Der Streit darum, welche Zukunft Gas- und Ölheizungen noch haben, hält unvermindert an. Wenig beeindruckt von der Verbotsdiskussion zeigt sich bisher das Bundeswirtschaftsministerium.
Das Haus Habeck hat den Entwurf für das novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) zum klimaneutralen Heizen schon am vergangenen Dienstag in die Ressortabstimmung mit den anderen Ministerien gegeben. Das bestätigte das Ministerium auf Nachfrage.
Der Entwurf sieht vor, dass ab 2024 alle neu eingebauten Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen – ein wichtiger Beitrag, um im Gebäudesektor die CO2-Emissionen von 2020 bis 2030 um 44 Prozent zu senken, wie es das Klimaschutzgesetz vorschreibt.
Der Gesetzentwurf hatte für Schlagzeilen gesorgt. Der Einbau neuer Gas- und Ölheizungen werde ab 2024 komplett verboten, hieß es in der Presse. Eine solche Vorschrift ist im Entwurf nicht explizit zu finden. Das 65-Prozent-Kriterium ließe sich zum Beispiel auch erfüllen, wenn eine Gasheizung mit 65 Prozent Biogas anteilig betrieben wird, schreibt das Ministerium selbst.
Hinzuzufügen wäre: sofern das Biogas lieferbar und vor allem auch bezahlbar ist.
Auch könnten bestehende Gas- und Ölheizungen, die ordnungsgemäß betrieben werden, in jedem Fall weitergenutzt werden, teilte das Ministerium ergänzend mit. Wenn eine Heizung kaputt sei, könne sie repariert und ebenfalls weitergenutzt werden.
Darüber hinaus gestattet das Wirtschaftsministerium bei der 65-Prozent-Vorschrift auch zahlreiche Ausnahmen, Übergangslösungen und -fristen, um den "Anforderungen der Praxis" gerecht zu werden. So steht es in einem am Donnerstag veröffentlichten "Werkstattbericht", in dem das Ministerium alles auflistet, was es in den letzten Monaten zum Klimaschutz angeschoben hat.
Ab 2024 eine halbe Million Wärmepumpen jährlich
Dennoch zeigen der Gesetzentwurf wie auch diverse Äußerungen Habecks: Als neue Heizung wird ab 2024 am liebsten die Wärmepumpe gesehen. Neu eingebaut werden sollten nur noch "zukünftige Energiesysteme", sagte der Minister heute wörtlich bei der Vorstellung des Werkstattberichts.
Die Heizungsbranche selbst ist über die neue Aufmerksamkeit gar nicht so unglücklich. Seit Jahren habe man moniert, dass die Gebäude-Wärmewende in der politischen Debatte nicht stattfand, nun sei sie endlich im Herzen der Energiewende angekommen, freut sich Markus Staudt, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH).
2022 sei für die Branche ein Spitzenjahr gewesen, bilanziert Staudt vor der am Montag beginnenden Branchenmesse ISH. Insgesamt rund 980.000 neue Heizungen wurden letztes Jahr in Deutschland installiert, darunter 236.000 Wärmepumpen, doppelt so viele wie 2021.
Das starke Wachstum soll entsprechend der Vorliebe des Wirtschaftsministeriums anhalten. Für 2023 wird mit dem Einbau von 350.000 Wärmepumpen gerechnet, ab 2024 sollen es jedes Jahr mindestens 500.000 sein.
Vor der halben Million schreckt die Heizungsbranche keineswegs zurück. Da sei man guten Mutes, betont Staudt und stellt auch kürzere Lieferzeiten für Wärmepumpen in Aussicht.
Branche fordert Gleichbehandlung von Holz und Biomethan
Die aus der Sicht der Branche entscheidende und noch ungelöste Frage ist: Wo sollen bei einem Einbau von jährlich rund einer Million Heizungen die anderen 500.000 neuen Anlagen herkommen und mit welchem klimafreundlichen Brennstoff künftig betrieben werden, wenn eben nicht mit fossilem Gas oder Öl?
Hier kommen für die Branche verschiedene Lösungen infrage: Holzwärme, Pellets vor allem, oder Biomethan.
Der Branche schwebt die Wärmepumpe auch nicht als alleinige Quelle vor, sondern als Teil einer hybriden Anlage, bei der die Wärmepumpe nur ein Drittel der Heizenergie liefert und der Rest mit Biomethan erledigt wird. Auch neue Lösungen wie eine Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung werden auf der Messe präsentiert.
Aus dieser Position heraus stört die Heizungsbranche am meisten, dass im Gesetzentwurf die verschiedenen erneuerbaren Energieträger "nicht gleichbehandelt" werden. Es gebe überhaupt kein breites technologisches Angebot, kritisiert BDH-Chef Markus Staudt.
Die Nutzung von Holz und Biomethan würde nach Staudts Ansicht die Wärmewende auch vereinfachen und entbürokratisieren. Zudem benötigten diejenigen Haushalte eine Lösung, die sich vor fünf oder acht Jahren eine neue Heizung zugelegt hätten und nun ebenfalls erneuerbar heizen wollten, so der BDH-Chef.
Staatshilfe ist entscheidend
Den Wechsel zu klimafreundlichen Heizungen will Minister Habeck ab 2024 mit einem sozialen Förderprogramm in Milliardenhöhe unterstützen, wie er am Donnerstag mitteilte. Die Förderung werde abhängig vom Einkommen sein. Damit solle sichergestellt werden, dass auch Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen sich den Umstieg leisten könnten, sagte Habeck.
Solche finanziellen Anreize würden bei der Heizungsmodernisierung helfen, bestätigt auch Markus Staudt. Viele Privathaushalte seien nicht in der Lage, die Investitionen allein zu stemmen, betont der Branchengeschäftsführer. 50 Prozent der Haushalte verfügten nur über ein Nettoeinkommen von 2.600 Euro monatlich und hätten auch keine Rücklagen. Eine Unterstützung durch den Staat sei hier entscheidend, gerade bei Heizungssystemen, die ein paar Euro mehr kosteten.
Am Ende sei das aber eine politische Frage, schränkt Staudt ein. Letztes Jahr seien im Gebäudesektor bereits 18 Milliarden Euro an Förderung ausgegeben worden – da stelle sich die Frage, was beim jetzigen Finanzrahmen des Bundes und angesichts vieler anderer Anforderungen an den Bundeshaushalt bei der Modernisierungsförderung wirklich möglich sei.
Dass das Ministerium den Gesetzentwurf allerdings schon in die Ressortabstimmung gegeben hat, sorgt für erheblichen Unmut. Das könne er vor dem Hintergrund der öffentlichen Kritik "gar nicht verstehen", moniert Frank Ernst, Geschäftsführer des Fachverbands Gebäude-Klima. Die Regierung setze mit der Wärmepumpe mehr oder weniger alles auf ein Pferd. Dies gehe völlig an der nötigen Technologieoffenheit vorbei, ärgert sich Ernst.