Waldstraße bei Jamnik in den slowenischen Alpen mit Pfützen und einem kräftigen Laubbaum, darauf Nebel, im Hintergrund ein Alpengipfel und imposante Wolken.
Nach dem Regen: Kammweg in den Julischen Alpen. (Foto: Isa Long/​Shutterstock)

Ist vom Klimawandel in den Alpen die Rede, denkt man sofort an ausbleibenden Schnee und Gletscher, die sich immer schneller zurückziehen und nur noch kahles Gestein zurücklassen. Die Folgen der Erderwärmung machen sich in Europas größtem Hochgebirge aber nicht nur im Winter bemerkbar, sondern auch in der warmen Jahreszeit.

Die Auswirkungen sind nicht weniger dramatisch. Anhaltende Trockenphasen treten häufiger auf. Es regnet weniger und das im Boden gespeicherte Wasser verdunstet in einem wärmeren Klima deutlich schneller.

Der Trend ist so auffällig, dass die Alpenstaaten Österreich, Italien, Slowenien, Frankreich, Schweiz und Deutschland ein Dürremonitoring-System für den gesamten Alpenraum aufbauen wollen. Das Ziel: Methoden für ein besseres Wasser- und Risikomanagement entwickeln.

Andererseits kommt es immer wieder zu heftigen Starkregenereignissen, die katastrophale Überschwemmungen verursachen, mit riesigen Sachschäden, aber auch Toten und Verletzten. Auch Schlamm- und Gerölllawinen nehmen zu.

Beide Phänomene – Trockenheit auf der einen Seite, Starkregen auf der anderen – sind ein wachsendes Problem für Natur und Infrastruktur, für Straßen und Brücken, für die Kanalisation, für touristische Angebote. 2016 hat die EU eine Alpenstrategie beschlossen, die sich unter anderem mit Klimarisiken und Präventionsmöglichkeiten beschäftigt.

Das ist auch dringend nötig. Denn die heute schon sichtbaren Trends werden sich bei fortschreitendem Klimawandel verstärken, wie nun eine italienische Studie zeigt. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird sich der Durchschnittsniederschlag im Alpenraum in den Sommermonaten weiter verringern, während es zu stärkeren lokalen Extremwetterereignissen kommt.

Zwei Klimamodelle im Wettstreit

"Die Niederschläge werden seltener und intensiver", sagt die Hauptautorin der Studie, die Umwelttechnikerin Marianna Adinolfi vom Euro-Mittelmeer-Zentrum für Klimawandel (CMCC), gegenüber Klimareporter°. "Die steigende Niederschlagsintensität betrifft vor allem die östlichen Alpen." Das Team um Adinolfi hat die Studie in der Fachzeitschrift Atmosphere veröffentlicht.

Das Besondere: Die Forscher:innen nutzten für ihre Untersuchung eine neue Generation von Klimamodellen, die mit einer höheren Auflösung arbeiten und dadurch eine genauere Prognose ermöglichen.

Dafür skalierten sie bisherige globale Modelle, die ein Raster von 60 bis 80 Kilometern haben, herunter bis zu einer räumlichen Auflösung von drei Kilometern. Und sie fütterten ihre Modelle nicht nur mit täglichen Messungen, sondern auch mit Messungen im Stundentakt.

Der Rechenaufwand war enorm. "Unser Supercomputer am CMCC brauchte 55 Stunden, um 'ein echtes Jahr' zu simulieren", sagt Adinolfi auf Nachfrage. Da drei Zehnjahreszeiträume durchgerechnet wurden, dauerte es insgesamt 75 Tage und fast drei Millionen Computerstunden, um die Klimasimulationen durchzuführen.

Dabei ging es den Forscher:innen auch um die Frage, ob sich ein solcher Aufwand überhaupt lohnt. Erzielt man mit einer sehr hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung tatsächlich bessere Ergebnisse?

Um das herauszufinden, ließen sie zwei Modelle gegeneinander antreten: eines, das mit einem Raster von zwölf Kilometern arbeitet, und eines, das bis auf drei Kilometer herunterskaliert.

Informierte Planung kann Schäden begrenzen

Klimamodelle sind mathematische Abbilder des Erdsystems. Um einzuschätzen, wie gut sie funktionieren, rechnet man mit ihnen zunächst einen vergangenen Zeitraum durch, für den Messungen vorliegen.

Dann vergleicht man die Ergebnisse, die das Modell liefert, mit den vorliegenden Messungen. Stimmt beides überein, kann man mit dem Modell eine Prognose für die Zukunft aufstellen.

Genau das hat das CMCC-Team getan, einmal mit dem Zwölf-Kilometer-Modell und einmal mit dem Drei-Kilometer-Modell. Die Wissenschaftler:innen rechneten jeweils die Zeiträume von 1996 bis 2005 und von 2000 bis 2009 durch. Dann verglichen sie, wie gut die Ergebnisse zu den Messungen passen.

Und schließlich erstellten sie auf dieser Grundlage eine Projektion für den Zeitraum von 2090 bis 2099, also für die letzte Dekade dieses Jahrhunderts.

Das Ergebnis: Die besonders hohe Auflösung mit dem Drei-Kilometer-Raster bringt keine große Verbesserung, was den Tagesmittelwert des Niederschlags betrifft. Deutliche Vorteile aber gibt es bei der Intensität der stündlichen Niederschlagsextreme.

"Hier sind die Verbesserungen ausgeprägt und stellen einen erheblichen Nutzen dar", sagt Studienautorin Adinolfi. Dem stehen aber die hohen Rechenkosten und der große Aufwand an Forschungszeit gegenüber.

Die Untersuchungen wurden im Rahmen des EU-Förderprogramms Horizon 2020 durchgeführt. Ihre Ergebnisse sollen Planer:innen und Behörden helfen, bessere Anpassungs- und Risikoanalysen zu entwickeln und so die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf Gesellschaften und Volkswirtschaften zu begrenzen. Damit die Alpen auch am Ende des Jahrhunderts noch eine Reise wert sind.

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