Polizei mit lila Helmen versucht eine aufgebrachte Menschenmenge mit selbstgemalten Demo-Schildern zurückzuhalten.
Auch Kenia steckt in der Schuldenkrise. Angekündigte Steuererhöhungen lösten im Juni eine Protestwelle aus. (Bild: Screenshot/​ABC News Australia/​Youtube)

Es geht um die Beseitigung von Hunger und extremer Armut, um einen Zugang für alle zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, um gute Bildung und Geschlechtergerechtigkeit. Es geht um eine nachhaltige Wirtschaft inklusive Maßnahmen gegen die Klimakrise und für Innovationen.

Doch von diesen und anderen "Zielen für nachhaltige Entwicklung" (Sustainable Development Goals, SDGs), die die UN-Staaten sich 2015 gesetzt haben, droht nur ein Bruchteil bis zum damals definierten Zieljahr 2030 erreicht zu werden – so der SDG-Jahresbericht 2024.

UN-Generalsekretär António Guterres fordert die Weltgemeinschaft dringend auf, hier neue Prioritäten zu setzen. Laut UN braucht es massive zusätzliche Investitionen.

Die 17 globalen SDG-Ziele wie "keine Armut", "hochwertige Bildung" und "bezahlbare und saubere Energie" sind in 169 Einzelziele aufgefächert. Der Report zeigt nun, dass derzeit wohl nur knapp ein Fünftel davon planmäßig erreicht werden dürfte.

Bei etwa der Hälfte gibt es nur minimale oder mäßige Fortschritte, und bei gut einem Drittel bewegt sich nichts nach vorne oder es wurden sogar Rückschritte gemacht. Als Ursache identifizieren die UN die anhaltenden Auswirkungen der Covid-Pandemie, eskalierende militärische Konflikte, geopolitische Spannungen sowie "das wachsende Klimachaos".

Bei den meisten Einzelzielen droht Zielverfehlung

Viele der ökonomischen Kennzahlen sind besorgniserregend. So wurden dem Bericht zufolge zwischen dem Vor-Covid-Jahr 2019 und dem Jahr 2022 rund 23 Millionen Menschen zusätzlich in extreme Armut gedrängt, zudem litten über 100 Millionen mehr an Hunger.

Auch scheint die ökonomische Aufholjagd der ärmsten Länder gefährdet, denn zum ersten Mal seit 2000 ist das Wirtschaftswachstum pro Kopf nun in der Hälfte dieser Staaten langsamer als in den Industrieländern.

Zudem sind die Auslandsschulden der Entwicklungsländer laut dem Report weiterhin beispiellos hoch. Etwa 60 Prozent der Länder mit niedrigem Einkommen seien bereits überschuldet oder einem hohen Überschuldungsrisiko ausgesetzt.

Einer der wenigen positiven Faktoren betrifft die weltweite Arbeitslosenrate. Sie erreichte 2023 einen historischen Tiefstand von fünf Prozent.

Zu den großen Negativposten gehören die Entwicklungen bei militärischen Konflikten und beim Klima. So hat laut UN die Zahl der weltweit durch Gewalt aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen ein beispielloses Niveau erreicht, sie beträgt fast 120 Millionen. Die Zahl der zivilen Opfer sei zwischen 2022 und 2023 inmitten eskalierender Gewalt um 72 Prozent gestiegen.

Zudem wird angemerkt, dass 2023 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war, wobei die globalen Temperaturen sich der kritischen 1,5-Grad-Schwelle näherten.

Zentral ist eine Reform der globalen Finanzarchitektur

Der Bericht beleuchtet allerdings auch Beispiele für positive Entwicklungen, auf die die Weltgemeinschaft durch entschlossenes Handeln aufbauen könnte. Es habe bemerkenswerte Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien gegeben, so sei die Ökostrom-Erzeugung seit 2019 im Schnitt um jährlich gut acht Prozent gewachsen.

Auch die Steigerung des Internetzugangs weltweit um etwa 70 Prozent in nur acht Jahren zeige, wie schnell transformative Veränderungen möglich sind.

UN-Chef Guterres sagte bei der Vorstellung des Reports: "Dieser Bericht unterstreicht die dringende Notwendigkeit einer stärkeren und effektiveren internationalen Zusammenarbeit, um von jetzt an maximale Fortschritte zu erzielen". Obwohl nur noch sechs Jahre bis zum SDG-Zieljahr 2030 bleiben, dürften die Versprechen, "die Armut zu beenden, den Planeten zu schützen und niemanden zurückzulassen, nicht aufgeben werden".

 

Priorität muss laut dem Report haben, die Investitionslücke bei den SDGs in Entwicklungsländern zu schließen. Hier fehlten inzwischen rund vier Billionen US-Dollar pro Jahr. Zentral sei hierbei die Lösung der Schuldenkrise und eine Reform der globalen Finanzarchitektur.

Dieses Thema soll auf einem "Gipfel der Zukunft" behandelt werden, der im September im UN-Hauptquartier in New York stattfindet. Er soll dem SDG-Prozess neue Dynamik verleihen, ebenso wie 2025 eine UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung sowie der Weltgipfel für soziale Entwicklung.