Holz liegt im Trend. Der nachwachsende Rohstoff gilt als CO2-neutral und klimafreundlich. Seine Nutzung verspricht eine günstige und effiziente Möglichkeit, die Treibhausgasemissionen zu senken und die Klimakrise einzudämmen.
Holz dient als Ersatz für fossile Brennstoffe und viele weitere Produkte, von der Papiertüte, die den Plastikbeutel ersetzt, über T-Shirts aus Holzfasern statt Baumwolle bis zu Häusern aus Holz statt Stahl und Beton. Wer Holz nutzt, so scheint es, rettet damit immer auch ein bisschen das Klima.
Der Holzverbrauch ist denn auch stark angestiegen. In der EU wuchs die Menge an "geerntetem" Holz, so der Fachbegriff, in den vergangenen 20 Jahren um 24 Prozent. Die Produktion von Brennholz legte sogar um 43 Prozent zu.
Holzöfen und Pelletheizungen boomen. Europa ist mittlerweile sowohl der weltweit größte Produzent von Holzpellets als auch der größte Importeur.
Auch der Papierverbrauch steigt. Und Kraftwerke nutzen vermehrt Holz als alternativen Brennstoff, um ihre CO2-Bilanz aufzubessern.
Erneuerbare Energien
Eine gute Übersicht hat die Bundeszentrale für politische Bildung mit Daten der Internationalen Energieagentur IEA zusammengestellt. Weltweit machen Biomasse, Biogas und biologisch abbaubare Abfälle demnach fast 70 Prozent der erneuerbaren Energien aus. Zur Biomasse wird auch Holz gezählt.
Befeuert hat den wachsenden europäischen Hunger nach Holz auch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU von 2009. Sie zählt zu den erneuerbaren Energien nicht nur Wind und Sonne, sondern auch Biomasse – und damit auch Holz. Und sie fordert explizit eine "verstärkte Mobilisierung bestehender Holzreserven".
Genau das ist geschehen. Der mit Abstand größte Anteil an den erneuerbaren Energien in der EU – nämlich fast zwei Drittel – macht inzwischen die Biomasse aus, die Hälfte davon Holz. Dagegen kommen Wind, Sonne, Geothermie sowie Gezeiten- und Wellenkraftwerke zusammen nur auf 21 Prozent, Wasserkraft auf 14 Prozent.
Die Energiewende in Europa – und weltweit – wird damit nicht zuletzt durch das Verfeuern von Holz, Abfällen und Biokraftstoffen angetrieben.
Doch die Nutzung von Holz ist keineswegs so klimafreundlich, wie vielfach angenommen wird. Wird Holz verbrannt, wird zwar nur das CO2 freigesetzt, das der Baum zuvor aufgenommen hat. Ein CO2-neutraler Energieträger ist Holz dennoch nicht.
Schlechte Klimabilanz
Wird Holz verbrannt, ist es keineswegs sauberer als fossile Brennstoffe. Weil es mehr Wasser enthält und eine niedrigere Brenntemperatur hat, entsteht dabei pro Kilowattstunde an produziertem Strom 1,5-mal so viel CO2 wie bei Kohle und dreimal so viel wie bei Gas.
Denn bei der Waldbewirtschaftung, bei Holzeinschlag, Transport und Verarbeitung wird fossile Energie verbraucht. Die Gesamtemissionen liegen so um 20 bis 25 Prozent höher als die bei der Verbrennung direkt verursachten Emissionen.
Zudem werden vor allem Laubbäume zu Brennholz verarbeitet. Sie haben eine höhere Holzdichte und damit auch einen höheren Kohlenstoffanteil als Nadelbäume.
Durch den steigenden Holzverbrauch ist auch der Anteil an kurzlebigen Holzprodukten gestiegen. Das im Holz gespeicherte CO2 wird so schon nach kurzer Zeit freigesetzt und belastet die Atmosphäre.
Weniger Holzeinschlag – mehr CO2-Speicherung
Und: Werden Wälder bewirtschaftet, was in Europa auf rund 90 Prozent der Waldflächen zutrifft, binden und speichern sie weniger Kohlenstoff als geschützte Wälder. Das gilt auch dann, wenn die Forstwirtschaft nachhaltig betrieben wird.
So ist es von der EU-Forststrategie vorgeschrieben, die im Rahmen des Green Deal im kommenden Jahr aktualisiert werden soll. In der Regel bedeutet das aber nur, dass der Holzzuwachs nicht vollständig entnommen wird.
Der Einsatz von schweren Erntemaschinen, die zur Bodenverdichtung und damit zur Freisetzung von besonders wirksamen Klimagasen wie Methan und Lachgas führen, ist hingegen nicht reglementiert.
Beispiel Deutschland
Laut Projektionsbericht der Bundesregierung von 2019 haben Deutschlands Wälder im Jahr 1990 noch 75 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent gespeichert. Durch die intensivierte Bewirtschaftung ist die Senkenwirkung auf derzeit nur noch elf Millionen Tonnen gesunken.
Der gesamte sogenannte LULUCF-Bereich (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft) hat sich im Zeitraum zwischen 2016 und 2020 von einer Senke in eine Quelle für Treibhausgase entwickelt. Die Senkenleistung des Waldes kann die Emissionen der anderen Landnutzungen (Ackerland, Grünland, Feuchtgebiete, Siedlungen) nicht mehr kompensieren.
Derzeit werden in der EU im Schnitt 77 Prozent des Holzzuwachses "geerntet". Damit können Europas Wälder 245 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus der Luft holen und speichern. Das sind etwa fünf Prozent der jährlichen EU-Emissionen.
Das Potenzial wäre aber um ein Vielfaches höher, wenn die aktuelle Bewirtschaftungspraxis geändert würde, wie nun eine Studie der gemeinnützigen Naturwald Akademie im Auftrag von Greenpeace zeigt.
Würde der Holzeinschlag um ein Drittel auf nur noch die Hälfte des Holzzuwachses sinken, könnten die Wälder demnach in den nächsten 30 Jahren jährlich doppelt so viel CO2 speichern und damit weit mehr zum Klimaschutz beitragen als heute.
Wenn nur noch etwa die Hälfte dessen, was im Wald jedes Jahr an Holz nachwächst, wieder entnommen wird, könnten die Wälder wieder natürlicher werden – und so auch eine größere Rolle als Kohlenstoffsenke spielen.
Langfristig gesehen wäre es sogar möglich, dass Europas Wälder 94 Milliarden Tonnen CO2 speichern. Heute sind es lediglich 36 Milliarden Tonnen. Auch der Import von Holzprodukten könnte dann zurückgehen und somit die Wälder anderer Länder entlasten.
Um die Forstwirte mit ins Boot zu holen, schlägt die Studie einen finanziellen Ausgleich vor – dafür, dass der Wald in Ruhe gelassen wird und so zu dem Klimaretter werden kann, der er heute nur auf dem Papier ist.