Mehrere nach rechts anwachsende Münz-Stapel und die Aufschrift
"Steuererhöhung" und "neue Steuern" haben oft auch bei denen einen schlechten Klang, die unterm Strich davon profitieren würden. (Foto: Tim Reckmann/​Flickr, CC BY 2.0)

Wäre da nicht Frankreich mit den "Gelbwesten", könnten die globalen Freunde einer "Carbon Tax", einer CO2-Steuer, eigentlich zufrieden sein: Derzeit haben sich 46 Länder und 25 Regionen ein Instrument zugelegt, mit dem sie CO2-Emissionen entweder direkt oder über einen Emissionshandel mit einem Preis belegen.

Damit werden, rechnet man den Emissionshandel in China hinzu, gegenwärtig rund 20 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen erfasst – 2017 seien es erst 15 Prozent gewesen, berichtete Weltbank-Experte Daniel Wesley am Montag auf dem Klimagipfel in Katowice.

Die Preise für die Tonne CO2-Ausstoß sind generell noch recht niedrig, räumte Wesley ein. Erst die Hälfte der Emissionen koste mehr als zehn Euro je Tonne, vor Jahresfrist sei es sogar nur ein Viertel gewesen. Die Preise seien im Steigen begriffen, wenn auch noch immer in einem niedrigen Bereich, so Wesley.

Einnahmen gehen meist nicht an Bürger zurück

Nach einer Übersicht des Pariser Institute for Climate Economics (I4CE) nahmen die öffentlichen Hände durch die CO2-Bepreisung 2017 weltweit rund 26 Milliarden Euro ein, im Jahr davor waren es knapp 18 Milliarden.

Die Experten des halbstaatlichen französischen Thinktanks haben auch aufgelistet, wofür die Milliarden ausgegeben wurden: 46 Prozent wurden in Projekte zur Emissionsminderung investiert, 44 Prozent wanderten in öffentliche Haushalte, sechs Prozent dienten dazu, andere Steuern zu senken, und nur vier Prozent wurden an die Steuerzahler direkt geldlich oder über Subventionen zurückgegeben.

Die oft positiv zitierten Beispiele einer sozialen CO2-Besteuerung wie das schweizerische, wo Bürger einen jährlichen Bonus erhalten, sind demach die absolute Ausnahme. Das betrifft auch das schwedische Modell, wo schon seit den 1990er Jahren eine Carbon Tax dazu dient, Einkommens- und Sozialsteuern zu senken.

Das skandinavische Land kennt derzeit mit 139 Euro den weltweit höchsten CO2-Preis. Seit der Einführung der Steuer 1991 erzielte das Land dennoch ein Wirtschaftswachstum von 60 Prozent, zugleich gingen die CO2-Emissionen um ein Viertel zurück, was allerdings nicht allein der CO2-Steuer zu verdanken ist.

In Europa scheint dabei der Gedanke, den Bürgern wenigstens einen Teil des CO2-Steuer wieder zukommen zu lassen, etwas stärker verbreitet zu sein. Laut der I4CE-Übersicht entfielen mehr als zwei Drittel der global an die Bürger zurückgeflossenen Steuermittel auf EU-Staaten.

Pariser Hinterzimmerpolitik als warnendes Beispiel

Hätte sich die französische Regierung diese Statistiken vorher angeschaut, hätte sie sich vermutlich einen Teil des jetzigen Ärgers ersparen können. Der I4CE-Energieexperte Sébastien Postic zeichnete in Katowice ein verheerendes Bild davon, wie in Frankreich die aktuelle CO2-Steuer zustande kam.

Seit dem Jahr 2000 auf der politischen Agenda stehend, scheiterte die Einführung der taxe carbone zweimal an politischen Hinterzimmerspielchen. Dann wurde die Steuer 2013 vom damaligen Präsidenten François Hollande gewissermaßen als Beitrag zum epochalen Pariser Klimagipfel eingeführt.

Erst beerdigte also die Politik das Projekt mehrfach selbst, um es dann mehr oder weniger von oben anzuordnen. Kein großes Wunder, dass der jüngste Versuch einer Erhöhung so krachend danebenging.

So muss es nicht enden, meinte Postic und verwies darauf, wie zum Beispiel Irland seinen CO2-Preis in die Bewältigung der im Land besonders hart wütenden Finanzkrise eingebettet hat. Für den Experten gibt es dabei kein allgemeines Rezept. Wie ein Staat den CO2-Preis überzeugend begründet, ob er die Einnahmen makroönomisch einsetzt oder seinen Bürgern zurückgibt – da müsse jedes Land seine eigenen Prioriäten finden.

