Drei aufsteigende Münzstapel, auf denen ein Pflänzchen entspringt
Dem Klima helfen und dabei Geld verdienen – geht das? (Foto: Nattanan Kanchanaprat/​Pixabay)

Unter ganz bestimmten Bedingungen kann der private Kauf von CO2-Emissionsrechten durchaus etwas fürs Klima bringen – das habe ich in Teil 1 gelernt. Aber lohnt es sich für mich auch finanziell, Zertifikate zu kaufen? Geht man davon aus, dass in den kommenden Jahren der Preis deutlich zulegen wird, dann durchaus. Eine Studie der Londoner Denkfabrik Carbon Tracker vom April rechnet vor, dass der Preis auf 20 Euro im Jahr 2019 ansteigt und auf 25 bis 30 Euro 2020 bis 2021, "wenn die Verknappung der Nachfrage wirklich anfängt zu greifen".

Mehr noch: Würde die EU ihren Emissionshandel mit dem in Übereinstimmung bringen, was nötig wäre, um das Zwei-Grad-Ziel im Paris-Abkommen zu erfüllen, müsste sich der Preis bis 2030 sogar vervierfachen – auf 55 Euro pro Tonne CO2.

Hundertprozentige Sicherheit gibt es – wie bei jeder Spekulation – natürlich nicht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber noch einmal nachjustiert und etwa eine Obergrenze oder einen Preiskorridor festlegt – zum Beispiel auf Druck von Ländern wie Polen, denen hohe CO2-Preise wegen ihres hohen Kohleanteils im Energiemix zusetzen würden. Hinzu kommen unvorhersehbare Ereignisse wie Kriege, Naturkatastrophen oder Wirtschaftskrisen. Selbst die Einführung von nationalen CO2-Mindestpreisen könnte den Preis europaweit dämpfen. "Die Spekulation mit Emissionsrechten ist sehr riskant, aber unter Umständen lukrativ", urteilt Emissionshandelsexperte Grischa Perino von der Uni Hamburg.

Die Zwischenbilanz fällt gemischt aus: Der Klimanutzen ist umstritten. Allerdings könnte ich, wenn ich Glück habe, eine hohe Rendite erzielen.

Jetzt will ich zumindest wissen: Wie komme ich an die Zertifikate?

Wie kaufe ich Emissionszertifikate?

Anruf bei der Leipziger Strombörse. Dort wird, das weiß ich, mit den Dingern gehandelt. Und zwar im großen Stil. Ich kriege eine nette Sprecherin der Börse an die Strippe. Sie versteht mein Anliegen – aber sie muss mich enttäuschen: Nur Firmen dürfen hier Zertifikate kaufen.

Noch gebe ich aber nicht auf. In der Liste der Teilnehmer an der Strombörse ist auch die Commerzbank eingetragen. Ich rufe dort an. Und wieder eine Absage: Unternehmen ja, Privatleute nein. Nur auf das Steigen und Fallen von Kursen der Emissionszertifikate können Privatanleger wetten. Das aber hat mit Klimaschutz nichts mehr zu tun. Also weiter.

Letzter Anruf bei "Mein Klimakonto". Die Seite wirbt damit, dass auch Privatanleger CO2-Zertifikate kaufen können, um damit "Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen". Dahinter steckt die Advantag Climate Invest GmbH aus Geldern am Niederrhein.

Vorstand ist der Bank- und Finanzkaufmann Raik Oliver Heinzelmann. 2012 rief er das "Klimakonto" ins Leben, über das Privatanleger, die mindestens 1.000 Euro investieren, Emissionszertifikate kaufen und einlagern und dann jederzeit wieder verkaufen können. Etwa 30 Kunden habe er gehabt, erzählt Heinzelmann, kleine Unternehmen, vor allem aber Privatinvestoren. Bei jedem Kauf und Verkauf wurden fünf Prozent an Advantag fällig. Nicht viel angesichts der Renditen, die in den vergangenen Jahren erzielt wurden. Im Jahr 2014, einem für die Anleger besonders günstigen Jahr, gab es einen Wertzuwachs von knapp 50 Prozent. Aber damit ist erstmal Schluss. Das Angebot wurde zum Januar 2018 eingestellt, wie auf der Internetseite zu lesen ist.

Grund ist eine 7.000 Seiten lange Finanzmarktrichtlinie mit dem Kürzel Mifid II, die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. Emissionszertifikate sind damit zu Finanzinstrumenten geworden. Hintergrund ist, dass CO2-Zertifikate in einer Übergangsregelung von der Umsatzsteuer ausgenommen waren – das lief aber zu dem Zeitpunkt aus. Für Heinzelmann und sein Geschäftsmodell hat das gravierende Folgen. Er müsste, um sein "Klimakonto" fortzuführen, mehrere Millionen Euro Eigenkapital vorweisen. "Damit ergibt es für uns keinen Sinn, die Lizenz zu beantragen", sagt er.

Nun tüftelt Heinzelmann daran, was er seinen Kunden stattdessen anbieten kann, ihm schwebt ein spezieller Fonds vor. Vor Ende des Jahres rechnet er aber nicht mit dem Start.

Ist mein Plan, Emissionszertifikate zu kaufen, also gescheitert?

Nicht unbedingt, sagt Heinzelmann.

Nur noch mit Anmeldung

"Die Möglichkeit besteht immer noch." Nach wie vor könne jeder über das Klimakonto CO2-Zertifikate kaufen. Nur gebe es jetzt eine zusätzliche Anforderung: Man muss ein Konto beim EU-Registerbüro eröffnen, für 400 Euro pro Handelsperiode. Bei einem Verkauf der Zertifikate kommen dann noch 25 Prozent Spekulationssteuer auf den Gewinn obendrauf, egal wann man verkauft.

Lohnen könnte es sich für die Anleger aber trotzdem. Und zwar bei Beträgen ab etwa 10.000 Euro, meint Heinzelmann. "Eins ist klar: Die Preise werden in den nächsten Jahren zwangsläufig steigen", sagt er. "Wenn der Zertifikatepreis, sagen wir, von heute 12,50 Euro auf 20 Euro steigt, dann mache ich auf jeden Fall Gewinn."

Wenn.

Klar, die Chancen stehen gut – aber es bleibt eine Spekulation.

Fehlt noch die Registrierung beim EU-Registerbüro. Wie zu erwarten, ist das ein erheblicher bürokratischer Aufwand mit einem strengen Identifikationsprozess, der einen triftigen Grund hat: Er soll Geldwäsche verhindern. Zumindest bei der Beschaffung der Antragsunterlagen kann Heinzelmanns Firma helfen. Den Antrag aber muss jeder selbst stellen.

Das hat die meisten von Heinzelmanns Kunden dann doch abgeschreckt – sie haben verkauft. Auch ich nehme erst mal wieder Abstand von meiner Idee.

Meine Bilanz: Trotz neuer Hürden ist es tatsächlich möglich, als Privatanleger Emissionsrechte zu kaufen. Für Spekulanten kann das unter Umständen durchaus lukrativ sein. Der Klimanutzen ist allerdings umstritten: Eine Massenbewegung aus vielen Kleinanlegern ist angesichts der komplizierten Regeln erstmal nicht in Sicht.

Profit machen und gleichzeitig die Umwelt schützen, das klingt gut. Allerdings zeigt die Erfahrung etwas anderes: Beides passt in der Regel nicht zusammen.

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