Das europäische Klimaziel für 2030 wird nicht wie angekündigt erhöht. EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete hat seinen Vorschlag von Mitte August, wonach die EU ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent statt der bisher vorgesehenen 40 Prozent senken soll, laut Medienberichten zurückgezogen.
Vor einem Vierteljahr hatte der Kommissar erstmals die höhere 45-Prozent-Marke ins Gespräch gebracht. Die Europäische Union könne das höhere Ziel erreichen, argumentierte Arias Cañete, wenn die neuen EU-Beschlüsse zum Ausbau der Öko-Energien sowie zum Energiesparen eingehalten werden.
Nach den im Juni gefassten Beschlüssen soll der Anteil der Erneuerbaren am gesamten Energiebedarf der EU bis 2030 auf 32 Prozent statt der bisher vorgegebenen 27 Prozent anwachsen. Die Energieeffizienz soll um 32,5 statt um 30 Prozent steigen. Damit würde die EU de facto eine Reduzierung der Treibhausgase um 45 Prozent erreichen, frohlockte der Kommissar noch im August.
Anlass für die vorgesehene Anhebung des Klimaziels waren die europäischen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen. Mit einer CO2-Reduktion um 40 Prozent bis 2030 kann die EU die Anforderungen des Unter-zwei-Grad-Ziels nicht erfüllen – mit minus 45 Prozent wäre das eher möglich. Umweltschützer halten allerdings eine Treibhausgas-Reduktion in der EU von 55 Prozent für notwendig und auch machbar.
Arias Cañete wollte das 45-Prozent-Ziel beim kommenden Treffen der EU-Umweltminister am 9. Oktober beschließen lassen. Die Zahl taucht aber laut den Berichten in der entsprechenden Beschlussvorlage nicht auf.
Aus Kreisen des Bundesumweltministeriums war dazu zu hören, dass dem Haus nie ein offizieller Vorschlag des Kommissars vorgelegen habe. Es sei auch nicht überraschend, dass die Umweltminister das 45-Prozent-Ziel noch nicht beschließen werden, weil es bei den UN-Klimaverhandlungen im Dezember in Katowice gerade um die Frage höherer Klimaziele für 2020 gehen werde. Auch die EU werde dann ihr Ziel überprüfen.
Scharfe Kritik an deutscher Regierung
Dennoch erntet der vorläufige Rückzug der EU scharfe Kritik. Ursächlich für den Cañete-Rückzieher ist für die Umweltorganisation Germanwatch vor allem der Widerstand der deutschen Bundesregierung. "Kaum ist der verheerende Dürresommer vorbei, torpediert die Bundesregierung einen Erfolg beim kommenden Klimagipfel", sagte Germanwatch-Politikchef Christoph Bals.
Auch nach Ansicht der Grünen geht die Aufgabe des "halbwegs ambitionierten Klimaziels" der EU voll auf das Konto der Bundesregierung. Zu dem Todesstoß habe auch die Einigung von Union und SPD in dieser Woche beigetragen, wirksame CO2-Grenzwert-Vorgaben für Autos, wie sie etwa im Europäischen Parlament vertreten werden, nicht zu unterstützen, sagte die Grünen-Abgeordnete Lisa Badum.
"Hier wird eine klimapolitische Haltung der größten europäischen Volkswirtschaft deutlich, die mit dem Wort 'Ignoranz' noch nicht annähernd beschrieben ist", so Badum. Offenbar habe Arias Cañete einer Demütigung durch Deutschland entgehen wollen, indem er den Vorschlag zurückzog.
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