskräfte im Vergleich zum übrigen produzierenden Gewerbe 900 Euro weniger pro Monat, nämlich 2.650 brutto. Das hat die Industriegewerkschaft Metall durch die Befragung von 4.740 Beschäftigten in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Büro und Verwaltung, Produktion sowie der Anlagen-Montage herausgefunden.

Frauen verdienen sogar noch weniger. Die Gehaltslücke zu den männlichen Kollegen beträgt etwa bei Ingenieurinnen der Solarbranche – trotz gleicher Qualifikation und Arbeitszeit – fast 20 Prozent. Urlaubs- und Weihnachtsgeld bekommt nur die Hälfte der Belegschaft.

Hinzu kommt, dass Überstunden mehr Regel als Ausnahme sind. Am stärksten sind die Ingenieure der Windbranche davon betroffen – 81 Prozent der Befragten bleibt dort regelmäßig länger und damit im Regelfall über die 40-Stunden-Woche hinaus. In den allermeisten Fällen wird die Mehrarbeit nicht bezahlt. Unter anderem hat das damit zu tun, dass die gewerkschaftliche Organisation in dem Geschäftsfeld noch sehr gering ausgeprägt ist.

Das alles führt zu Unzufriedenheit: Die Mehrzahl der Befragten empfindet die Bezahlung als zu gering. Nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten kann sich vorstellen, ihre Arbeit in der Zukunftsbranche bis ins Rentenalter auszuüben.

"Fragen Sie doch mal die Unternehmen"

Die Transformation hin zur erneuerbaren Arbeitswelt hakt aber noch an anderer Stelle. Nicht alle, die derzeit noch mit Kohle und Co arbeiten, sind auch für eine Tätigkeit in der Erneuerbaren-Welt qualifiziert. Inwieweit das durch Umschulungen oder Weiterbildungen ausgeglichen werden kann, ist noch unklar, denn dafür fehlen die Konzepte.

"So weit sind wir überhaupt noch nicht", sagt Michael Denecke von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. Allzu groß scheinen dort die Sorgen um die Kohle-Arbeitsplätze auch noch nicht zu sein – dafür hat die Politik gesorgt.

"Erst mal freuen wir uns über den Energiewende-Kompromiss der Bundesregierung", meint Denecke. Die neue Regelung sieht vor, dass 2.700 Megawatt an fossiler Kraftwerkskapazität in eine sogenannte Kraftwerksreserve überführt werden. Sprich: Die Betreiber werden dafür bezahlt, alte Kohlekraftwerke für den von Energieökonomen als sehr unwahrscheinlich erachteten Blackout bereitzuhalten.

Trotzdem lieber heute als morgen den Wandel einleiten? "Das ist ja auch nicht allein die Aufgabe der Energiegewerkschaft", wehrt Denecke ab. "Fragen Sie doch mal die Unternehmen!"

Auch hier ist die Ideenwerkstatt noch nicht richtig angelaufen. "In der technischen Wartung – im Gegensatz zu Jobs in der Verwaltung oder der Energiewirtschaft – sind die Unterschiede zwischen den Kraftwerkstypen sehr groß", erklärt Markus Nitschke, Sprecher der Erneuerbaren-Sparte des größten deutschen Energiekonzerns Eon. Im Falle von Kraftwerksstilllegungen sei das bisher einzige Konzept der Sozialplan. Also Vorruhestand, Übergangsgelder, Abfindungen.

Ab dem kommenden Jahr, meint Nitschke, werde zumindest Eon dieses Problem aber gar nicht mehr haben. Dann sollen die Aufspaltungspläne des angeschlagenen Konzerns greifen. Das fossile und atomare Geschäft wird ausgelagert und hat dann offiziell nichts mehr mit Eon zu tun. Der schwarze Peter wird weitergereicht.