Brandenburgs Ministerpräsident blockiert die Energiewende, kritisierte Greenpaece schon 2012, als Matthias Platzeck das Amt innehatte. (Foto: Michelle Bayona/​Greenpeace)

Der Frust unter Grünen und Umweltschützern über die Personalplanung bei der sogenannten Kohlekommission sitzt tief. Wolle man den Kohleausstieg auf die lange Bank schieben, sei Matthias Platzeck "die richtige Wahl", beschwerte sich jetzt die bündnisgrüne Fraktion in Brandenburg über den Vorschlag von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD).

Schulze hatte sich für Brandenburgs einstigen Ministerpräsidenten als Ko-Vorsitzenden der Kommission ausgesprochen. Als Landeschef sei der Sozialdemokrat Platzeck ein "kompromissloser Braunkohlebefürworter" gewesen, "der keine Rede ohne den Zusatz 'Glück auf' beendete und dem für die Lausitz ohne Braunkohlewirtschaft nur Katastrophenszenarien einfielen", legten die Grünen nach.

Unvergessen bei Lausitzer Umweltschützern ist, wie Platzeck 2007 als Ministerpräsident das Versprechen seines Amtsvorgängers Manfred Stolpe brach. Der hatte zugesagt, dass nach dem sorbischen Ort Horno nordöstlich von Cottbus, der nach jahrelangem Kampf abgebaggert wurde, kein weiteres Dorf mehr der Kohle weichen müsse.

Platzeck stimmte trotzdem zu, den damals geplanten Braunkohletagebau Jänschwalde Nord so zu führen, dass diesem drei weitere Orte – Grabko, Atterwasch und Kerkwitz – zum Opfer fallen sollten.

Erst zehn Jahre später, im Frühjahr 2017, wurden dieser Plan fallengelassen, aber nicht durch die Landesregierung, sondern durch den Kraftwerks- und Tagebaubetreiber Leag. Der sah für die Kohle aus Jänschwalde schlicht keinen Bedarf mehr.

Urspünglich soll der amtierende brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seinen Amtsvorgänger Platzeck für die Kommission ins Spiel gebracht haben. Woidke sowie sein sächsischer Amtskollege Michael Kretschmer (CDU) lehnten angesichts der Debatten um die Kohlekommission einen angeblich "vorzeitigen Ausstieg aus der Braunkohle" laut Medienberichten erneut ab.

Andernfalls komme es in der Lausitz zu riesigen ökonomischen, sozialen und politischen Verwerfungen, erklärten die Landeschefs. Erst wenn es industrielle Alternativen gebe, könne man über Szenarien eines Ausstiegs sprechen.

Auch bei den Umweltverbänden, denen bisher kein eigener Platz in der Kohlekommission eingeräumt wird, regiert mehr und mehr der Frust. Offenbar fühle sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mehr seinen saarländischen Wurzeln verpflichtet als der Zukunft des Landes, heißt es dort. Im Saarland war 2012 nach mehr als 200 Jahren die Geschichte des dort strukturbestimmenden Steinkohlebergbaus zu Ende gegangen.

Ökostrombranche will Sitz und Stimme

Mit eher vorsichtiger Kritik meldete sich am Mittwoch die Ökostrombranche zu Wort. In einem Klimareporter vorliegenden Schreiben an die vier Ministerien, deren Staatssekretäre die Kommission steuern sollen, fordern die Grünstrom-Unternehmen eine gleichberechtigte Präsenz in dem Gremium. Sollten in diesem die Spitzenverbände der traditionellen Energiebranche vertreten sein, verlangen die Ökostromer, dass dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und dem Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) ebenfalls ein Platz eingeräumt wird.

Sollten aber, heißt es in dem Brief weiter, die großen Kohlekraftwerks- und Tagebaubetreiber direkt Mitglied in der Kommission werden, fordere man eine gleichrangige Präsenz der Ökostrom- und Bürgerenergiebranche. Unterzeichnet ist das Schreiben vom Bündnis Bürgerenergie sowie den Ökostromanbietern EWS Schönau, Greenpeace Energy, Lichtblick und Naturstrom.

Des Weiteren erwartet die Ökostrombranche von der Kommission, dass diese einen "klaren Ausstiegspfad" für die Kohleverstromung und einen "ambitionierten Ausbau" der Erneuerbaren auf den Weg bringt. Unterstützung findet in dem Schreiben auch die kürzliche Forderung der Umweltverbände nach einen Moratorium bei der Genehmigung neuer Kohlekraftwerke und -tagebaue, solange die Kommission ihre Arbeit tut.

In einem offenen Brief an Wirtschaftsminister Altmaier hatten Anwohner aller drei deutschen Tagebaugebiete Sitz und Stimme in der Kohlekommission gefordert, mindestens aber "zwei VertreterInnen der Tagebaubetroffenen" (Klimareporter berichtete). Dies sei wichtig, um den Kohleausstieg "sozialverträglich" auszugestalten, argumentiert der Zusammenschluss von mehr als 50 Bürgerinitiativen, Kirchenvertretern und Lokalpolitikern.

Ergänzung am 11. Mai 2018 um 10 Uhr: Mittlerweile soll sich die Bundesregierung auf die Besetzung der Kommissionsspitze geeinigt haben. Neben Platzeck sollen, wie Spiegel Online am Donnerstagabend berichtete, der frühere sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sowie die ehemalige Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Ursula Heinen-Esser das Gremium leiten.