Gestern Nacht hat der britische Premierminister Boris Johnson das neue Klimaziel für sein Land bekannt gegeben: In zehn Jahren sollen die Treibhausgasemissionen um 68 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen.
Das ist eine deutliche Verbesserung des britischen Klimaziels. Bislang sollten die Emissionen nur um 57 Prozent sinken.
Johnson folgt damit dem Rat des britischen Committee on Climate Change (CCC), eines unabhängigen Beratergremiums der Regierung. Dieses hatte gestern Nachmittag das neue Klimaziel empfohlen.
Richard Black vom britischen Klimathinktank ECIU sagte dazu: "Obwohl das Anspruchsniveau nicht alle Klimaschützer zufriedenstellen wird, stellt dies die bislang deutlichste Ankündigung unter allen größeren Volkswirtschaften dar und wird das Tempo der Emissionssenkung um etwa 50 Prozent beschleunigen."
In den letzten Wochen haben viele wichtige Länder angekündigt, spätestens im Jahr 2050 CO2-neutral zu wirtschaften: die EU, Japan, Südkorea, Südafrika, Kanada. China will dies bis 2060 schaffen.
In den meisten Ländern entsprechen die Klimaziele für das Jahr 2030 aber nicht diesem Anspruch. Großbritannien übernimmt deshalb mit dem neuen Emissionsziel eine Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik.
Das ist sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass der nächste UN-Klimagipfel im November 2021 im schottischen Glasgow stattfinden soll. Zur Vorbereitung wird es Ende nächster Woche eine virtuelle Klimakonferenz geben, und es wird erwartet, dass dort weitere Länder neue Klimaziele verkünden, etwa die Europäische Union.
Druck auf die EU – und auf die eigene Regierung
Die EU will ebenfalls nächste Woche eine Verschärfung ihres Emissionsziels von minus 40 Prozent auf minus 55 Prozent gegenüber 1990 verabschieden. Nick Mabey vom Londoner Thinktank E3G sagt dazu: "Dort zu versagen, wo Großbritannien erfolgreich ist, wäre international extrem peinlich." Noch ist allerdings unsicher, ob nicht doch ein Land wie Polen das neue EU-Ziel blockiert.
Mit dem neuen Ziel erhöht Johnson aber nicht nur den Druck auf die EU, sondern vor allem auch auf seine eigene Regierung. Johnson hat letzte Woche zehn neue Klimamaßnahmen vorgestellt, darunter ein Verkaufsverbot für Autos mit Benzin- oder Dieselmotor ab 2030. Doch diese Maßnahmen reichen noch nicht einmal, um das alte 57-Prozent-Ziel zu erreichen, geschweige denn die nun beschlossenen 68 Prozent.
Hinzu kommt, dass Großbritannien schon heute fast keinen Kohlestrom mehr hat und der letzte Kohleblock 2024 vom Netz geht. Das heißt: Gaskraftwerke müssen schneller durch Solar- und Windenergie ersetzt werden, ebenso Gasheizungen durch Wärmepumpen und Erdölautos durch Elektroautos. All das sei aber "machbar" schreibt das CCC.
Umweltorganisationen halten allerdings noch mehr für möglich und fordern eine Reduktion um 75 Prozent. Ed Matthew vom britischen Netzwerk The Climate Coalition sagte: "Eine ehrgeizigere Absenkung ist möglich und nötig und spiegelt unsere riesige Verantwortung für die Emissionen der Vergangenheit wider."