Der Klimawandel verstärkt die Wetterextreme. Es treten zum Beispiel mehr Dürren, aber auch mehr Überschwemmungen auf, deren Intensität zudem zunimmt. Doch nicht auf alle Extremwetterereignisse trifft diese Regel zu.
So hat die Zahl der Hurrikane und anderer Stürme in den Tropen sogar abgenommen, wie ein internationales Forschungsteam jetzt in einer Studie zeigte. Durchweg positiv ist die Entwicklung jedoch nicht. Die Intensität der Stürme nahm nämlich zu – und dürfte sich weiter verstärken.
Laut der in Nature Climate Change erschienenen Untersuchung sind die tropischen Wirbelstürme seit Beginn der Industrialisierung und damit der Erhöhung des Treibhausgas-Anteils in der Atmosphäre seltener geworden.
Konkret: Die Häufigkeit hat um 13 Prozent abgenommen, wenn man die Periode von 1850 bis 1900, in der die Erderwärmung noch minimal war, mit der Periode von 1901 bis 2010 vergleicht. Ab 1950 verstärkt sich die Abnahme, sie beträgt dann sogar 23 Prozent.
Dieser Trend fand sich in den meisten Ozeanen der Welt. Eine Ausnahme macht allerdings der Nordatlantik, wo die Anzahl der Stürme zunahm.
Hurrikane, Taifune oder Zyklone richten oft große Schäden an, wenn sie auf Küsten treffen. Sie beziehen ihre Energie aus der feuchtwarmen Luft über tropischen Meeren. Sie bilden sich nur, wenn bestimmte Bedingungen herrschen, die aus einer Ansammlung von Gewittern jene riesigen, wirbelnden Wärmekraftmaschinen machen.
Weniger Schauer und Gewitter in den Tropen
Die Klimaveränderungen lassen diese Bedingungen offenbar seltener eintreten. Wenn sie aber da sind und Wirbelstürme entstehen, fallen diese wegen der höheren Wasser- und Lufttemperaturen dann stärker aus.
Das Team um den australischen Atmosphärenforscher Savin Chand von der Federation University in Ballarat bei Melbourne erklärt den Rückgang der Häufigkeit in der Studie mit zwei Veränderungen in der Erdatmosphäre. Danach haben sich zwei wichtige Zirkulationssysteme abgeschwächt, die Hadley-Zirkulation und die Walker-Zirkulation, zudem seien die Luftschichten in mittlerer Höhe dort trockener geworden. Dadurch gebe es in den Tropen heute insgesamt weniger Schauer und Gewitter als früher.
Im Nordatlantik hingegen nahm die Häufigkeit in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu, nachdem sie in der ersten Hälfte im Gleichklang mit der Situation in den anderen Weltmeeren abgenommen hatte. Chand und Co sehen als mögliche Ursache, dass die Wassertemperaturen in dieser Region in den letzten Jahrzehnten überdurchschnittlich gestiegen sind, was Wirbelstürme dort stark begünstigte und andere, eher bremsende Faktoren überlagerte. Allerdings könnte es auch mit einer besseren Erkennung von Stürmen zusammenhängen.
Die Klimaforschung versucht seit Jahrzehnten, die Einflüsse des Klimawandels auf tropische Wirbelstürme abzuschätzen, da dies Auswirkungen auf die Zerstörungen und die Opferzahlen haben kann. Klimamodelle ließen zwar erwarten, dass die Zahl der Stürme abnehmen würde, doch das konnte wegen schlechter Datenlage nicht bestätigt werden. Satelliten liefern detaillierte Daten zu tropischen Wirbelstürmen erst seit den 1970er Jahren. Das reicht zur Feststellung von Langfristtrends noch nicht aus.
Das Chand-Team stützte sich auf eine einheitliche Messgröße, den Luftdruck in der Nähe der Meeresoberfläche. Es entwickelte mit einer sogenannten Reanalyse einen einheitlichen Datensatz für die Zeit zwischen 1850 und 2010. "Das bringt uns nahe an das heran, wie die Beobachtung ausgesehen hätte", erläuterte der Leitautor.
Für sich entwickelnde Stürme steht mehr Energie bereit
Auf den ersten Blick sei der Rückgang der Häufigkeit "good news", sagte Chand. Es gebe aber "noch keinen Grund zu feiern", denn das Forschungsergebnis bedeute nicht, dass Wirbelstürme weniger bedrohlich würden. Es sei vielmehr wahrscheinlich, dass ihre Intensität zunimmt, wenn sie erst einmal entstanden sind.
Die Stürme, die sich bilden, bezögen mehr Energie aus der sich erwärmenden Atmosphäre. "Deshalb werden sie intensiver", so der Forscher. "Das Klima verändert sich, und der Mensch ist die Hauptursache." Daher sei es sehr wichtig, den Einfluss des Klimawandels auf alle Extremwetter-Ereignisse zu analysieren.
Es handle sich um eine "sehr interessante und wichtige Arbeit", kommentierte der Forscher Christopher Landsea vom Hurrikan-Zentrum der US-Wetterbehörde NOAA, der nicht an der Studie beteiligt war, das Erscheinen der neuen Arbeit gegenüber dem Infodienst Carbon Brief.
"Die Feststellung, dass die Zahl der tropischen Stürme und Hurrikane aufgrund der anthropogenen globalen Erwärmung weltweit ab- und nicht zunimmt, mag für Außenstehende eine Überraschung sein", sagte Landsea. Für Fachleute in dem Feld sei das nicht so. "Dieses Ergebnis wurde schon seit einigen Jahrzehnten vorhergesagt."