Folgen der Austrocknung des Oberrheins zwischen Nackenheim und Nierstein bei Mainz in Rheinhessen infolge der Hitzewelle in Europa im Sommer 2015
Schon im Sommer 2015 war der Oberrhein zwischen Nackenheim und Nierstein bei Mainz nach einer Hitzewelle ausgetrocknet. (Foto: Jivee Blau/​Wikimedia Commons)

Klimareporter°: Herr Lux, erleben wir gerade einen Jahrhundertsommer?

Gerhard Lux: Wenn man das auf die anhaltende Trockenheit und die durchgängig hohen Temperaturen seit April bezieht, haben wir sicherlich einen "Jahrhundertsommer". Er ist insgesamt trockener und wärmer als 2003, auch wenn wir zumindest bisher noch keine 40 Grad Celsius gemessen haben.

Was ist 2018 anders als im Hitzejahr 2003?

In vielerlei Hinsicht sind die beiden Jahre ähnlich. Damals waren allerdings vor allem der Südwesten und Süden Deutschlands tangiert, es gab mit 40,2 Grad neue Hitzerekorde in Karlsruhe und Freiburg. Diesmal liegt die Hitze über ganz Deutschland.

Dieser Sommer ist natürlich ein Einzelereignis. Im nächsten Jahr kann das wieder ganz anders sein, insofern lässt sich ein direkter Zusammenhang nicht beweisen. Aber das alles passt natürlich genau in unser Bild des Klimawandels und der zu erwartenden Änderungen der nächsten Jahrzehnte.

Schon vor 15 Jahren sprach ich von einer Mediterranisierung Deutschlands bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Unsere Klimaanalysen und die Extrapolationen in die Zukunft signalisieren nach wie vor eine generell zunehmende Häufigkeit von Witterungsperioden, wie wir sie gerade haben.

Sie wollen künftig, wenn Wetterextreme auftreten, über den jeweiligen Einfluss der Klimaveränderungen informieren. Wie genau können diese Angaben sein?

Diese Berechnungen sind noch experimentell. Jedoch versuchen wir über statistische Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, ob eine extreme Wettersituation ohne Klimawandel weniger extrem gewesen wäre.

Wie oft müssen wir in Zukunft mit Hitzesommern rechnen?

Hitzesommer gab es auch schon früher. Aber die Häufigkeit hat in Deutschland zugenommen – das zeigen unsere Analysen ganz klar. Jeder Sommer ist anders, deshalb kann ich auch nicht sagen, wie oft wir solche Verhältnisse zukünftig haben werden.

Das hängt ja auch entscheidend von den Randbedingungen ab. Wir wissen nicht, wie es mit den Klimaverträgen weitergeht, wir wissen auch nicht, welche Umweltpolitik China künftig einschlägt oder wann der Kohleabbau in Deutschland endet. Das alles bestimmt, wie stark der Klimawandel wird.

Gerhard Lux im Portrait

Zur Person

Der Geophysiker und Meteorologe Gerhard Lux arbeitet seit 1980 beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Er war unter anderem im Vorhersagedienst, in der Klimatologie und als Klima-Gutachter tätig. Lux hat zahlreiche wissenschaftliche Artikel sowie Beiträge für Fachbücher und Periodika geschrieben. (Foto: DWD)

Typisch deutsche Sommer werden seltener?

Ja, das zeigt sich schon seit Längerem. Die im letzten Jahrhundert in Deutschland typischen Sommer – meist feucht und überwiegend mäßig warm – sind seltener geworden. Spätestens seit den 1990er Jahren sind unsere Sommer eher überdurchschnittlich warm oder sehr warm, oft trocken mit zeitweisen gewittrigen Niederschlägen, gelegentlich auch unwetterartig.

Kann der Wetterdienst dazu beitragen, die Schäden durch Wetterextreme zu begrenzen?

Das macht der Deutsche Wetterdienst ja schon seit Anbeginn, durch immer präzisere Vorhersagen und Wetterwarnungen. Im letzten Jahr waren es rund 30.000 Warnungen, die wir herausgaben. Damit können wir die Schäden vielleicht nicht gänzlich verhindern, aber doch deutlich mindern. Das sagen auch die Versicherungen.

In der Bevölkerung ist das Bewusstsein, dass Wetter auch gefährlich sein kann, in den letzten Jahren stark gestiegen. Das erklärt auch ein wenig den großen Erfolg der Warn-Wetter-App des DWD, die vor Extremwetter warnt und Zusammenhänge erläutert.

Macht der Klimawandel die Wettervorhersage schwieriger – oder sogar leichter?

Ich denke, das macht für uns keinen großen Unterschied. Wetter ist Wetter, auch extremes Wetter gehört dazu.

Und wie ist Ihre Prognose für den Rest des Sommers?

Zumindest die nächste Woche bringt nach Gewittern dann auch vorübergehend etwas erträglichere Temperaturen. Danach ist derzeit noch keine grundlegende Änderung zu erkennen.

Also keine Entlastung für die Landwirtschaft, die Wälder, die Binnenschifffahrt?

Die nächsten Gewitter werden da und dort einige Niederschläge bringen, aber ich fürchte, an der allgemeinen Trockenheit ändert das alleine noch nichts. Die Böden sind staubtrocken, dann fließen Schauerniederschläge üblicherweise schnell oberflächlich ab und nur wenig davon können die Böden nutzen.

Anzeige