Thermometer
Genießen Sie die Eisheiligen, vielleicht gibt es sie nicht mehr so oft. (Foto: Simona Robova/​Pixabay)

Wenn das kein Absturz war. Am Wochenende chillten viele Corona-gelockerte Bundesbürger in Deutschland noch bei Wärme satt, der Rekord bei 27 Grad, am Montag gab es dann teils nur noch einstellige Werte.

Genau pünktlich zu den "Eisheiligen", die von heute bis zum 15. Mai im Kalender stehen, gingen die Temperaturen wegen einer Nordwetterlage in den Keller, begleitet von Schmuddelwetter. Dazu passend eine auf 600 bis 800 Meter sinkende Schneefallgrenze, mit Nassschnee und entsprechender Glätte. Für die Nacht zum Dienstag wird Frost bis minus fünf Grad in Bodennähe erwartet.

In den letzten Jahren sind die Eisheiligen oft ganz ausgeblieben, und manchmal vertaten sie sich in der Woche, dann kam es zu Kaltluft-Einbrüchen bereits Anfang oder erst Ende Mai. Fröste traten dabei jedoch immer seltener auf.

Klimaforscher führen diese Veränderungen auf den Klimawandel zurück – mit der Erwärmung der globalen Atmosphäre fallen auch die Kaltlufteinbrüche aus Richtung Norden immer weniger frostig aus. In Deutschland sind die Temperaturen im Mittel um 1,5 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit angestiegen, und auch in diesem Jahr waren die ersten vier Monate wärmer als normal.

Diesmal aber machen die Eis-Heiligen ihrem Namen wieder einmal alle Ehre. Auf der Rückseite einer Kaltfront eines Tiefs über Skandinavien gelangt Kaltluft nach Deutschland – genau zum heutigen Tag des Mamertus. Die Tage sind benannt nach frühchristlichen Bischöfen und Märtyrern: neben Mamertus noch Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophia.

Traditionell gilt der Mai in Deutschland als erster Monat, in dem das Wetter besser wird und in dem die Temperaturen in die Wohlfühl-Region von um die 20 Grad steigen – der berühmte "Wonnemonat".

Doch das gute Wetter kann immer wieder durch arktische Polarluft unterbrochen werden, die aufgrund von Nord- oder Nordwest-Wetterlagen auf direktem Weg Richtung Europa strömt. Die Temperaturen fallen und es gibt Bodenfrost.

Ausreißer im Erwärmungstrend?

In Norddeutschland gelten der 11. bis 13. Mai als Eisheilige, im Süden und Südosten zählt der 11. Mai nicht dazu. "Die eintägige Differenz besteht, weil die Kaltluft bei Eintritt der Nordwetterlagen rund 24 Stunden braucht, um von der Küste bis zu den Alpen vorzudringen", erläutert der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Dafür kommen hier der 14. und der 15. Mai hinzu.

Vor allem Bauern und Gärtner fürchten die Eisheiligen, denn oft können schon geringe Minusgrade Schäden an neuen Kulturen auslösen – freilich unabhängig davon, an welchem Maitag nun genau der Frost zuschlägt.

Auch die Bauernregeln, die vermutlich während einer Kälteperiode im Mittelalter entstanden, behandeln das Thema. Danach wird das milde Frühlingswetter erst nach der "kalten Sophie" am 15. Mai stabil und für den Anbau ungefährlich ("Pflanze nie vor der Kalten Sophie", "Oft hat Sophie Frost gebracht und manche Pflanze totgemacht", "Die kalte Sophie macht alles hie").

Bisher gelten die "Eisheiligen" bei den Wetterexperten als "Singularität" – es ist eines der regelmäßig wiederkehrenden Wetterphänomene wie auch der Märzwinter, die Hundstage oder der Altweibersommer. Dieses Jahr unterstreicht diese Einordnung.

Doch ob es auf Dauer so sein wird – da haben die Offenbacher DWDler ihre Zweifel. Viel spricht offenbar dafür, dass die aktuelle Maiwoche 2020 ein frostiger Ausreißer im allgemeinen Erwärmungstrend sein könnte.

Die Frage sei berechtigt, ob man eigentlich noch von einer "echten Singularität" sprechen könne, meinen die Meteorologen. Und erinnern daran: "Gelegentlich wurden die Eisheiligen bei Tageshöchsttemperaturen von über 25 Grad sogar zu 'Schweißheiligen'."

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