BASF ist mit knapp 69 Milliarden Euro Jahresumsatz und 112.000 Beschäftigten der weltgrößte Chemiekonzern. Sein Stammsitz ist Ludwigshafen, ein großer Produktionsschwerpunkt ist China. Obwohl die Branche hierzulande insgesamt in der Krise steckt und das Unternehmen einen Sparkurs mit Stilllegung unrentabler Bereiche hierzulande fährt, gibt es auch gute Nachrichten.
So kündigte der Konzern jüngst an, die Dämmstoffproduktion in Ludwigshafen deutlich auszubauen. Er arbeitet auch an der Umstellung auf erneuerbare Energien und setzt dabei stark auf Offshore-Windkraft.
Jetzt fiel die Entscheidung, im Stammwerk auch die größte industrielle Wärmepumpe zur Dampfproduktion weltweit zu installieren.
Die großskalige Wärmeproduktion spielt nicht nur zur Versorgung von Wohnvierteln mit Fernwärme eine große Rolle, sondern auch in der Industrie. In der Chemieproduktion zählt neben Strom vor allem Dampf zu den wichtigsten Energieträgern.
Allein BASF benötigte im vergangenen Jahr weltweit rund 14 Millionen Tonnen Dampf, unter anderem zum Trocknen von Produkten, zum Aufheizen von Reaktoren oder zum Destillieren. Etwa die Hälfte davon gewinnt der Konzern bisher über Wärme-Rückgewinnung aus Produktionsanlagen, der Rest stammt aus Gas-und-Dampf-Kraftwerken.
Grundlage ist der neue Klimaschutzvertrag
Mit der neuen Wärmepumpe soll die Dampferzeugung am Stammsitz Ludwigshafen nun elektrifiziert werden. Die mögliche CO2-Einsparung beträgt laut Konzern bis zu 100.000 Tonnen. Das Beispiel zeigt: Der Trend geht zu Wärmepumpen mit immer größer Leistung.
Die geplante Anlage, die 15 Megawatt Strom verbraucht, soll in Ludwigshafen jährlich bis zu 500.000 Tonnen Dampf erzeugen. Als thermische Energiequelle der Wärmepumpe wird die Abwärme aus einem der beiden Steamcracker an dem Standort herangezogen, jenen zentralen Anlagen, in denen Rohbenzin (Naphtha) in kürzere Moleküle aufgespalten wird, um Produktionsrohstoffe zu gewinnen.
Diese Energie wird dann elektrisch auf Dampfniveau "hochgepumpt". Die mithilfe der Wärmepumpe erzeugbare Wärmeenergie liegt bei rund 360 Millionen Kilowattstunden jährlich.
Da der Strom dafür aus erneuerbaren Quellen stammen soll, wird so "CO2-freier" Dampf gewonnen. Zum Großteil soll er in der Produktion von Ameisensäure (CH2O2) eingesetzt werden, die in der Chemieindustrie für viele Zwecke genutzt wird, unter anderem für die Synthese von organischen Rohstoffen oder für die Neutralisation. Ein kleinerer Teil wird über das Dampfnetz am Standort weiteren BASF-Produktionsbetrieben zugeführt.
Eine wichtige Voraussetzung für die Investitionsentscheidung des Konterns dürfte der Förderbescheid des Bundeswirtschaftsministeriums über rund 310 Millionen Euro gewesen sein, den Minister Robert Habeck (Grüne) unlängst persönlich in Ludwigshafen übergab. BASF gehört zu den 15 Unternehmen, die kürzlich die ersten Klimaschutzverträge mit dem Ministerium geschlossen hatten.
Mit vorbereitenden Arbeiten für die Anlage soll Anfang kommenden Jahres begonnen werden. Die Inbetriebnahme ist für 2027 vorgesehen.
Offshore-Windparks sollen den Strom liefern
Der neue BASF-Chef Markus Kamieth bekannte sich in einem Statement zur "grünen Transformation" mit neuen Technologien in der Chemieproduktion. Im Fall der Wärmepumpe sei der Konzern Vorreiter. "Die geplante Anlage wird als erste ihrer Art zur Dampferzeugung eingesetzt – weltweit gibt es keine vergleichbaren industriellen Referenzprojekte", sagte er.
Der Koordinator der europäischen BASF-Standorte, Uwe Liebelt, betonte, das Stammwerk in Ludwigshafen habe eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung "zu einem führenden, nachhaltigen Chemiestandort für Europa". Der integrierte Produktionsverbund dort sei prädestiniert dafür, neue Technologien wie die Wärmepumpe in den industriellen Maßstab zu skalieren.
Der BASF-Konzern beteiligt sich schon seit einigen Jahren in Windkraftprojekten, um sich Grünstrom für seine Produktionsanlagen zu sichern. In diesem Jahr vereinbarte er mit dem Stromkonzern Vattenfall den Kauf von 49 Prozent der Anteile an dessen Offshore-Windprojekten Nordlicht 1 und 2.
Nordlicht entsteht ohne staatliche Förderung in der deutschen Nordsee und ist mit insgesamt 1.600 Megawatt installierter Leistung das bisher größte Offshore-Windprojekt von Vattenfall. Bereits 2021 hatte BASF knapp die Hälfte der Anteile an Vattenfalls Offshore-Park Hollandse Kust Zuid in der niederländischen Nordsee übernommen.
Der frühere BASF-Chef Martin Brudermüller sagte dazu, mit der Nordlicht-Investition werde man über die notwendigen Mengen erneuerbarer Energie verfügen, um insbesondere am größten Standort Ludwigshafen "die nächsten Schritte der Transformation in die Tat umzusetzen". Der Konzern will seine CO2-Emissionen bis 2030 um 25 Prozent im Vergleich zu 2018 senken, Klimaneutralität strebt er erst für 2050 an.
Großwärmepumpen von MAN für den Export
Welche Fortschritte die Technologie der Groß-Wärmepumpen gemacht hat, zeigt sich übrigens auch an einem Standort ganz in der Nähe von Ludwigshafen – auf der anderen Rheinseite in Mannheim. Dort nutzt der regionale Energieversorger MVV seit 2023 die Wärme des Rheinwassers, um Heizenergie zu erzeugen.
Dabei handelt es sich um die aktuell größte Wärmepumpe dieser Art in Europa, wie der Erneuerbaren-Infodienst IWR aus Münster mitteilt. Diese Fluss-Wärmepumpe hat eine elektrische Leistung von sieben Megawatt und eine thermische von etwa 20 Megawatt. Rechnerisch werden damit rund 3.500 Haushalte mit Wärme versorgt.
Eines der weltweit größten Wärmepumpen-Projekte wird derzeit in Dänemark realisiert. Der dänische Fernwärmeversorger Aalborg Forsyning lässt dort von dem deutschen Unternehmen MAN Energy Solutions bereits die vierte Meerwasser-Wärmepumpe bauen.
Jede dieser Wärmepumpen hat eine elektrische Leistung von rund 15 Megawatt und eine thermische von 44 Megawatt. Die Gesamtwärmeleistung für die Stadt Aalborg steigt damit auf 177 Megawatt.
Die Augsburger MAN ist hier übrigens gut im Geschäft. Das Unternehmen hat im August einen weiteren Auftrag über die Lieferung einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit einer thermischen Leistung von 20 bis 33 Megawatt – je nach Lufttemperatur – für die Fernwärmeversorgung in Finnlands Hauptstadt Helsinki erhalten.