Junge Frau mit ernstem Blick und geblümtem Mundschutz
Ob Covid-19 oder Klimawandel: Krisen sollte die Politik wie Krisen behandeln, meint Elena Balthesen. (Foto: Christo Anestev/​Pixabay)

Die CO2-Emissionen sinken – aber bei Fridays for Future freut sich niemand. Dass Deutschland sein Klimaziel für 2020 jetzt vielleicht doch erreichen kann, kommt nicht durch das Klimapäckchen der Bundesregierung, sondern wird jetzt vor allem durch eine andere Krise begünstigt: die Corona-Pandemie.

Diese Tragödie ist selbstverständlich kein Anlass zur Freude. Außerdem: Der Lockdown, der gegen die rapide Ausbreitung des Virus hoffentlich helfen wird, liefert fürs Klima wohl keine nachhaltige Lösung.

Seitdem das Coronavirus alles beherrscht, taucht auch die Klimakrise nur noch im Zusammenhang mit diesem Thema auf. Die Gegenüberstellung ist tatsächlich interessant: Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler:innen vereint vor der Klimakrise und mahnen politische Steuerung an, doch die Mächtigen dieser Welt interessieren sich kaum dafür.

Bei dieser Pandemie ist das anders. Expert:innen sprechen Empfehlungen aus und die Politik reagiert mehr oder weniger schnell. Persönliche und demokratische Rechte werden massiv eingeschränkt. Sogar in der heiligen Wirtschaft scheint plötzlich Veränderung möglich zu sein.

Es zeigt sich also, dass nun vieles umgesetzt wird, was vorher angeblich unmöglich war. Vielleicht, weil für alle ein Virus viel greifbarer erscheint oder weil es eben eine akute Bedrohung ist, während das Klima sich vergleichsweise langsam wandelt. Es gibt genug Erklärungen. Unvernünftig ist es trotzdem, den Klimawandel nicht als Krise zu behandeln.

Viele Politiker:innen freuen sich vermutlich gerade darüber, dass sie sich jetzt nicht mehr so um dieses Klimathema kümmern müssen. Am Ende des Jahres werden sie dann stolz präsentieren, dass Deutschland sein Klimaziel erreicht hat.

Dass der Grund dafür in der Coronakrise und einem viel zu warmen Winter zu finden ist, wird die Bundesregierung wohl in einer Randnotiz belassen.

Corona ist ungerecht – wie das Klima

Sobald die Coronakrise nicht mehr den Großteil unserer Aufmerksamkeit erfordert, sollten wir aus ihrem Management lernen – auch für die Klimakrise, die mit all ihren schwerwiegenden Folgen natürlich nicht verschwunden ist, auch wenn sie jetzt zeitweise aus dem Blick gerät.

Elena Balthesen spricht in ein Mikro.
Foto: privat

Elena Balthesen

ist 18 Jahre alt und geht in die 12. Klasse einer Waldorf­schule in München. In ihrer Kolumne "Balthesens Aufbruch" macht sie sich auf die Suche nach Wegen für ihre Generation, aus der Klimakrise heraus­zu­kommen. Sie ist bei "Fridays for Future" in München aktiv.

Wir sehen gerade, dass Politik eine Krise sehr wohl steuern und beeinflussen kann. Sichtbar wird aber auch, woran wir arbeiten müssen. Wie die Klimakrise sieht die Coronapandemie auf den ersten Blick unpolitisch aus, ist es aber natürlich nicht. Sie ist nicht nur einfach ein gesundheitliches Problem, sondern auch ein soziales.

Das Virus kann alle treffen – wer aber keinen Zugang zu einem guten Gesundheitssystem hat, dessen Leben ist stärker bedroht. Wer in einer kleinen Wohnung lebt, leidet mehr unter der nötigen sozialen Isolation als jemand, der ein großes Haus und einen Garten hat. Die Gerechtigkeitsprobleme der Welt finden sich auch bei Corona.

Und beim Klimawandel. Auch der trifft die ohnehin Marginalisierten am meisten. Das gilt innerhalb von Ländern, aber auch global. Am verletzlichsten sind viele Länder des Südens, aber der reiche Norden hat das Problem größtenteils verursacht.

Wir brauchen globalen Zusammenhalt

Wir brauchen echten Zusammenhalt und Solidarität auf globaler Ebene für Klimagerechtigkeit. Dass es das gerade nicht gibt, obwohl die ganze Welt zusammen in der Coronakrise steckt, zeigt zum Beispiel der blamable Umgang Europas mit den Flüchtlingslagern in Griechenland.

Wie soll das erst in ein paar Jahren aussehen, wenn wir noch tiefer in der Klimakrise stecken? Wenn Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen? Festung Europa und fertig? Wir können noch so viele Emissionen hin- und herrechnen und anspruchslose Ziele erreichen – für Klimagerechtigkeit und damit echten Klimaschutz braucht es viel mehr.

Wir als Klimabewegung müssen das Momentum richtig nutzen. Zurzeit probieren wir das mit Webinaren und "Talks for Future" im Internet, um uns fortzubilden, weiter zu vernetzen, Strategien auszuarbeiten. Dauerhaft bleiben wir aber nicht im Netz. Sobald es möglich ist, erobern wir wieder die Straßen.

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