Zwei Frauen betrachten die Kurse von CO2-Zertifikaten auf einem Monitor.
Die Leipziger Strombörse EEX ist einer der Marktplätze für CO2-Emissionsberechtigungen in der EU. (Foto: EEX)

Der Kohleausstieg dürfte deutlich früher als 2038 beendet sein, wie bisher von der Bundesregierung geplant. Grund sind die steigenden CO2-Kosten durch höhere Preise im EU-Emissionshandel.

Ein Signal dafür: In dieser Woche hat der Preis für ein CO2-Zertifikat erstmals seit Beginn des Handels im Jahr 2005 die 60-Euro-Marke geknackt. Ein weiterer Anstieg wird erwartet.

Mit steigenden Emissionspreisen sinkt langfristig die Rentabilität der Kraftwerke. Aktuell allerdings wird die Kohle wieder stärker genutzt als 2020.

Um Strom produzieren zu dürfen, müssen Betreiber von Kohle- und Erdgaskraftwerken CO2-Zertifikate kaufen. Noch im Jahr 2017 betrug der CO2-Preis nur rund fünf Euro pro Tonne. Danach stieg er auf über 25 Euro an. Einen Einbruch auf 17 Euro gab es durch die Corona-Lockdowns im letzten Jahr, als der Stromabsatz wegen Stillständen in der Industrie in den Keller ging.

Anfang dieses Jahres lag der Zertifikatspreis dann wieder bei 30 Euro, und nun hat er sich binnen eines halben Jahres verdoppelt. An der Energiebörse wurde das Recht zum Ausstoß einer Tonne CO2 für Kraftwerke und Industrie am Dienstagnachmittag mit 60,37 Euro gehandelt.

Der Zertifikateverbrauch wird derzeit durch zwei Entwicklungen nach oben getrieben. Vor allem ist es die wirtschaftliche Erholung nach den Lockdowns. Hinzu kommt das aktuell teure Erdgas. Bei der Stromerzeugung kommt daher die CO2-intensive Kohlekraft, deren Anteil 2019 und 2020 stark gesunken war, wieder häufiger zum Einsatz.

Experten zufolge wird der Zertifikatspreis aber auch von den Erwartungen an die EU-Klimapolitik getrieben. Die EU will ihr CO2-Reduktionsziel für 2030 von 40 auf 55 Prozent Einsparung gegenüber dem Basisjahr 1990 anheben. Das funktioniert nur, wenn die Menge der für Kraftwerke und Industrie verfügbaren Zertifikate deutlich abgesenkt wird.

Anstieg auf 130 Euro bis 2030 erwartet

Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung erwarten, dass der CO2-Preis im EU-Emissionshandel mit dem 55-Prozent-Ziel bis 2030 auf 130 Euro ansteigt, so eine Studie aus dem Frühjahr. Ihre Prognose: Das wird die Kohleverstromung in Europa beenden und auch die Stromerzeugung aus Erdgas auf unter 40 Prozent des Standes von 2015 drücken.

Auch der leitende Energieexperte des Öko-Instituts, Felix Matthes, erwartet, dass die steigenden CO2-Preise den deutschen Kohleausstieg deutlich beschleunigen. "Das Enddatum könnte im Jahr 2030 oder 2032 liegen", sagte er gegenüber Klimareporter°.

Derzeit allerdings erlaube der hohe Strompreis an der Börse von rund sieben Cent pro Kilowattstunde es den Kohlekraftwerksbetreibern, ihre Anlagen trotz der gestiegenen CO2-Kosten rentabel zu betreiben. 2020 hatte der Börsenpreis teils bei nur drei Cent gelegen.

Matthes betonte, aus Klimaschutzgründen sei ein früher Kohleausstieg wichtig. "Die Frage ist, ob die nächste Bundesregierung dafür ein neues Datum festlegt oder den Emissionshandel den Job tun lässt." In jedem Fall müsse sie sich um die Stromversorgungssicherheit kümmern, indem etwa Kohleblöcke in Reserve gehalten oder Gaskraftwerke gebaut werden.

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