Die Rettung des Amazonas-Regenwaldes kostet viel Geld. Ihn nicht zu retten ist allerdings noch teurer, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt. Ein wirtschaftlicher Verlust von insgesamt 257 Milliarden US-Dollar bis 2050 würde für Brasilien, Peru, Kolumbien, Bolivien und Ecuador die Überschreitung des Kipppunktes bedeuten.
Abgewendet werden könne dies nur mit rigorosen politischen Maßnahmen. Dazu gehören eine massive Verringerung der Entwaldung, eine klimaangepasste Landwirtschaft und ein besseres Waldbrandmanagement.
Die Wissenschaftler:innen der in Environmental Research Letters erschienenen Studie beziffern die Kosten für die politischen Maßnahmen bis 2050 auf 149 Milliarden Dollar – also über 100 Milliarden Dollar weniger als die Kosten bei Überschreitung des Kipppunkts.
Laut der Studie dämpfen die politischen Maßnahmen nicht nur die wirtschaftlichen Verluste, sondern führen auch zu zusätzlichem Wohlstand. Die Autor:innen errechneten einen Gewinn von 339 Milliarden Dollar bis 2050. Das entspricht einem Wirtschaftsanstieg von vier Prozent.
Besonders positiv auf die Wirtschaft wirkt sich dabei der Waldschutz aus. Dadurch bleiben wichtige Ökosystemdienstleistungen erhalten.
Ökosystemdienstleistungen beschreiben alle Prozesse oder Produkte von Ökosystemen, die für die Menschheit einen direkten oder indirekten Nutzen haben. Der Regenwald erschafft und erhält zum Beispiel fruchtbaren Boden, er sorgt für ausreichend Regen und gute Wasserqualität und speichert große Mengen CO2.
Ohne Wald kein Regen
Die Studie "liefert die erste Annäherung an die Folgen eines Kipppunktes für Wirtschaft, Naturkapital und Ökosystemdienstleistungen", schreiben die Autor:innen. Außerdem liefert sie "Beweise, die aus wirtschaftlicher Perspektive für politische Maßnahmen sprechen, die Kipppunkte abwenden können".
Die Forscher:innen verwendeten ein integriertes Wirtschaft-Umwelt-Modell, verknüpft mit einem Modell für Landnutzungsänderungen und einem Modell für Ökosystemdienstleistungen. Damit war es ihnen möglich, die wirtschaftlichen Folgen von verschiedenen Szenarien und politische Maßnahmen miteinander zu vergleichen.
Der Amazonas-Regenwald zählt zu den Kippelementen. Das sind Subsysteme des globalen Klimasystems, die ab einer gewissen Erderwärmung unwiederbringlich in ein anderes System übergehen.
Ein Großteil des Wassers im Amazonasbecken zirkuliert durch die Bäume des Regenwaldes. Sie nehmen das Wasser auf und geben es über die Blätter an die Luft ab. Der Wald nimmt also eine wichtige Funktion im Wasserkreislauf des Amazonas Beckens ein.
Die Abholzung des Waldes, eine Zunahme von Waldbränden und durch den Klimawandel intensiver und häufiger gewordene Dürrezeiten stören diesen Wasserkreislauf. Dabei bedingen sich der Klimawandel und ein Rückgang des Regenwaldes gegenseitig.
Vom Regenwald zur Savanne
Ab einer gewissen Erderwärmung und einem Rückgang des Regenwaldes kann sich dieses Ökosystem nicht mehr selbst erhalten, weil schlicht zu wenig Wasser verfügbar ist. Dieser Punkt ist der sogenannte Kipppunkt. Wird er überschritten, geht ein Großteil des Wald-Ökosystems in Savanne über.
Das ist bereits heute in einigen Regionen im Osten und Südwesten des Amazonasbeckens zu beobachten. Darunter leidet nicht nur die Biodiversität.
Viele lokale Gemeinschaften leben von den Ökosystemdienstleistungen des Regenwaldes: sauberes Trinkwasser, Regen für die Landwirtschaft, Erosionsschutz, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wo der Kipppunkt für den Amazonaswald liegt, ist umstritten. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gibt an, dass der Kipppunkt bei einer Erderwärmung zwischen zwei und 3,7 Grad erreicht werden könnte.
Hoffnung gibt, dass der Schutz des Regenwaldes eines der politischen Versprechen von Lula da Silva, Brasiliens designiertem Präsidenten, ist. Er möchte die Entwaldung stoppen.
In Brasilien liegen 60 Prozent des gesamten Amazonas-Regenwaldes. Eine nachhaltige Regenwaldpolitik des Landes hätte eine große Wirkung.