Kohlekraftwerk in den USA.
Kohlekraftwerke, hier im US-Bundesstaat Arizona, sind und werden nicht mehr wirtschaftlich. (Foto: John Fowler/​Snowpeak/​Wikimedia Commons)

Was in Deutschland und Europa noch bevorsteht, hat in China schon begonnen: das wirtschaftliche Wiederanlaufen. Dazu setzt die Regierung in Peking auch auf den verstärkten Neubau von Kohlekraftwerken. Bislang fünf neue Kraftwerke mit zusammen 7.960 Megawatt erhielten eine Baugenehmigung, wie der Kohle-Statusreport "Boom and Bust 2020" vor zwei Wochen meldete.

Laut dem Bericht gingen 2019 in China Kohlekraftwerke mit zusammen 43.800 Megawatt neu ans Netz, knapp zwei Drittel aller im Vorjahr weltweit in Betrieb genommenen Kohleblöcke.

Vor dieser, wenn auch regionalen, Rückbesinnung auf Kohle warnt ein heute veröffentlichter Bericht des Londoner Thinktanks Carbon Tracker. Für die chinesische und auch andere Regierungen möge es verlockend sein, in Kohlekraft zu investieren, um den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Pandemie zu unterstützen, erklärte dazu Matt Gray, Mitautor des Berichts.

"Wer neue Kohlekraftwerke baut und die bestehenden subventioniert, wirft jedoch Geld zum Fenster heraus", warnt der Experte von Carbon Tracker. Die Regierungen sollten besser einen grünen Wiederaufbau planen, indem sie Anreize geben, Kohlekraftwerke zu schließen, und Geld für erneuerbare Energien ausgeben.

Laut der Analyse des Thinktanks liefen 2019 bereits 41 Prozent der weltweiten Kohlekraftwerkskapazität unrentabel. In diesem Jahr könnte fast die Hälfte (46 Prozent) der Kohleflotte in die roten Zahlen geraten.

Die Studie von Carbon Tracker sieht dabei nur begrenzte Auswirkungen der Coronakrise auf die Wirtschaftlichkeit der Kohleverstromung. Hauptgründe dafür seien, dass die Rohstoffpreise für die Kohle bereits von der Krise niedrig waren und wenig Spielraum nach unten haben.

Dazu komme eine kaum spürbare Bepreisung des fossilen Energieträgers. Nach den Angaben liegt die globale Belastung durch einen CO2-Preis im Schnitt bei umgerechnet 2,50 Euro je Tonne.

Kohleausstieg in Europa geht weiter

Anders stellt sich für Carbon Tracker die Lage in Europa dar. Zwar sei der CO2-Preis im EU-Emissionshandel gegenwärtig vergleichsweise niedrig, er reiche aber weiter aus, damit Erdgas die Steinkohle aus dem Markt verdrängt.

Tatsächlich kosteten die Emissionsrechte für eine Tonne CO2 Anfang dieses Jahres teilweise nur noch 23 Euro – gegenüber 29 Euro im Höchststand 2019.

In Deutschland führten denn auch vor allem Sonderfaktoren dazu, dass in den ersten drei Monaten des Jahres mit einem Anteil von 52 Prozent erstmals mehr Ökostrom verbraucht wurde als fossiler und atomarer Strom zusammen, wie kürzlich Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Energie-Branchenverbandes BDEW zeigten.

Eine Rolle gespielt hätten dabei ein "Wind-Rekord" im Februar sowie außergewöhnlich viele Sonnenstunden im März. Hinzu gekommen sei ein leichter Rückgang des Stromverbrauchs um ein Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, ausgelöst durch eine schwache Konjunktur sowie einen Produktionsrückgang aufgrund der Coronakrise.

Angesichts der Sondereffekte, erklärten ZSW und BDEW vor einer Woche, lasse sich aus den ersten drei Monaten keine Ableitung für das ganze Jahr 2020 treffen.

Anzeige