Der Pro-Atomkraft-Kurs der britischen Regierung wird für die Stromkunden des Landes zu einer teuren Angelegenheit. Jüngst wurde berichtet, dass der Bau des neuen AKW Hinkley Point C sich erneut verzögert und mit rund 33 Milliarden Pfund (38 Milliarden Euro) deutlich teurer wird als geplant.

Nun zeigt eine aktuelle Berechnung des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR) in Münster, dass die Kosten für den erzeugten Strom zum geplanten Start ab 2027 umgerechnet deutlich über 15 Cent pro Kilowattstunde liegen werden – und damit weit über dem Markt-Strompreis.

 

Hinkley Point C ist eine Großanlage mit zwei Reaktoren der französischen Baureihe EPR mit zusammen rund 3.280 Megawatt Leistung, die im Südwesten Englands gebaut wird. Sie soll dazu beitragen, dass die durch Abschaltungen alter AKW-Blöcke stark schrumpfende Atomstrom-Kapazität im Land teilweise ersetzt wird.

Die Regierung in London hatte mit dem Bauherrn von Hinkley Point C, dem französischen Staatskonzern EDF, vor der Investitionsentscheidung einen Mindest-Vergütungspreis von 10,3 Cent pro Kilowattstunden vereinbart, der mit der britischen Inflationsrate steigt und für 35 Jahre garantiert wird.

Geregelt wurde das in einem Vertrag, genannt "Contract for Difference" (CFD). Liegt der jeweilige aktuelle Markt-Strompreis an der Börse darunter, dann müssen die britischen Stromkunden die Differenz tragen. Der aktuelle Mindest-Vergütungspreis ist im "CFD-Register" laut IWR bereits in diesem Jahr auf 14,8 Cent gestiegen, ein Kostensprung um über 43 Prozent.

Doch die Preisspirale dürfte weiterlaufen, denn allein unter der Annahme einer Inflationsrate von drei Prozent pro Jahr und ohne weitere Bauverzögerungen würde der Strompreis bei Hinkley Point C1 bei Inbetriebnahme im Juni 2027 bereits auf 16,7 Cent steigen. Block C2 soll im Juni 2028 folgen.

Die Einspeisevergütung für das Groß-AKW liegt damit deutlich über den garantierten Vergütungen, die in Großbritannien und europaweit für erneuerbare Energien gezahlt werden. Teilweise werden Wind- und Solar-Kraftwerke hier bereits auch ohne solche Hilfen errichtet.

In Großbritannien betrug der Atomanteil an der Stromversorgung 2022 rund 15 Prozent, der der erneuerbaren Energien erreichte 41,5 Prozent.

 

Die Präsidentin des deutschen Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, kommentierte die Strompreis-Prognose zu Hinkley Point so: "Atomenergie demontiert sich weiter selbst und wird dabei zu einem teuren Albtraum für Verbraucherinnen und Verbraucher, Staaten und Unternehmen."

Das britische AKW werde die Strompreise in Großbritannien über Jahrzehnte nach oben schieben, sagte Peter. Wind und Sonne produzierten dagegen größtenteils für deutlich unter zehn Cent pro Kilowattstunde. Jetzt müsse es darum gehen, in Europa das gesamte Stromsystem auf die Bedürfnisse der erneuerbaren Energien auszurichten. "Förderungen von Atomkraft passen hier nicht mehr dazu", sagte Peter.

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