Der Finanzbedarf, um die globalen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 auf netto null zu reduzieren, ist enorm: Allein in den Entwicklungsländern (ohne China) müssen dazu ab 2030 jedes Jahr 2.400 Milliarden US-Dollar pro Jahr investiert werden.

Ein Teil davon ist privates Kapital, etwa Investitionen in Wind- und Solarparks. Ein weiterer Teil sind eigene Mittel der jeweiligen Länder. Doch das wird nicht reichen: Reichere Länder werden ärmere Länder finanziell beim Kampf gegen die Klimakrise und die Anpassung an deren Folgen unterstützen müssen.

 

Aktuell "mobilisieren" die Industriestaaten dazu jährlich 100 Milliarden Dollar und lösen damit ein Versprechen aus dem Jahr 2009 ein. Doch bei der 29. UN-Klimakonferenz (COP 29) im November in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku soll ein neues Finanzziel vereinbart werden.

Damit stellt sich die Frage, wer in Zukunft Klimagelder bereitstellen soll. Bislang sind 24 westliche "Industriestaaten" von Australien und Japan über Westeuropa bis Kanada und den USA dazu verpflichtet.

Doch seit Verabschiedung der UN-Klimakonvention im Jahr 1992 hat sich die Welt verändert. Der entwicklungspolitische Thinktank ODI in London hat nachgerechnet, welche "Entwicklungsländer" ein höheres Pro-Kopf-Einkommen und höhere Pro-Kopf-Emissionen haben als mindestens fünf der "Industriestaaten", und kommt zum Schluss:

"Es gibt klare Gründe dafür, dass Israel, Katar und Singapur mit der Klimafinanzierung beginnen sollten. Auch Brunei, Kuwait, Südkorea und die Vereinigten Arabischen Emirate übertreffen bei beiden Kriterien mindestens drei etablierte Geber. Auffallend ist, dass sich China nach unseren Kriterien nicht qualifiziert."

US-Denkfabrik rechnet anders

Das ist in der Tat auffallend, denn China hat mittlerweile die höchsten absoluten CO2-Emissionen von allen Staaten, und auch die Pro-Kopf-Emissionen sind in China höher als in der EU. Die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze sagte daher: "Wir brauchen mehr Länder, die ihren fairen Anteil übernehmen – alle großen Emittenten, auch die Golfstaaten, auch China, wir alle müssen mehr tun."

China hat in den letzten Jahrzehnten riesige Entwicklungs­fortschritte gemacht, aber auch die CO2-Emissionen und die soziale Ungleichheit liegen heute auf westlichem Niveau. (Bild: Sławomir Kowalewski/​Pixabay)

Doch warum kommt ODI zum gegenteiligen Schluss? Der Grund ist simpel: Sowohl die Wirtschaftskraft als auch die Emissionen werden pro Kopf gerechnet, und Chinas Bevölkerung ist riesig.

Der Faktor Bevölkerung werde "doppelt gezählt zu Chinas Vorteil", kritisiert daher ein Politikpapier des US-Thinktanks CGD. "Es erscheint unangemessen, das Pro-Kopf-Einkommen und die Pro-Kopf-Emissionen zu benutzen", wenn man ausrechnet, welche Länder wie viel an Klimafinanzierung leisten sollten.

CGD verwendet daher die absoluten Emissionen der Länder seit 1979 und das aktuelle Pro-Kopf-Einkommen, um den "fairen Anteil" eines Landes an der Klimafinanzierung zu ermitteln. Und siehe da: China liegt dann auf Platz zwei derjenigen Länder, die gemäß Verursacherprinzip (Emissionen) und Leistungsfähigkeit (Einkommen) Klimahilfen bereitstellen sollten.

Angeführt wird die CGD-Liste von den USA. Diese müssten rechnerisch rund 47 Prozent aller Klimahilfen zahlen. Dann folgt China mit acht Prozent. Japan und Deutschland mit je sechs Prozent und Kanada mit drei Prozent runden die Top Five ab.

Unter den Top 20 finden sich dann allerdings weitere Staaten, die beim Klimaschutz bisher nicht zu den Industrieländern gezählt werden: Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südkorea, Taiwan und die Vereinigten Arabischen Emirate sollten gemäß CGD ebenfalls Geld geben.

Die CGD-Analyse zeigt allerdings auch, dass sich die Welt seit 1992 nicht fundamental verändert hat: Über alle Länder gerechnet, liegt der "faire Anteil" der klassischen Industriestaaten an der Klimafinanzierung noch immer bei 77 Prozent, obwohl diese nur zwölf Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.

Die Tatsache, dass diese Länder durch die Nutzung fossiler Energien früh reich geworden sind, macht sich also noch immer bemerkbar, sowohl bei den Emissionen als auch beim Einkommen.

Die Verhandlungen in Baku über die Klimafinanzierung werden dadurch nicht einfacher, denn von wenigen Ausnahmen abgesehen sind die Entwicklungsländer noch immer zu arm und hinsichtlich der Emissionen zu unbedeutend, um von ihnen die Zahlung von Klimahilfen zu verlangen.

Umgekehrt können westliche Politiker kaum einem neuen Finanzziel zustimmen, das Länder wie China nicht in die Pflicht nimmt. Ob und wie sich diese Gegensätze überbrücken lassen, zeigt sich dann im November.