Eine Gruppe Uniformierter posiert vor einer schwarz gestrichenen Mauer mit der Aufschrift:
Schwarz-Weiß-Malerei im Vorfeld der Ende-Gelände-Proteste in der Lausitz: Polizisten der Bereitschaftspolizei Cottbus vor einem Anti-Anti-Kohle-Slogan. Der Krebs gilt als Symbol der lokalen rechten Szene. (Foto: Screenshot/​Twitter)

Bevor am morgigen Samstag für den Kohleausstieg in der Lausitz demonstriert wird, ist ein politisches und rechtliches Tauziehen um die Aktionen des Anti-Kohle-Bündnisses "Ende Gelände" entbrannt. 

Am Freitag haben die sächsischen Landkreise Görlitz, Bautzen und Leipzig Versammlungen unter anderem im Umfeld der Braunkohletagebaue Nochten und Reichwalde sowie des Kraftwerks Boxberg verboten.

Gegen die entsprechenden Verfügungen hat das Aktionsbündnis "Ende Gelände" Rechtsmittel eingelegt. Bislang hat das Verwaltungsgericht Dresden laut Medienberichten aber nur der Verlegung einer am Braunkohlekraftwerk Boxberg geplanten Mahnwache in die zehn Kilometer entfernte Stadt Weißwasser zugestimmt.

Auch in Leipzig wurde ein Eilantrag beim dortigen Verwaltungsgericht eingereicht. Die Fridays-for-Future-Bewegung will am Samstag an den Tagebauen im Süden des dortigen Kohlereviers demonstrieren.

"Die Versammlungsfreiheit ist ein elementares Grundrecht in der Demokratie", sagte Rechtsanwalt Michael Plöse, der juristisch gegen die Verbote vorgeht. Dazu gehöre es, den Ort des Protests frei wählen zu können.

"Stehen diesem Freiheitsrecht gleichgewichtige Rechtsgüter gegenüber, müssen die Behörden für einen angemessenen Ausgleich sorgen", so Plöse. "Dabei steht den Demonstrierenden grundsätzlich ein Achtungserfolg zu, wenn sie in Sicht- und Hörweite ihres Protestgegenstands wahrnehmbar für ihr Anliegen eintreten können."

Cottbus verabschiedet entschärfte Erklärung gegen "Ende Gelände"

Sollten die Versammlungsverbote bestehen bleiben, sei es in Sachsen "faktisch unmöglich, den Protest gegen die Braunkohleverstromung an den Orten der Produktion durchzuführen", kritisierte "Ende Gelände" am Freitag. Ungeachtet der gerichtlichen Auseinandersetzungen setzten die Organisationen am Abend aber die Vorbereitungen für die Proteste am Samstag fort.

Die Anti-Kohle-Aktivisten beklagen schon seit Längerem, dass Politik, Polizei und Justiz in der Lausitz deutlich rabiater mit den Protestaktionen umgehen, als dies zum Beispiel im Rheinland der Fall ist.

So stimmte in dieser Woche im brandenburgischen Cottbus – trotz öffentlicher Kritik am Zusammengehen mit der AfD – eine breite Mehrheit der 50 Stadtverordneten einer von der SPD iniitierten Erklärung zu, die der Anti-Kohle-Bewegung "gewalttätige und rechtswidrige" sowie "zerstörerische" Aktionen unterstellt. Die Aktionen richteten sich "direkt gegen Zusammenhalt, Vernunft und Versorgungssicherheit", heißt es in dem Papier, das bei sieben Gegenstimmen, darunter die vier Grünen, und einer Enthaltung angenommen wurde.

Gegenüber der Ursprungsvariante wurde die Erklärung etwas entschärft. So wurde der Satz, dass in der Lausitz "keinerlei an Dialog und Verständigung nicht interessierte Initiativen von außen wie zum Beispiel 'Ende Gelände'" gebraucht würden, gestrichen. 

Polizisten wegen Verstoß gegen Neutralitätsgebot suspendiert

In der so von der Politik aufgeladenen Stimmung hielt es dann offensichtlich eine Gruppe von Polizisten am Donnerstag für angebracht, vor einem Wandbild mit der Aufschrift "Stoppt Ende Gelände" zu posieren. Als ein Foto davon in den sozialen Medien kursierte, reagierte die Brandenburger Polizei recht schnell und suspendierte die Polizisten wegen des Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot vom Einsatz bei den Lausitzer Anti-Kohle-Protesten. Zudem sollen disziplinarische Maßnahmen geprüft werden.

Die Abgebildeten seien Beamte der Bereitschaftspolizei Cottbus, sagte Brandenburgs Polizeisprecher Torsten Herbst dem Sender RBB. "Das geht gar nicht, sich dort abbilden zu lassen und dafür Sorge zu tragen, dass dieses Foto in die sozialen Medien kommt." Herbst bestätigte gegenüber dem Tagesspiegel auch die Echtheit des Fotos. Die Beamten hätten eingeräumt, dass das Bild am Donnerstagnachmittag aufgenommen worden sei.

Für das Aktionsbündnis "Ende Gelände" zeigt das Foto einmal mehr, dass die Polizei ein "echtes Rechtsextremismus-Problem hat", wie Sprecherin Nike Mahlhaus gegenüber Klimareporter° erklärte. Das mache der Bewegung Sorgen mit Blick auf das Protestwochenende. "Wir erwarten ein klares Zeichen aller politisch Verantwortlichen gegen Rechts und für demokratische Grundrechte. Die Klimakrise lässt sich nicht durch rechte Hetze lösen, sondern mit zivilem Ungehorsam", betonte Mahlhaus. 

Ergänzung am Samstag, 30. November, um 9 Uhr: Am Freitagabend wurde in Leipzig über den Eilantrag beim dortigen Verwaltungsgericht entschieden. Die für den heutigen Samstag angemeldete Demonstration von Fridays for Future Leipzig kann, wie die Organisation am Samstagmorgen mitteilte, aufgrund der Allgemeinverfügung zur Einschränkung des Versammlungsrechts des Landkreises Leipzig nicht wie geplant stattfinden.

Die beiden Klagen der Ortsgruppe vor dem Verwaltungsgericht Leipzig gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit seien zurückgewiesen worden. Nach knapp einem Jahr friedlicher Demonstrationen werde damit deutschlandweit erstmalig eine Versammlung von Fridays for Future behördlich verhindert, kritisierte die Organisation.

Die Demonstration in der Lausitz am Kraftwerk Jänschwalde ist davon nicht betroffen.

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