Es geht um ein Problem, das viele Konsumenten nervt: Geräte gehen oft schneller als erwartet kaputt, die Reparatur lohnt sich nicht, und so wird ein Neukauf nötig. Das kostet unnötig Geld, vergrößert das Müllproblem und erhöht den CO2-Ausstoß.
Das Ärgernis wird im Expertensprech "vorzeitige Obsoleszenz" genannt. Forscher des Pforzheimer Zentrums für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum (Vunk) und des Öko-Instituts haben im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) nun Vorschläge entwickelt, um die bisher oft zu kurze Nutzungsdauer dieser Geräte zu erhöhen und die steigenden Mengen an Elektro- und Elektronikschrott zu verringern.
So sollen Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten künftig beim Kauf die Mindestlebensdauer ihrer Produkte angeben müssen. Nur so könnten Verbraucher die Lebensdauer beim Kauf eines neuen Geräts überhaupt berücksichtigen, argumentieren die Autoren.
"Verschleißt ein Gerät früher als angegeben, könnten Käuferinnen und Käufer ihre Gewährleistungsrechte geltend machen – ein echter Anreiz für die Hersteller, wirklich langlebige Produkte auf den Markt zu bringen", erläutert Vunk-Leiter Tobias Brönneke den Ansatz. Brönnecke ist Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Pforzheim, die das Vunk beherbergt.
Für besonders schlagkräftig halten die Experten die Stärkung von Käuferrechten. "Wir benötigen eine breit angelegte Strategie gegen Obsoleszenz, die auch rechtliche Instrumente auf nationaler und europäischer Ebene umfasst", fordert der Jurist Friedhelm Keimeyer vom Öko-Institut. Die Vorschläge unterstützen die Ziele des europäischen "Green Deal" und des Aktionsplans der EU-Kommission zur Etablierung einer Kreislaufwirtschaft, die Abfall vermeidet.
Die Experten schlagen weiter vor, die Garantiefristen nicht wie bisher üblich generell auf zwei Jahre zu begrenzen, sondern an die erwartbare Lebensdauer der Geräte anzupassen. Sie verweisen auf andere europäische Staaten wie die Niederlande, Schweden, Finnland und Norwegen, die hier schon weiter seien.
Zudem solle die "Beweislastumkehr" nach einem Kauf verlängert werden. Bisher müssen die verkaufenden Unternehmen bis zu sechs Monate nach dem Kauf nachweisen, dass ein defektes Produkt bei der Übergabe oder Lieferung ohne Mangel war. Empfohlen wird hier, dass Deutschland – wie Frankreich und Portugal – die Frist auf zwei Jahre verlängert.
Stärkung unabhängiger Reparaturbetriebe
Ein weiteres Thema beim Kampf gegen die Obsoleszenz sind verbesserte Reparaturmöglichkeiten. Konkret wird gefordert, die Vorschrift aus der EU-Ökodesign-Richtlinie, Ersatzteile länger verfügbar und lieferbar zu halten, auf alle Elektro- und Elektronikgeräte auszudehnen. Sie gilt bisher nur für spezielle Produktgruppen.
Außerdem schlagen die Experten vor, dass alle EU-Mitgliedsstaaten ein unabhängiges Register für "fachlich kompetente Reparateure" einrichten. Neben den Herstellerbetrieben sollen darin auch unabhängige Reparaturbetriebe oder qualifizierte Repair-Cafés aufgenommen werden. Dies solle dazu beitragen, dass sie dann auch die nötigen Ersatzteile und Reparatur- und Wartungsinformationen bekommen.
UBA-Präsident Dirk Messner fordert unterdessen bessere Möglichkeiten für das Recycling von Elektroschrott in Deutschland. "Es braucht ein verbrauchernahes Netz mit deutlich mehr Sammel- und Rücknahmestellen als heute", sagte er der Rheinischen Post. Man könne etwa die Rücknahmepflicht auf zusätzliche Geschäfte im Einzelhandel ausweiten, schlug er vor. Zudem sollten Händler verpflichtet werden, über die Rückgabemöglichkeiten deutlich besser zu informieren.
Im Jahr 2018 sind laut dem Bundesamt rund 853.000 Tonnen Elektro-Altgeräte gesammelt worden. Das entspreche einer Sammelquote von gut 43 Prozent. Damit verfehlt Deutschland die EU-Vorgaben, die bei 45 Prozent liegen, um zwei Punkte.
Messner verwies darauf, dass die EU-Quote für 2019 allerdings schon bei 65 Prozent liege. Davon sei Deutschland "meilenweit entfernt". Daher müsse die Rückgabe für Verbraucher einfacher werden.