Menschen mögen Jobs, saubere Luft und Energieautonomie

Das scheint aber höchstens einer der Schritte zu sein, um den Bürgern eine CO2-Steuer oder deren Erhöhung nahezubringen. Folgt man Darragh Conway vom Beratungsunternehmen Climate Focus in Amsterdam, gleicht die Einführung einer solchen Steuer mittlerweile einer kommunikativen Staatsaktion.

Es gelte von Anfang an, sich der Unterstützung der Meinungsführer im Land zu versichern, die möglichen Einwände der Opposition einzubeziehen, auch dürfe sich die Klimapolitik bei Regierungswechseln nicht fundamental ändern, listete Conway auf.

Fleisch-Emissionen auf dem Klimagipfel

In einer Analyse kritisieren das Center for Biological Diversity und die Organisationen Farm Forward und Brighter Green die "fleischlastigen" Menüs, die den Teilnehmenden auf der Klimakonferenz COP 24 in Katowice angeboten werden. Allein durch diese Gerichte würden mehr als 4.000 Tonnen Treibhausgase zusätzlich entstehen, rechneten die US-Organisationen vor. Wenn sich alle 30.000 Gäste während der zwölftägigen Konferenz für diese Gerichte im größten Gastronomiebereich auf dem Konferenzgelände entschieden, würden so viele Treibhausgase frei werden, wie wenn 3.000 Menschen von New York nach Katowice fliegen.

Nach den Angaben werden auf der Speisekarte der COP-Gastronomie doppelt so viele Fleischgerichte wie solche auf pflanzlicher Basis angeboten. Fleischgerichte erzeugen im Schnitt viermal so viele Treibhausgasemissionen wie pflanzliche.

Vor allem aber, das betonte der Berater, dürfe man nicht davon reden, dass man eine Steuer einführe, und eher auch nicht davon, dass man schädlichen Emissionen einen Preis gebe – das würden die Leute nicht mögen. Gern gehört werden laut Conway Begriffe wie "Arbeitsplätze", "saubere Luft" oder "Energieunabhängigkeit. Es gehe darum, den Nutzen der Klimapolitik auf anderen Gebieten in den Vordergrund zu rücken. Für eine "Carbon Tax" zu werben erscheine ihm schwierig, eine Steuer schmecke nun mal für die Leute nach einer Steuer.

Wenig überzeugend ist für Conway auch das Berufen auf einen Konsens der Experten – denen würden die Menschen nicht trauen – sowie das Betonen von Klimaängsten oder der Bedrohung durch den Klimawandel.

Eine alternative Etikettierung der CO2-Steuer halten auch Franziska Funke und Linus Mattauch von der Universität Oxford für wünschenswert, wie sie in einem Blogbeitrag schreiben. Wenn man, wie in der Schweiz oder in der kanadischen Provinz Alberta, von einer "CO2-Abgabe" spreche oder von einer "Gebühr" oder "Dividende", könne das Vorurteile gegen das Instrument abbauen und diesem bei den Bürgern mehr Akzeptanz verschaffen.

Respekt für Kohle und Öl

Kommunikationsberater Conway rät seinerseits auch dazu, sich in einem Land, das noch von fossilen Energien abhängt, um eine Sprache zu bemühen, die deren Rolle respektiert. Hilfreich, um Verständnis für eine CO2-Steuer zu schaffen, sind aus seiner Sicht auch Appelle, dass es um Gerechtigkeit gehe oder um ein sauberes Energiesystem, oder den Klimawandel in eine Reihe mit Dingen zu rückten, die eher nicht gemocht werden wie Zigaretten oder Alkohol.

Die Erfahrungen, wie man eine CO2-Steuer am besten voranbringt, können noch für einige Länder von Interesse sein. Bis dato planen insgesamt 88 Staaten, die beim UN-Klimasekretariat nationale Klimaverpflichtungen (NDCs) hinterlegt haben, dem Kohlendioxidausstoß einen Preis zu geben. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, wird dabei ein CO2-Preis von 40 bis 80 US-Dollar (35 bis 70 Euro) bis 2020 sowie von 50 bis 100 Dollar (44 bis 88 Euro) je Tonne bis 2030 für nötig gehalten.

Wenn derzeit die meisten Preise noch um zehn Euro kreisen, sind da wahrhaftig noch einige politische Höhen zu erklimmen.

Alle Beiträge zur Klimakonferenz COP 24 in Polen finden Sie in unserem Katowice-Dossier