Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re will sich von seinem Geschäft mit der Kohle verabschieden. Das kündigte Konzernchef Joachim Wenning am heutigen Montag in einem Gastbeitrag in der FAZ an.
Als Begründung verwies Wenning, der erst seit einem Jahr an der Spitze des Konzerns steht, auf den Klimawandel. Dessen Folgen drohten "teuer und gesellschaftlich einschneidend" zu werden, falls die Erderwärmung nicht auf weniger als zwei Grad begrenzt werden könne. Dieses Ziel ist im Pariser Klimaabkommen festgeschrieben.
Mit seiner Entscheidung zum Kohle-Divestment vollzieht die Münchener Rückversicherung einen überfälligen Schritt. Schon seit vielen Jahren warnt der Konzern – als einer der ersten in der Branche – vor dem Klimawandel. Seit Langem verfügt das Unternehmen über eine eigene Klimastrategie.
Doch was das Geschäft angeht, galten bislang offenbar andere Maßstäbe. Der Versicherer hielt sich nicht an seine eigenen Warnungen und steckte trotzdem kräftig Geld in fossile Unternehmen.
In Polen etwa hat die Munich-Re-Tochter Ergo Hestia seit 2013 insgesamt 18 Kohleprojekte versichert, ergaben Recherchen von polnischen Kohlegegnern. Auch das größte im Bau befindliche Kohlekraftwerk der EU in Opole gehört demnach dazu. Es ist auf 1.800 Megawatt Leistung ausgelegt und soll im kommenden Jahr in Betrieb gehen.
"Munich Re hat jahrelang versucht, sich hinter eigenen Klimastudien zu verstecken, und echte Taten für den Klimaschutz verweigert", sagt Regine Richter von Urgewald. Die Umweltorganisation setzt sich gemeinsam mit der Initiative Unfriend Coal und der Kampagnenplattform Avaaz dafür ein, dass Versicherer sich von ihren Kohlegeschäften zurückziehen und klimaschädliche Kraftwerke nicht mehr versichert werden.
Große Versicherer wie Axa und Allianz haben bereits 2015 vor dem Klimagipfel in Paris angekündigt, ihre Investments zu überdenken und fossile Energien aus dem Portfolio zu nehmen. Auch kleinere Unternehmen wie die französischen Versicherer Macif und AG2R La Mondiale haben inzwischen nachgezogen.
Nun will auch die Münchener Rück umsteuern. Künftig soll die Klimastrategie des Konzerns auf das Zwei-Grad-Ziel des Paris-Abkommens ausgerichtet sein. Konkret heißt das: Munich Re will nicht mehr in Aktien und Anleihen von Unternehmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle erzielen. Zudem sollen keine neuen Kohlekraftwerke und Kohlebergwerke mehr versichert werden – allerdings gilt das nur für Industrieländer.
Genau das stößt auf Kritik – schließlich wären Kohleinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern dann weiter im Topf. Die Ankündigung von Munich Re sei zwar "ein guter Start", sagt Bert Wander von Avaaz. Sie habe aber auch Schwächen. "Gewisse Kohleprojekte wird der Konzern auch weiterhin finanzieren und versichern."
Der Konkurrent Allianz hat sich zum Beispiel mehr vorgenommen. Der Konzern will keinerlei Versicherungen für neue Kohleprojekte mehr anbieten und strebt einen absoluten Stopp seiner Kohlegeschäfte bis 2040 an. Zudem wurden auch für Häfen, die hauptsächlich der Kohleverschiffung dienen, die Policen gestrichen.
Auch die Swiss Re ist konsequenter. Die Schweizer kündigten Anfang Juli an, keine Versicherungen und Rückversicherungen mehr für Unternehmen anzubieten, die mehr als 30 Prozent ihres Geschäfts mit Kraftwerkskohle machen. Dies schließt Firmen unabhängig davon aus, wo sie operieren. Munich Re hingegen nennt hier nur die Industrieländer. Für alle anderen soll es Ausnahmen geben.