
Nach dem Regen kommt die Sonne und nach der Sonne der Regen. Mit derartigen Voraussagen beeindruckte schon der berühmte Seher die widerständigen Gallier in den Asterix-Comics. Die Voraussage ist natürlich wohlfeil – und auch der Klimawandel ändert am Wechsel von Sonne und regenträchtigen Wolken nichts.
Das Problem für Europa im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen ist nur: Dauer und Stärke der jeweiligen Phasen von Sonne und Regen variieren immer mehr. Auf wochenlange Trockenheit im Frühjahr können tagelange Starkregen folgen oder umgekehrt. Das war in den letzten Wochen erneut erlebbar.
Forscher warnen zudem vor einem weiteren Trend. Nach Analyse der Jahre von 2002 bis 2022 war ein Team des Helmholtz-Zentrums für Geoforschung in Potsdam vor einiger Zeit zum Ergebnis gekommen, dass Deutschland in dem 20-jährigen Zeitraum jedes Jahr im Schnitt 760 Millionen Tonnen Wasser verloren hat.
Diesen Trocken-Trend kann die deutsche Wasserwirtschaft so nicht bestätigen. Zwar verschiebe sich mit fortschreitendem Klimawandel das Klimasystem und der Mittelmeerraum werde deutlich trockener und Nordeuropa dagegen nasser, räumt Wolf Merkel vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) ein. In allen Klimaszenarien für 2050 oder 2100 zeigten die Prognosen aber, dass die in Deutschland insgesamt verfügbare Wassermenge sich ungefähr auf dem jetzigen Niveau bewegen werde, betonte der für Wasser zuständige DVGW-Vorstand jüngst bei einem Medientermin.
Die Wassermenge bleibt gleich, ihre Verfügbarkeit sinkt aber
In einer Hinsicht will der Fachverbands-Vorstand seine optimistische Globalprognose aber doch eingeschränkt sehen: Regional könne es in Deutschland Gebiete geben, die künftig trockener werden, wie beispielsweise den Oberrheingraben, sagt Merkel.
Diese eigenen, zusammen mit dem Umweltforschungszentrum Leipzig gestellten Prognosen ergaben laut Merkel aber eben auch: In dem insgesamt nicht trockeneren Deutschland werden sich die Niederschlagsmuster deutlich verschieben. Dafür gebe das diesjährige Frühjahr ein gutes Abbild, merkt Merkel ebenso an.

Ein weiteres Problem: Auch wenn im Großen und Ganzen künftig dieselbe Wassermenge verfügbar ist, kommen Niederschläge immer häufiger als Starkregen herunter. Der sorgt möglicherweise für Überflutungen, läuft dann aber recht schnell in die Flüsse ab.
Das nutzbare Dargebot an Wasser werde also geringer sein, schlussfolgert Wolf Merkel. Um die starken Schwankungen zwischen zu viel und zu wenig Wasser, von Trockenzeiten auf der einen und Extremniederschlägen auf der anderen Seite auszugleichen, müsse die Wasserversorgung angepasst werden, verlangt der DVGW-Vorstand.
Mit dem Klimawandel und der veränderten Wasserverfügbarkeit sehen die Fachleute zunehmende Verteilungskonflikte. Das nimmt auch Thomas Klein vom Wupperverband an. Der Wasserverband bewirtschaftet das über 2.000 Gewässerkilometer zählende Einzugsgebiet der Wupper mit insgesamt 14 Talsperren.
Talsperren brauchen eine flexiblere Fahrweise
Um das Problem des schwankenden Wasserdargebots zu bewältigen, plädiert Klein für eine flexiblere Fahrweise der Talsperren. Bislang beruhen deren Betriebsregeln historisch auf Daten, die pro Jahr mit einem Hochwasser im Winter rechnen, verdeutlicht Klein den Hintergrund.
Im Sommer sei da gar kein Raum für Hochwasser oder für einen anhaltenden, flächendeckenden Starkregen eingeplant. Entsprechend sei der Wupperverband gerade dabei, sogenannte Sommer-Retentionsräume einzuführen, freien Stauraum in den Talsperren für einen sommerlichen Hochwasserschutz.
Solche Reserveräume in den Stauseen zu schaffen, zieht aber andere Probleme nach sich, wie Thomas Klein erläutert. Für trockenere Zeiten stünden dann auch geringere Wasserreserven zur Verfügung. Den Talsperren müsste es entsprechend erleichtert werden, ihre Wasserabgabe bereits vorsorglich zu verringern, um länger und besser durch die trockenen Zeiten zu kommen.
Dagegen sperrten sich aber, so der Wasserwirtschaftler weiter, nicht nur Naturschützer, die um den Erhalt ökologisch wertvoller Feuchtgebiete fürchten, sondern auch Betreiber von Kläranlagen, die den erlaubten Verdünnungseffekt eines ausreichenden Wasserflusses nutzen. Sollten sich künftig alle diese neuen, unterschiedlichen Anforderungen an die Wasserversorgung nicht durch eine flexible Fahrweise unter einen Hut bringen lassen, hält Thomas Klein einen Neubau von Talsperren für angezeigt.
Angesichts dessen überrascht es nicht, dass die Wasserwirtschaft selbstbewusst Forderungen an die Politik formuliert. „Wir plädieren dafür, dass die öffentliche Wasserversorgung gegenüber anderen Nutzergruppen im behördlichen Vollzug Vorrang hat“, betont DVGW-Vorstand Merkel angesichts der zunehmenden Konflikte. Hauptaufgabe sei die Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Brauchwasser.
Was er nicht explizit sagt: Andere Nutzer wie zum Beispiel die Landwirtschaft müssten bei einem Vorrang der öffentlichen Versorgung zurückstehen.
Jedenfalls müsse die neue Bundesregierung, fordert der DVGW, mehr Geld als bisher in die Hand nehmen, um eine klimaresiliente Infrastruktur zu entwickeln – durch Förderprogramme, steuerliche Entlastungen oder Fondslösungen. Das Geld dafür soll erwartungsgemäß vor allem auch aus dem 500-Milliarden-Infrastrukturfonds kommen.