Porträtaufnahme von Friederike Otto.
Friederike Otto. (Foto: Oxford Martin School)

Bis zu neunmal wahrscheinlicher hat der menschengemachte Klimawandel den Starkregen gemacht, der im Juli zu der Hochwasserkatastrophe in Westdeutschland führte. Die Hitzewelle im Westen der USA und Kanadas war durch die Erderhitzung sogar 150‑mal wahrscheinlicher, wäre ohne sie praktisch unmöglich gewesen.

Dass solche konkreten Aussagen mittlerweile möglich sind, ist der Attributionswissenschaft innerhalb der Klimaforschung zu verdanken. Zu deren führenden Köpfen gehören die deutsche Physikerin Friederike Otto und der niederländische Meteorologe Geert Jan van Oldenborgh, die gemeinsam die Initiative World Weather Attribution leiten. Die beiden haben es damit auf die diesjährige Liste der 100 einflussreichsten Personen des Jahres geschafft, die das US-Magazin Time herausgibt.

"Jahrelang war das Mantra in der Berichterstattung über Wirbelstürme und Hitzewellen, dass man einzelne Wetterereignisse nicht auf den Klimawandel zurückführen könne, obwohl die Wissenschaft eine Häufung durch die Erderwärmung feststellte", schreibt der US-Umweltschützer Bill McKibben, den Time um eine Würdigung gebeten hat. "Dank Friederike Otto und Geert Jan van Oldenborgh sowie ihren Kolleg:innen beim Projekt World Weather Attribution können wir darüber jetzt mit viel mehr Sicherheit sprechen."

Ergebnisse, wenn die Gesellschaft sie braucht

Die Attributionsforschung füttert viele verschiedene Klimamodelle mit den spezifischen Messdaten ­eines Wetterereignisses – einmal mit den Rahmenbedingungen der aktuellen Welt und einmal mit denen einer fiktiven Welt ohne menschliche Treib­hausgase. Dann wird verglichen. Ist das Wetterereignis im ersten Fall häufiger zu erwarten, kann man das auf den menschengemachten Klimawandel zurückführen.

Eine Besonderheit der Arbeit von World Weather Attribution, die die Wissenschaftler:innen größtenteils neben ihren Anstellungen an Unis und Wetterbehörden vorantreiben: Sie bemühen sich nicht um die langwierige Veröffentlichung der Ergebnisse in renommierten Fachmagazinen, sondern bringen sie selbst auf ihrer Projekt-Website heraus. Es geht ihnen darum, die Erkenntnisse dann zu liefern, wenn die Öffentlichkeit sie gerade braucht.

Mit der Selbstpublikation entfällt allerdings auch die Prüfung durch unabhängige Fachkolleg:innen. Das gilt allerdings nicht für die angewandten Methoden, die alle das übliche Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben. So ist die Qualität trotzdem sichergestellt.

Friederike Otto ist Professorin an der Universität Oxford und leitet dort das Environmental Change Institute, wechselt aber im Oktober zum Londoner Imperial College. Geert Jan van Oldenborgh forscht für die niederländische Wetterbehörde und ist außerdem Gastprofessor in Oxford.

Time führt die beiden in der Rubrik "Innovators", in der etwa auch Tesla-Gründer Elon Musk zu finden ist. Daneben gibt es Rubriken für Ikonen, Titan:innen, Pionier:innen, Anführer:innen und Künstler:innen.

Zu den Aufgeführten zählen etwa US-Präsident Joe Biden, seine Stellvertreterin Kamala Harris und sein Vorgänger Donald Trump, der britische Prinz Harry und seine Frau Meghan, die Sängerin Billie Eilish, der Ökonom Fatih Birol sowie Ngozi Okonjo-Iweala, Chefin der Welthandelsorganisation.

Redaktioneller Hinweis: Friederike Otto ist Mitglied des Herausgeberrats von Klimareporter°.

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