Wärmepumpe an einem Einfamilienhaus.
Eine Wärmepumpe sieht aus wie eine Klimaanlage und funktioniert wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Jährlich müssen ab 2030 rund eine Million Wärmepumpen installiert werden, um die Klimaziele zu erreichen. (Foto: Udo Herrmann/​Shutterstock)

Spätestens 2045 müssen alle Gebäude in Deutschland ihre Wärme klimaneutral erzeugen oder geliefert bekommen. Mehr konkrete Klimaziele finden sich nicht im jetzt vom Bundeswirtschaftsministerium überarbeiteten Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).

Künftig soll gelten, dass ab Januar 2024 "möglichst" jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent erneuerbar betrieben wird, heißt es nun im Gesetz. Damit soll das Klimaschutzgesetz im Gebäudesektor eingehalten werden. Dieser habe 2020 und 2021 sein Emissionslimit überzogen, erinnert der Entwurf.

Bis 2030 müssen die Gebäude-Emissionen noch um mehr als die Hälfte sinken – auf maximal 67 Millionen Tonnen jährlich. Dazu müsse die Emissionsminderung deutlich beschleunigt werden, heißt es im Gesetz.

Inzwischen mehren sich die Befürchtungen, dass dies mit dem reformierten GEG nicht erreicht werden könnte. Der Grund: Wegen des öffentlichen Drucks sind inzwischen etliche Ausnahmen vom Einbauverbot für fossile Heizungen ins Gesetz aufgenommen worden. Dazu gehören unter anderem:

  • Die Pflicht zum erneuerbaren Heizen ab 2024 gilt nur für neue Heizungen. Auch hier sind Ausnahmen möglich, in Härtefällen können Eigentümer von der Pflicht befreit werden.
  • Ist eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel beschädigt, soll es pragmatische Übergangslösungen und mehrjährige Übergangsfristen geben. Beschädigte Heizungen können repariert werden.
  • Es gibt einen Katalog an Erfüllungsoptionen, bei denen das 65-Prozent-Kriterium als eingehalten gilt. So können in bestehenden Gebäuden weiterhin Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65 Prozent "grünen" Gasen oder in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden.
  • Möglich ist auch der Einbau sogenannter H2-ready-Gasheizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umgerüstet werden können, sofern es einen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze gibt und diese Heizungen ab 2030 mit mindestens 50 Prozent Biomethan oder anderen grünen Gasen und spätestens ab 2035 mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden. Anfangs ist auch "blauer" Wasserstoff aus Erdgas erlaubt.
  • Befreit von der Erneuerbaren-Vorgabe sind im Havariefall Gebäudeeigner, die älter als 80 Jahre sind.

Verlängerte fossile Abhängigkeit befürchtet

Dass es nunmehr ein breites Spektrum an "klimaneutralen" Optionen gibt, begrüßt die Bioenergiebranche. Allerdings dürfe Bioenergie auch in Neubauten nicht von vornherein ausgeschlossen werden, verlangt Sandra Rostek vom Hauptstadtbüro der Branche.

Ein neues Wohnhaus, das sich in unmittelbarer Nähe zu einem mit Biomasse betriebenen Gebäudenetz befindet, solle an das Netz angeschlossen werden dürfen, statt ein eigenes Wärmesystem installieren zu müssen, sagt Rostek.

Für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) stiftet der neue Gesetzentwurf dagegen Verwirrung mit "technisch unmöglichen Scheinlösungen", wie es die Organisation formuliert. "Der Entwurf trägt die Handschrift der Gaslobby und ist Verbrauchertäuschung", kritisiert DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz.

Die unter dem Vorwand der "Technologieoffenheit" aufgenommenen Heizungssysteme seien in der Praxis gar nicht ausreichend verfügbar, sagte Metz. "Das gilt für Biomasse und Biogas ebenso wie für grünen und blauen Wasserstoff." Klimapolitisch drohe die mangelnde Verfügbarkeit dieser Scheinlösungen die fossile Abhängigkeit des Wärmesektors über Jahrzehnte zu verlängern.

Auch der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) fordert von der Koalition ein Ende der Debatte über die Zulassung rein fossil befeuerter Heizungen unter dem Label "H2-ready". Stattdessen brauche es dringend ein Bekenntnis zur Wärmepumpe. "Hersteller, Fachhandwerk und viele andere machen ihre Hausaufgaben – jetzt ist die Bundesregierung an der Reihe, klare Regeln zu schaffen", sagte BWP-Geschäftsführer Martin Sabel.

Für den bereits vereinbarten Wärmepumpen-Hochlauf verlangt der Verband eine deutliche Entlastung beim Strompreis. Dazu sollte die Stromsteuer auf das zulässige Minimum von 0,1 Cent pro Kilowattstunde und die Mehrwertsteuer für Wärmepumpenstrom auf sieben Prozent gesenkt werden.

Wärmepumpe im Haus spart CO2 tonnenweise

Stromdirektheizungen und Wärmepumpen decken derzeit erst drei Prozent der Wärmenachfrage im Gebäudebereich. Mehr als 80 Prozent der Wärme stammen noch aus fossiler Verbrennung.

Nach Angaben des BWP verursacht eine Wärmepumpe pro Kilowattstunde Wärme etwa 126 Gramm CO2. Bei einem Heizkessel mit einem Wirkungsgrad von 95 Prozent gebe es mit Gas Emissionen von 252 Gramm und mit Öl von 336 Gramm je Kilowattstunde.

Unter der Annahme, dass der Anteil erneuerbaren Stroms weiter steigt, kann nach den Verbandsangaben eine Wärmepumpe über die 15-jährige Nutzungszeit in einem Einfamilienhaus mit einem jährlichen Wärmebedarf von 20.000 Kilowattstunden im Schnitt rund vier Tonnen CO2 im Jahr einsparen. Das entspricht vergleichsweise den jährlichen Emissionen von anderthalb SUV-Pkw.

Laut einer Branchenstudie könnten mit dem Einbau von Wärmepumpen im Jahr 2030 die jährlichen Gebäude-Emissionen um mehr als 25 Millionen Tonnen niedriger liegen. Das entspräche nahezu der Hälfte der nötigen Einsparung, die der Gebäudesektor bis 2030 erbringen müsste.

Voraussetzung dafür ist aber auch, dass am Ende rund eine Million Wärmepumpen jährlich eingebaut werden und der Ökostrom-Anteil im Strommix dann wirklich deutlich höher liegt.

Anzeige