Fahnen der UN-Länder vor schönem blauen Himmel
Alle der fast 200 Länder müssen zustimmen, damit die COP 26 ein Ergebnis verkünden kann. (Foto: UN Climate Change/Flickr)

Am heutigen Freitagmorgen um 7:13 Uhr wurde ein neuer Textentwurf für das Verhandlungsergebnis der UN-Klimakonferenz COP 26 in Glasgow veröffentlicht. Offenbar haben die Delegationsleiter der Staaten und die britische Konferenzpräsidentschaft die ganze Nacht durchgearbeitet. Dafür sind die Veränderungen im Vergleich zur vorherigen Version des Textes ziemlich bescheiden.

So stehen die Begriffe "Kohle" und "fossile Energien" immer noch im Text. Erkennbar ist aber, dass in der Nacht hart darum gerungen wurde. Russland, Saudi-Arabien, Australien und Indien wollten die erstmalige Erwähnung dieser Bergriffe in einem offiziellen Text der UN-Klimakonvention unbedingt verhindern. Das ist ihnen nicht gelungen.

Die vier Länder konnten allerdings eine leichte Abschwächung durchsetzen. Beendet werden sollen jetzt nur noch die Kohleverstromung "ohne CO2-Abscheidung" und nur noch "ineffiziente" Subventionen für fossile Energien. Ob dieses Verhandlungsergebnis als effiziente Nutzung der Zeit hoch qualifizierter Diplomaten gelten kann, mag durchaus bezweifelt werden.

Wichtiger ist, dass die Länder im vorliegenden Vertragstext noch immer dazu angehalten werden, nächstes Jahr anspruchsvollere Klimaziele einzureichen. Da sich die dazu benutzten Begriffe auch hier geändert hatten, diskutierten dann unter anderem Journalisten in den sozialen Medien, ob die Formulierung nun stärker oder schwächer ist.

Konkret geht es um die beiden Verben to urge und to request, die beide mit "bitten" oder "auffordern" übersetzt werden können. Ed King von der European Climate Foundation konnte die Frage schließlich klären. Er veröffentlichte auf Twitter einen Auszug aus der Stilfibel der UN. Und siehe da: To request gilt als die stärkere Formulierung. Die Aufforderung an die Länder, ihre Klimaziele nächstes Jahr nachzuschärfen, wurde also über Nacht noch etwas deutlicher.

Die wesentlichste Änderung gab es beim Thema "Verluste und Schäden". Hier hatten die Entwicklungsländer am Donnerstagabend einen Fonds gefordert, der für unabwendbare Folgen der Erderwärmung aufkommt. Dem konnten sich die Industriestaaten nicht ganz verschließen.

Das Santiago-Netzwerk, in dem Maßnahmen im Fall von klimabedingten Verlusten und Schäden koordiniert werden, soll nun laut Text durch "eine Fazilität für technische Hilfe unterstützt" werden, die "finanzielle Unterstützung der technischen Hilfe bei der Umsetzung der einschlägigen Ansätze" leistet.

"Keine echte Kehrtwende"

Was das bedeutet, erklärt Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam: Im Fall von Schäden etwa infolge eines Bergsturzes soll zwar die "Planung von Wiederaufbaumaßnahmen, nicht aber der Wiederaufbau selbst" finanziell unterstützt werden – durch "freiwillige Beiträge" der Industriestaaten.

Kowalzigs Fazit: "Damit fällt der Entwurf um Längen hinter die Forderungen der Entwicklungsländer zurück." Die Tatsache, dass der Fonds überhaupt im Text steht, ist aus Sicht der Industriestaaten jedoch bereits ein großes Zugeständnis.

Ob dieses ausreicht, um die Konferenz über die Ziellinie zu bringen, ließ sich am heutigen Freitagnachmittag noch nicht abschätzen. Der vorherige Textentwurf der britischen Konferenzpräsidentschaft war als "unausgewogen" kritisiert worden, weil er zwar zu den Klimazielen und damit den Treibhausgasemissionen der Länder relativ deutliche Formulierungen enthielt, aber bei den Klimahilfen – nicht zuletzt für Verluste und Schäden – relativ vage blieb.

COP 26 in Glasgow

Nach 25 UN-Konferenzen gibt es noch immer keine Lösung für die Klimakrise, aber wenigstens das Pariser Klimaabkommen. Wie gut es funktioniert, wird sich beim 26. Gipfel in Glasgow zeigen. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Schottland und berichtet mehrmals täglich.

Dies sind allerdings nicht die einzigen Vertragselemente, über die in Glasgow noch verhandelt wurde. Ausstehend waren auch noch die letzten Kapitel der "Bedienungsanleitung" für das Paris-Abkommen, besonders die Regeln für den Handel mit Emissionsreduktionen.

Damit Glasgow ein Erfolg wird, müssen alle diese Elemente zu einem stimmigen Gesamtpaket zusammengeschnürt werden. Dazu könnten ein, zwei oder vielleicht sogar drei weitere Verhandlungsrunden am Text erforderlich sein.

Im Hinblick auf die Version von heute Morgen lässt sich allerdings mit Kowalzig sagen: "Als echte Kehrtwende im Kampf gegen die Klimakrise lässt sich der jetzige Entwurf nicht bezeichnen."

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