Protestplakat gegen die weitere Rodung des Hambacher Waldes
Der größte Teil des Hambacher Forstes ist schon weg: Protest gegen die weitere Rodung des jahrhundertealten Waldes durch den Braunkohlekonzern RWE. (Foto: Kathrin Henneberger/​Flickr)

Nachdem die Polizei den Hambacher Forst in der vergangenen Woche großflächig zu beräumen begann und am Donnerstag bereits ein erster Baum fiel, haben Umweltschützer aus Köln eine ungewöhnliche Aktion angekündigt: Mitte September wollen sie unter dem Motto "AufBäumen" im bereits gerodetem Gebiet zwischen Waldgrenze und Tagebaukante neue junge Bäume pflanzen. Zeitgleich soll ein Waldfest stattfinden, dessen genauer Ort erst kurz zuvor bekannt gegeben wird. Mit dem massenhaften Neupflanzen wolle man ein "starkes Zeichen gegen die Abholzung des Hambacher Forsts und für den sofortigen Kohleausstieg" setzen, teilten die Organisatoren mit.

An dem von Klimaaktivisten ausgerufenen "Wochenende des Widerstands" beteiligten sich am gestrigen Sonntag mehr als eintausend Menschen an einer Waldführung. Die Polizei, die den Hambacher Forst Ende August zum "gefährlichen Ort" erklärt hatte, machte laut den Medienberichten keine Angaben zur Teilnehmerzahl. Es sei aber ruhig geblieben, auch die Rodungsgegner meldeten keine Zwischenfälle.

Für Aufregung sorgten am Wochenende Meldungen über ein verzweigtes Tunnelsystem im Hambacher Forst. "Die Tunnel erinnern an die unterirdischen Anlagen während des Vietnamkriegs", zitierte die Rheinische Post namentlich nicht genannte Polizisten.

Auf entsprechende Nachfragen kritischer Journalisten etwa vom Portal Übermedien widersprach die zuständige Polizei Aachen dem Bericht. Als "einsatzführender Behörde" lägen ihr "bislang keine Erkenntnisse über solche Tunnelsysteme" vor, erklärte die Polizei auf Twitter. Nach Angaben der Tageszeitung Taz stützte sich die Rheinische Post auf eine Skizze aus dem Jahr 2012 – das entsprechende Tunnelsystem sei aber schon damals geräumt und verfüllt worden.

Kritik ernteten die nordrhein-westfälischen Grünen, die ihren nächsten, am 7. Oktober stattfindenden Landesparteitag an den Hambacher Forst verlegten. Dafür soll der 500 Quadratmeter große sogenannte "Widerstands-Acker" des Umweltverbandes BUND unmittelbar östlich des Hambacher Waldes bei Kerpen-Manheim genutzt werden. Aus Sicht des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) ist ein Parteitag am Hambacher Forst kein Beitrag zu der von den Grünen geforderten Deeskalation.

Reul hatte allerdings in der vergangenen Woche selbst einen zweifelhaften Beitrag geleistet, als er vor der Presse beschlagnahmte Waffen aus dem Hambacher Forst präsentierte, dabei aber nicht erwähnte, dass die Messer, Zwillen und Äxte bereits vor zwei Jahren eingesammelt und auch schon einmal den Medien vorgeführt worden waren.

Der Landesverband des BUND wehrt sich mit einer weiteren Klage gegen die Zwangsenteignung seines Grundstücks im Tagebauvorfeld. Die Umweltschützer klagen jetzt vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die sogenannte "vorzeitige Besitzeinweisung", die das zuständige Bergamt mit dem Wohl der Allgemeinheit begründet hatte. Die Versorgung mit Braunkohle sei ein Gemeinwohlziel von besonderem Gewicht, zitiert der BUND die Behörde. Für den Umweltverband zeugt die Begründung von einem "hohen Maß an Realitätsverweigerung einer Behörde, die mehr dem RWE- als dem Allgemeinwohl verpflichtet zu sein scheint".

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