Ein Kind schaukelt.
Den Kindern soll es mal besser gehen. Bei vielen kommt der Spruch nicht mehr so gut an. (Foto: J. R. Whip/Pixabay)

Die Pandemie haben wir auf Kosten von Kindern und Jugendlichen bewältigt: geschlossene Schulen, auf Eis gelegte Vereine, fehlende soziale Kontakte. Die starken Eindämmungsmaßnahmen führen dazu, dass Gesundheitsstörungen bei Kindern drastisch zunehmen. Die Pandemie hat sie offenkundig besonders belastet.

Eine neue Studie des Unicef-Forschungszentrums Innocenti in Florenz blickt über die Coronakrise hinaus. Sie zeigt eine langfristige gesellschaftliche Entwicklung mit düsteren Zukunftsaussichten für Kinder, wenn die Staaten der Welt ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.

Damit sich Kinder körperlich und mental gut entwickeln können, brauchen sie eine sichere und gesunde Umgebung und eine intakte Umwelt. Doch auch in vermögenden Ländern sind Kinder in starkem Maße Luftbelastungen, Schwermetallen oder Lärm ausgesetzt.

Viele Wohnungen sind zu dunkel oder zu feucht. Städte und Gemeinden bieten nur unzureichenden Zugang zu Parks und Grünflächen. Steigende Temperaturen, Biodiversitätsverlust und Extremwetterereignisse schaden dem Wohlbefinden der jungen Menschen, hemmen ihre kognitive Entwicklung und beschneiden ihre Zukunftsperspektiven.

Für den Unicef-Report "Umgebung und Umwelt von Kindern" wurden Daten zur näheren und weiteren Umgebung von Kindern aus 39 OECD- und EU-Ländern sowie Daten zum internationalen Beitrag dieser Länder zu Klimaveränderungen und Ressourcenverbrauch ausgewertet.

Eine Rangliste auf dieser Basis bildet ab, wie gut es den Ländern gelingt, bei sich selbst wie auch international für eine kindgerechte, sichere und gesunde Umgebung und eine intakte Umwelt zu sorgen. Es ging darum, mit minimalem ökologischem Fußabdruck heutige und zukünftige Kinder zu schützen. Für das Ranking wurden neun Indikatoren verwendet.

Wohlhabend heißt nicht kinderfreundlich

Die untersuchten Länder schneiden bei den einzelnen Kriterien sehr uneinheitlich ab. Kein Land bietet für Kinder durchgängig gute Bedingungen. "Die Mehrheit der reichen Länder schafft es nicht, innerhalb ihrer Grenzen eine gesunde Umgebung für ihre Kinder zu schaffen, und trägt darüber hinaus zur Zerstörung der Lebensräume von Kindern in anderen Teilen der Welt bei", fasste Innocenti-Direktorin Gunilla Olsson das Resultat zusammen.

Einige Länder wie Finnland, Norwegen, Kanada und Australien können ihren Kindern zwar heute ein relativ gutes Lebensumfeld bieten, gefährden aber durch ihren hohen Ressourcenverbrauch die Zukunft der Kinder und der nachfolgenden Generationen stark. Würden alle Menschen weltweit so leben wie der Durchschnitt in den betrachteten Ländern, wären 3,3 Erden vonnöten. Die Spanne reicht von 1,2 Erden in Kolumbien bis zu acht Erden in Luxemburg.

In den wohlhabenden Ländern sorgt der hohe Rohstoffverbrauch auch für hohe Abfallmengen – durchschnittlich 529 Kilogramm pro Person und Jahr. Die am schnellsten wachsende Müllfraktion ist Elektroschrott, der Giftstoffe wie Quecksilber, Kadmium und Blei enthält. 

Andere Länder wie Costa Rica, Rumänien oder Chile haben zwar einen geringeren Ressourcenverbrauch, bieten aber ihren Kindern eine schlechtere Umgebung. Doch auch einigen reichen Ländern wie den USA oder Belgien gelingt es nicht, sichere Bedingungen für ihre Kinder zu schaffen.

Angeführt wird die Rangliste von Spanien, gefolgt von Irland und Portugal. Diese Länder bieten eine gute Umgebung für Kinder und tragen im Vergleich weniger zu den globalen Umweltproblemen bei.

Deutschland liegt auf Platz neun, schneidet aber bei der Lärmbelastung besonders schlecht ab. Lärm hat gesundheitliche Auswirkungen auf Schwangerschaft und Geburt sowie auf Stress und kognitive Leistungen der Kinder. Vor allem arme Familien sind betroffen.

Geringes Vertrauen in Regierungen

"Wir leben in vielen Bereichen auf Kosten der heutigen Kinder und zukünftiger Generationen", sagte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider. "Auch in wohlhabenden Ländern wachsen Kinder unter Bedingungen auf, die krank machen, ihre Entwicklung beeinträchtigen und ihre Lebenschancen einschränken."

Das UN-Kinderhilfswerk forderte Regierungen und Unternehmen auf, sofort Maßnahmen zu ergreifen und ihre Verpflichtungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen einzuhalten. Belange von Kindern müssten auf allen Entscheidungsebenen einbezogen werden.

Unicef untersuchte auch das Bewusstsein unter 15-Jährigen für Klima- und Umweltprobleme. Besonders hoch ist es demnach in Südkorea, auch Deutschland erreicht einen guten Wert. Schlusslicht ist hier Rumänien. 

Die UN-Organisation hebt hervor, dass sich Kinder und Jugendliche mit großem Engagement für Umweltschutz und Nachhaltigkeit einsetzen und eine wachsende Rolle in regionalen bis internationalen Klimadialogen spielen.

Laut einer Umfrage in sechs wohlhabenden Ländern blickt knapp die Hälfte der jungen Menschen so sorgenvoll auf ihre Umwelt, dass es ihren Alltag und ihre Lebenszufriedenheit beeinträchtigt. Drei von fünf Befragten glauben, dass ihre Regierung die Umwelt nicht genug schützt. Zwei von fünf sind aufgrund der Klimakrise unsicher, ob sie selbst Kinder haben wollen.

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