Das Bild zeigt Winfried Kretschmann bei einer Rede.
Kennt sich aus: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen. (Foto: Grüne NRW/​Flickr)

Pullover statt Heizung. Duschen statt Baden. Bus statt Auto. Einsparung als Waffe gegen den Moskauer Despoten, der mit Erdgas-Euros und Petro-Dollars den Angriffskrieg gegen die Ukraine finanziert.

Das war im letzten Frühjahr die Parole, mit der Politiker, Ökos und Friedensbewegte uns Bürgerinnen und Bürgern eine aktive Rolle im Kampf gegen die Krise zuwiesen. Am subversiv-militantesten Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der den Waschlappen in diesem Sinne als "brauchbare Erfindung" bezeichnete.

Ein kleines Stück Stoff, mit dem frühere Generationen in der Tat gute, preisgünstige Erfolge in der Körperhygiene erzielten. Und nebenbei bemerkt, auch bei Energieeinsparung und Klimaschutz, obwohl man von Letzterem noch keinen Begriff hatte.

Haben die Energiespar-Appelle etwas genützt? Erst hieß es, die Deutschen sparten zu wenig beim Gas ein. Dann, es gehe doch ganz gut damit. Und auch das Wetter hatte ein Einsehen, in dem der Winter fast drei Grad wärmer als normal ausfiel.

Immerhin, ein Jahr nach Beginn des Krieges sehen wir nun klarer – dank der Marktforscher der Nürnberger GfK, die hierzulande und in 14 anderen europäischen Ländern analysiert haben, wie die Menschen angesichts der explodierten Inflation über die Runden zu kommen versuchen – beim Einkaufen und im sonstigen Verhalten.

Und siehe da: Etwa jeder zweite Deutsche hat neben dem Supermarkt – und hier speziell dem Umstieg auf billigere Eigenmarken sowie weniger Alkohol, Süßigkeiten und Fleisch im Einkaufskorb – das Bad als Ort des zivilen Abwehrkampfs gegen Putin und Inflation gewählt: Rund 47 Prozent gaben an, heute kürzer oder weniger zu duschen oder zu baden als früher.

Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Ob auch die Methode Kretschmann nun häufiger angewandt wird, hat die GfK leider nicht untersucht. Doch sicher geht nicht fehl, wer annimmt, dass auch die morgendliche Katzenwäsche statt Dusche mehr Anhänger hat als in den billigeren Zeiten vor Februar 2022.

Der Ländervergleich zeigt, dass nicht alle Europäer glauben, im Bad so viel Potenzial zur Krisenabwehr zu haben wie die Deutschen. Anderswo geht der Trend eher dazu, Haushaltsgeräte seltener zu nutzen, um die Energiekosten zu senken. 15 Prozent der Italiener zum Beispiel haben ihre Waschmaschine in den letzten Monaten seltener angestellt.

Was nun besser ist, da wollen wir uns kein Urteil erlauben. Aber am besten wäre es gewesen, alle EU-Länder hätten schon vor Jahren einen Energiewende-Turbo eingelegt. Denn dann hätte es die Ära des Waschlappens nicht gebraucht.

 

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