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Die Proteste gegen die Rodung im Hambacher Forst richteten sich auch gegen die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. (Foto: Friederike Meier)

Die Abholzung des umkämpften Hambacher Forstes ist vorerst gestoppt. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in einer für heute erwarteten Entscheidung einem im August gestellten Eilantrag des BUND entsprochen. Der Umweltverband hatte die Verletzung europäischen Umweltrechts durch die geplante Rodung beklagt.

Um noch einen Rodungsstopp zu erzwingen, hatte der nordrhein-westfälische Landesverband des BUND am 22. August einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht. "Jeder Quadratmeter dieses einzigartigen und eigentlich streng geschützten Lebensraums ist es wert, gerettet zu werden", erklärte BUND-Landeschef Holger Sticht aus diesem Anlass.

Vom dem einst mehr als 4.100 Hektar großen Wald seien trotz der Zerstörung durch den Braunkohleabbau noch immer große Bestände streng geschützter Tierarten vorhanden, betonte Sticht. "Die Restbestände der Eichen-Hainbuchen-Wälder gehören noch immer zu den flächenhaft und qualitativ hochwertigsten Vorkommen dieses Lebensraumtyps in der ganzen atlantischen Region Deutschlands."

Aus diesen Gründen hatte der BUND bereits 2015 Klage gegen die Fortführung des Tagebaus Hambach und den rechtlich geltenden Hauptbetriebsplan eingelegt. Im Juni 2017 hatte die Bundesregierung mit der Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes auch dem Umweltverband ein größeres Klagerecht eingeräumt.

Der BUND hatte daraufhin ein Gutachten in Auftrag gegeben, das klar belegt, dass der Hambacher Wald alle Kriterien erfüllt, um als europäisches Schutzgebiet gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen werden zu müssen. Dies aber hatte die Landesregierung unterlassen, um den Braunkohleabbau zu ermöglichen.

Sofortige Rodung nicht im Interesse des Gemeinwohls

Offenbar folgte das Oberverwaltungsgericht jetzt diesen Argumenten und erließ den Rodungsstopp. Danach darf der Tagebaubetreiber RWE das Waldgebiet vorläufig nicht abholzen. Das Verbot gilt so lange, bis über die Klage des BUND gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 für den Tagebau Hambach entschieden ist. In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Köln vor gut einem Jahr die Klage des BUND noch abgewiesen. 

Das OVG wies in seinem Beschluss unter anderem darauf hin, dass mit der sofortigen Ausnutzung des Hauptbetriebsplans unter Inanspruchnahme des Hambacher Forsts "vollendete, nicht rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen und dem BUND NRW der Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren abgeschnitten" würde.

Die zuständige Bezirksregierung Arnsberg und RWE hätten auch nicht belegt, dass die sofortige Rodung zur Abwehr einer schwerwiegenden konkreten Gefahr oder als unaufschiebbare Maßnahme im Interesse des Gemeinwohls notwendig sei, weil anderenfalls die Energieversorgung bundes- oder landesweit nicht mehr gewährleistet wäre. Daher sei es nicht gerechtfertigt, so die Richter, durch die Rodung des Hambacher Forsts vollendete Tatsachen zu schaffen.

Laut Medienberichten hatte das Gericht zuvor noch versucht, einen Kompromiss auszuhandeln. Danach sollte RWE den Tagebau in eine andere Richtung weiterführen und den Hambacher Forst erhalten. Bei einem Kohleausstieg könnte dann möglichst viel von dem alten Wald erhalten bleiben. Das Land Nordrhein-Westfalen und der Energiekonzern sollen den Vorschlag jedoch abgelehnt haben.

Aus Sicht des BUND ist mit dem Gerichtsentscheid – weil ein Urteil in der Hauptsache noch Jahre auf sich warten lassen kann – die diesjährige Rodungssaison für RWE beendet. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) reagierte auf das Urteil mit dem Rat zu einer Nachdenkpause. Der Gerichtsbeschluss sei eine Chance, innezuhalten und nach Lösungen zu suchen, die die Energieversorgung und Arbeitsplätze sichern und den Schutz von Natur und Umwelt gewährleisteten.

Die Grünen-Abgeordnete Lisa Badum nannte die Verfügung des OVG Münster eine "Klatsche für RWE und für eine allzu willfährige Politik der schwarz-gelben NRW-Landesregierung". Nun sei klar, dass auch alle "vorbereitenden Rodungsarbeiten" unverzüglich zu stoppen seien, bis endgültig und abschließend geklärt sei, welche naturschutzfachliche Bedeutung dem Hambacher Wald zukomme. So lange dürfe kein einziger Baum fallen.

Verbot der Großdemonstration aufgehoben

Für Badum erschien deshalb auch das am Donnerstagabend erlassene Verbot der Großdemonstration am morgigen Samstag "doppelt lächerlich". Am späten Nachmittag konnte das Organisationsbündnis verkünden, dass die Großdemo wie geplant stattfinden kann. Das Verwaltungsgericht Aachen hatte das Verbot aufgehoben.

Das werten die Veranstalter als "zweite schallende Ohrfeige für die NRW-Landesregierung und RWE". Die Demonstration mit Kundgebung am Hambacher Wald soll nun auf einer Wiese nördlich des S-Bahnhofs Buir stattfinden.

Die Organisatoren hatten zuvor, wie sie mitteilten, Klagen gegen das Verbot beim Verwaltungsgericht Aachen und beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Verbotsverfügung des Polizeipräsidiums Aachen sei rechtswidrig. Das Bündnis aus den Umweltverbänden BUND, Greenpeace und Naturfreunde, der Kampagnenplattform Campact und der Initiative "Buirer für Buir" hatte gleichzeitig die nordrhein-westfälische Landesregierung und RWE aufgefordert, den "friedlichen Protest tausender Kohle-Kritiker und Umweltschützer nicht länger zu blockieren".

Der Beitrag wurde mehrmals aktualisiert, zuletzt um 17:20 Uhr. Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Schwere Schlappe für RWE

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