Sechs dampfende Kraftwerks-Kühltürme bei Nacht, aus der Entfernung über einen See aufgenommen.
Braunkohlekraftwerke wie hier in Jänschwalde liefen 2018 fast unvermindert durch. (Foto: Tobias Scheck/​Flickr)

Nach Jahren der Stagnation sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr 2018 erstmals gesunken. In einer vorläufigen Schätzung beziffert die Denkfabrik Agora Energiewende die Emissionen auf etwa 854 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das sind rund 50 Millionen Tonnen weniger als noch im Vorjahr – ein Rückgang um fast sechs Prozent.

Der Wert ist beachtlich. Nur 2009 sanken die Emissionen in Deutschland stärker. Im Jahr der globalen Wirtschaftskrise wurden 68 Millionen Tonnen CO2 weniger ausgestoßen als noch 2008.

Allerdings ist das gute Ergebnis zwiespältig, denn der Rückgang beruht nicht auf Klimaschutzpolitik. Stattdessen fiel der Energieverbrauch derart stark, dass er das Niveau von 1970 erreichte. Grund ist die milde Witterung im Winter mit einem entsprechend geringeren Heizbedarf. Auch ein leicht gesunkenes Produktionsniveau in Teilen der energieintensiven Industrien sowie vorübergehend stark gestiegene Ölpreise ließen die Emissionen zurückgehen.

Effizienzsteigerungen bei Gebäuden und in der Industrie trugen nur geringfügig zu den Einsparungen bei. "Der Emissionsrückgang rückt auf den ersten Blick zwar das Klimaschutzziel 2020 in greifbare Nähe, doch schon der nächste durchschnittlich kalte Winter und kleinere konjunkturelle Veränderungen werden die positive Entwicklung wieder zunichtemachen“, warnt Agora-Chef Patrick Graichen.

Das Klimaziel, Deutschlands Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, bleibt trotz der ausgesprochen guten 2018er-Bilanz unerreichbar. Schließlich müssten die Emissionen in den nächsten zwei Jahren noch um weitere 103 Millionen Tonnen sinken. Doch dass der Treibhausgasausstoß noch einmal so stark wie 2018 fallen könnte, damit rechnen die Agora-Experten aufgrund der unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen nicht.

Fast so viel Ökostrom wie Kohlestrom

Schon im Dezember hatte die AG Energiebilanzen bekannt gegeben, dass der Energieverbrauch 2018 voraussichtlich um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr sinken wird. Demnach ging der Verbrauch aller fossilen Brennstoffe zurück, während einzig die Erneuerbaren ihren Anteil am Energieverbrauch steigern konnten.

Am deutlichsten war der Rückgang bei der Steinkohle, deren Verbrauch 2018 um gut elf Prozent sank. Laut Agora Energiewende fällt die Steinkohle damit auf ihr niedrigstes Niveau seit 1949 und deckt nur noch zehn Prozent des Primärenergieverbrauchs ab. Als Grund nennt die Denkfabrik die steigenden CO2-Preise. 2018 lag der Preis für eine Tonne ausgestoßenes CO2 bei knapp 15 Euro im Jahresmittel – der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre.

Deutschlands Emissionen stagnierten in den letzten Jahren bis 2017 – das Absinken auf gut 850 Millionen Tonnen im Jahr 2018 reicht nicht aus, um das 2020er Ziel zu schaffen. (Grafik: Katja Hommel; Quelle/Daten: Umweltbundesamt)
Anders bei der Braunkohle: Sie kam fast unverändert auf 22,5 Prozent der Stromerzeugung. "Auf die Braunkohleverstromung werden die CO2-Preise mittel- bis langfristig keinen Einfluss haben, dazu sind ihre übrigen Kosten zu gering", meint Graichen. Es sei daher Aufgabe der Kohlekommission, bis zum Februar Wege vorzuschlagen, wie die Nutzung der Braunkohle Schritt für Schritt eingeschränkt werden kann.
 
Erstmals ist der Anteil der erneuerbaren Energien  an der Bruttostromerzeugung mit 35 Prozent fast genauso hoch wie von Braun- und Steinkohlekraftwerken zusammen. Mit höheren Werten bei den Erneuerbaren rechnet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW, der den Anteil auf 38 Prozent am Stromverbrauch bezifferte.
 
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