So heiß wie der Sommer 2023 war bislang noch kein Sommer auf der Nordhalbkugel, seit im Jahr 1940 mit den flächendeckenden Aufzeichnungen begonnen wurde. Die Auswertung des EU-Klimawandeldienstes Copernicus, die seit dieser Woche vorliegt, zeigt sogar eine deutliche Steigerung gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2019.

Damals erreichten die Durchschnittstemperaturen in den Sommermonaten Juni bis August 16,48 Grad. Nun sind es 16,77 Grad. Gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 war dieser Sommer damit um 0,66 Grad wärmer.

 

Verglichen mit dem vorindustriellen Durchschnitt der Jahre von 1850 bis 1900 liegt die Erwärmung laut Copernicus bei rund 1,5 Grad – zumindest in den Monaten Juli und August, die dieses Jahr neue Höchsttemperaturen erreichten. 

Wie viel Klimawandel steckt nun in diesem extremen Sommer? Und wie viele Menschen sind betroffen?

Mit diesen Fragen hat sich ein Forschungsteam der gemeinnützigen US-Organistation Climate Central beschäftigt und seine Analyse am Donnerstag veröffentlicht.

Das Ergebnis: Ohne den Einfluss des Klimawandels wären solch extreme Temperaturen wie in diesem Sommer praktisch unmöglich. Und fast die ganze Menschheit ist betroffen.

  • Nahezu alle Menschen auf der Welt, nämlich 98 Prozent der Weltbevölkerung, erlebten in den Monaten Juni bis August eine Hitze, die durch den Klimawandel mindestens doppelt so wahrscheinlich gemacht wurde.
  • Knapp die Hälfte, nämlich 48 Prozent, erlebte für mindestens 30 Tage eine Hitze, die durch den Klimawandel mindestens dreimal so wahrscheinlich gemacht wurde.
  • 2,4 Milliarden Menschen waren an mehr als 60 Tagen einer Hitze ausgesetzt, die durch den Klimawandel mindestens fünfmal so wahrscheinlich gemacht wurde.
  • 1,5 Milliarden Menschen waren an jedem Tag in diesem Sommer einer Hitze ausgesetzt, die durch den Klimawandel mindestens dreimal so wahrscheinlich gemacht wurde.

 "Niemand ist sicher vor dem Klimawandel", fasste der Klimawissenschaftler Andrew Pershing von Climate Central die Ergebnisse zusammen. "In jedem Land, das wir analysieren konnten, haben wir Temperaturen gesehen, die ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel schwierig gewesen wären – und in einigen Fällen fast unmöglich."

Weitgehende Umkehrung des Verursacherprinzips

Die Analyse zeigt aber auch, dass die Belastung durch Klimawandelfolgen sehr ungleich verteilt ist. Vereinfacht könnte man sagen, je geringer der Beitrag zu dem Problem, desto größer ist die Belastung durch die Folgen.

In den Ländern, die am wenigsten Emissionen verursachen, waren die Menschen drei bis viermal so oft klimawandelbedingter Hitze ausgesetzt als Menschen in den Industrie- und Schwellenländern der G20.

Die kleinen Inselstaaten beispielsweise haben nur ein Prozent aller Treibhausgasemissionen verursacht, die von der Menschheit seit der Industrialisierung verursacht wurden. Laut Analyse mussten sie in diesem Sommer mit 65 Tagen klimawandelbedingter Hitze fertig werden.

Die rund 45 ärmsten Länder der Welt ("Least Developed Countries") verursachten rund sechs Prozent der historischen Emissionen. Ihre Bevölkerung von fast 900 Millionen Menschen war an 47 Tagen ungewöhnlicher Hitze ausgesetzt.

In großem Kontrast dazu waren es bei den G20-Ländern, die drei Viertel der gesamten historischen Emissionen verursacht haben, nur 17 Tage.

Zwar gibt es auch in einigen G20-Staaten Regionen mit besonderer Hitzebelastung an 30 und mehr Tagen – Teile von Spanien und Italien beispielsweise oder US-Bundesstaaten wie Hawaii, Louisiana oder Texas. Doch im Schnitt ist die Betroffenheit in den reicheren Ländern geringer als in den ärmeren.