Hinkley Point A und B
Der Atomstandort Hinkley Point liegt am Bristolkanal gegenüber von Cardiff. (Foto: Anthony O'Neil/geograph)

Das AKW-Projekt Hinkley Point C soll die Renaissance der Atomkraft in Großbritannien einläuten und dem Klimaschutz dienen. Doch nun gibt es erneut Probleme.

Der französische staatliche Stromkonzern EDF, der die Reaktor-Doppelanlage mit einem chinesischen Partner baut, erwartet eine neuerliche Kostensteigerung um umgerechnet 3,5 Milliarden Euro und eine weitere Bauverzögerung um mindestens ein Jahr. Schuld seien vor allem die Folgen der Corona-Pandemie.

Das neue AKW in Englands Südwesten erhält zwei Reaktoren des Typs EPR, wie er auch in Finnland, Frankreich und China gebaut wurde respektive gebaut wird.

Der Beschluss für Hinkley Point C fiel 2016. Damals wurden die Kosten auf 21,5 Milliarden Euro geschätzt. Jetzt, nach mehreren Anpassungen, rechnet EDF mit bis zu 30,5 Milliarden. Strom soll die Anlage nun frühestens Mitte 2027 produzieren, zuletzt war der Sommer 2026 als Starttermin genannt worden.

Der Geschäftsführer von Hinkley Point C, Stuart Crooks, führt einen Großteil der Verzögerungen darauf zurück, dass 2020 und 2021 wegen der Corona-Beschränkungen weniger Mitarbeiter auf der Baustelle zugelassen waren. Außerdem gebe es immer noch Probleme mit den Lieferketten für benötigte Bauteile.

Der französische Konzern betonte, die Kostensteigerung werde nicht zulasten der Steuerzahler auf der Insel gehen und keine "Auswirkungen für die britischen Verbraucher" haben.

Das Projekt kann freilich nur realisiert werden, weil der britische Staat beim Baubeschluss für 35 Jahre Laufzeit eine Einspeisevergütung von umgerechnet 10,5 Cent pro Kilowattstunde produziertem Strom garantiert hat, die deutlich höher als die Vergütung etwa für Offshore-Windkraft liegt.

Für britische Steuerzahler wird Atomkraft auf jeden Fall teuer

Die Kostenerhöhungen und Bauzeitverlängerungen für Hinkley Point erinnern stark an die Erfahrungen mit den beiden ersten EPR-Anlagen in Frankreich und Finnland. Beim französischen AKW-Projekt Flamanville stiegen die Kosten von geplanten 3,3 Milliarden Euro bereits auf über zwölf Milliarden, und das Projekt ist zehn Jahre im Zeitverzug.

In China lief es für die Hersteller besser. Hier gingen 2019 zwei EPR ans Netz, die Bauzeit wurde "nur" um fünf Jahre überschritten. Beim Betrieb gab es jedoch technische Probleme.

Der Rechnungsprüfungsausschuss des britischen Unterhauses warnte unterdessen davor, dass sich die Kosten für die Stilllegung von sieben Atomkraftwerken im Land, die ihr Laufzeitende erreicht haben, auf umgerechnet rund 27,5 Milliarden Euro fast verdoppelt haben und wahrscheinlich noch weiter steigen werden.

"Die rasant steigenden Kosten für die sichere Stilllegung", so der Bericht, "werden auf den Steuerzahler abgewälzt." Fehler in der Investitionsstrategie der Regierung hätten dazu geführt, dass der Projektfonds in nur zwei Jahren um 12,5 Milliarden aufgestockt werden musste.

Die Regierung in London sieht in ihrer im April vorgestellten Energiestrategie neben dem starken Ausbau von Wind- und Solarenergie auch den Neubau von bis zu acht großen Atomreaktoren vor.

Die meisten der am Netz befindlichen elf AKW sind alt und müssen in diesem Jahrzehnt vom Netz gehen. Dadurch wird der Atomstrom-Anteil in Großbritannien erst einmal sinken.

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