Demonstranten halten ein Transparent mit einem durchgestrichenen Auto und der Aufschrift:
Klima- und Gesundheitsprobleme lassen sich mitunter gleichzeitig lösen – an der Quelle. (Foto: Jon Worth/Flickr)

Wahnsinns-Migräne, ein gebrochener Arm, eine kaputte Niere, Krebs. Wenn jemand krank ist und es handelt sich nicht nur um einen Husten oder eine Schürfwunde, dann ist ihm das Weltklima völlig schnuppe. Dann will er, dass alles getan wird, ganz egal, wie viel CO2 dabei entsteht.

Wahrscheinlich deswegen wird so wenig über die Klimafolgen des Gesundheitswesens gesprochen. Für Kohlestrom, denkt man, gibt es einen ökologischen Ersatz. Aber für das Wieder-gesund-Werden?

Trotzdem ist es natürlich richtig, nicht nur Kraftwerke, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft unter die Klima-Lupe zu nehmen, sondern auch die Gesundheitsbranche. Das hat die internationale Nichtregierungsorganisation "Health Care Without Harm" (etwa: Gesundheitswesen ohne Nachteile) getan.

Und zwar mit überraschenden Ergebnissen. In ihrem jetzt veröffentlichten Bericht zum "Klima-Fußabdruck" der Branche steht zum Beispiel: Wäre das globale Gesundheitswesen ein Land, wäre es nach China, den USA, Indien und Russland der fünftgrößte Emittent der Welt.

Die NGO hat den Sektor komplett durchchecken lassen – von der Arzneimittel- und Medizingeräte-Produktion über den Betrieb der Krankenhäuser und Praxen bis hin zum Krankentransport und zur Entsorgung der Materialien.

Wie 500 Kohlekraftwerke

Ergebnis: Er ist für rund 4,4 Prozent der Emissionen weltweit verantwortlich und damit für mehr Treibhausgase als der Flugverkehr oder die Schifffahrt, die auf drei respektive zwei Prozent kommen.

Die "gesunde" Branche trägt also ganz schön zur dicken Luft auf dem Planeten bei, ihr CO2-Ausstoß entspricht dem von 514 Kohlekraftwerken.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Für Deutschland kommt die Studie auf 57,5 Millionen Tonnen "medizinisches" CO2 jährlich, etwas über fünf Prozent der Gesamtemissionen.

Offenbar findet auch der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, diese Zahlen ziemlich beeindruckend, um nicht zu sagen, erschreckend. "Die Orte, an denen Menschen geheilt werden, sollten mit gutem Vorbild vorangehen und die Belastung nicht weiter vorantreiben", kommentierte er.

Wie das gehen kann? Die Health-Care-NGO gibt eine Reihe Tipps, von der Umstellung auf 100 Prozent Ökostrom in allen Bereichen über den Bau von klimaneutralen Krankenhäusern bis zur Aufstellung von nationalen Plänen für eine klimafreundliche Gesundheitsversorgung. Minister Jens Spahn, ein Job für Sie!

Covering Climate Now

Klimareporter° beteiligt sich wie rund 250 andere Zeitungen und (Online-)Magazine weltweit an der Initiative "Covering Climate Now". Die teilnehmenden Medien verpflichten sich, vor allem in der Woche vor dem New Yorker UN-Klimagipfel am 23. September über die Klimakrise zu berichten. Wir freuen uns über die Bewegung in der Medienlandschaft. Klimaschutz braucht guten und kritischen Journalismus.