Blick auf das riesige Schaufelrad eines Abraumbaggers im Lausitzer Tagebau Welzow
Welche langfristigen Umweltfolgen das Baggern in den Braunkohletagebauen hat, wird erst nach und nach richtig deutlich. (Foto: Jens Seifert/​Wikimedia Commons)

Als im Mai 2017 noch niemand von einer Kohlekommission sprach, brachte der Ökostromanbieter Greenpeace Energy seinen Tarif "Solarstrom Plus" heraus. Wer den ordert, erhält die Zusage, dass zehn Prozent des Solarstroms direkt aus den Braunkohlerevieren der Lausitz und des Rheinlandes kommen.

Und für jede grüne Kilowattstunde legen die Kunden einen Fördercent drauf, damit in den Kohlerevieren neue Solaranlagen entstehen. So weit das tarifliche Versprechen.

Bislang entschieden sich 2.500 Verbraucher für "Solarstrom Plus", wie Greenpeace Energy Klimareporter° mitteilte. Ende 2017 befanden sich rund 10.000 Euro im Fördertopf, für Ende 2018 rechnet das Ökostromer mit 30.000 Euro.

Mit dem Geld wurde bislang der Bau eines Solardaches in Proschim – einem von Abbaggerung bedrohten Lausitzer Dorf – unterstützt.

Gerade würden neue Solarprojekte in den Tagebauregionen evaluiert und "teilweise voraussichtlich schon von Sommer an realisiert", kündigte Janne Andresen von Greenpeace Energy gegenüber Klimareporter° an. Inzwischen gehe auch ungefähr ein Viertel der rund 100 Kunden, die das Unternehmen monatlich neu gewinnen kann, auf das Konto von "Solarstrom plus".

"Schneller Kohleausstieg spart 28 Milliarden im Jahr"

Mit den noch recht bescheidenen Euroerträgen des Tarifs wird die am Dienstag erstmals tagende Kohlekommission weniger zu beeindrucken sein – diese Aufgabe sollte am Montag vor allem eine Studie übernehmen, die Greenpeace Energy bei der Denkfabrik Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in Auftrag gegeben hatte.

Deren Ergebnis: Durch einen schnellen Braunkohleausstieg ließen sich jährlich 27,9 Milliarden Euro für Schäden an Umwelt und Gesundheit sowie andere Kosten wie Subventionen und Vergünstigungen vermeiden.

Den größten Brocken an den 28 Milliarden machen dabei die Klimaschäden aus, die sich laut Studie auf rund 23 Milliarden Euro jährlich belaufen.

Wie FÖS-Studienautor Rupert Wronski erläuterte, berechnet die Studie die Klimakosten einer Tonne CO2 nicht mehr mit den bisher vom Umweltbundesamt (UBA) veranschlagten 80 Euro, sondern verwendet bereits die Angabe, die das UBA bei der laufenden Überarbeitung der Berechnungsmethoden selbst zugrunde legen wird. Demnach beziffert die Behörde die Klimaschäden jeder Tonne CO2 künftig mit 120 Euro.

Staatsgeld für Braunkohle

"Der Abbau und die Verstromung von Braunkohle profitiert in Deutschland von unterschiedlichen staatlichen Förderungen. Unter staatlichen Förderungen mit Budgetwirkung werden solche Regelungen verstanden, die direkte Auswirkungen auf den Staatshaushalt haben und somit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler an der resultierenden Finanzierungslast beteiligen. ... In Summe ergeben sich Förderungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro. Diese können größtenteils dem Bereich der Stromerzeugung zugerechnet werden."
(aus der Studie "Was Braunkohlestrom wirklich kostet")

Veröffentlicht werde diese Zahl aber voraussichtlich erst im zweiten Halbjahr 2018, räumte Wronski ein.

Gegenüber Klimareporter° bestätigt das UBA, dass derzeit die sogenannte Methodenkonvention zur Schätzung von Umweltkosten – aktuelle Version 2.0 – überarbeitet wird. Die neue Version 3.0 wird voraussichtlich im September veröffentlicht.

Die Analyse der neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse habe dazu geführt, dass das UBA in der neuen Version die Kostenschätzung nach oben korrigieren werde. Um diesem Trend auch schon vor der Veröffentlichung der neuen Methodenkonvention zu entsprechen, verwendet die Behörde, wie sie erläutert, schon jetzt den oberen Wert des in der Version 2.0 angegebenen Intervalls. Dies seien die 120 Euro je Tonne CO2, die für das Jahr 2010 gelten würden. Hochgerechnet auf das Jahr 2016 ergeben sich, einschließlich auch der Inflation, sogar 159 Euro je Tonne CO2.

Dass sich die Kosten offenbar auf so hohe Werte einpegeln, ist nicht verwunderlich. Je länger die Braunkohle genutzt wird, desto stärker treten ihre Ewigkeitslasten hervor. Die sind keineswegs nur klimapolitischer Natur. Was etwa die Rekultivierung betrifft, so ist sich auch FÖS-Experte Wronski sicher, dass einige Schäden erst im Laufe von bis zu 300 Jahren zu beseitigen sind. Die Schadenszahlen seien deswegen eher "konservativ". Es gebe große Risiken, mit denen keiner richtig rechne und für die noch keiner richtig zahle, betonte Wronski.

Insofern ist der in der FÖS-Studie gezogene Vergleich zwischen den Kosten der Braunkohle und denen der Erneuerbaren – und wie diese sich im Strompreis widerspiegeln – mit Vorsicht zu genießen. Legt man die 28 Milliarden auf jede erzeugte Kilowattstunde Braunkohlestrom um, würde sich diese um etwa 7,9 Cent verteuern. Die Studie vergleicht das mit der aktuellen EEG-Umlage von rund 6,9 Cent pro Kilowattstunde.

Die Förderung der Erneuerbaren nimmt sich da zumindest optisch preiswerter aus. Mit Centbeträgen allein – siehe Solarstrom-Tarif – lässt sich aber die Energiewende bestimmt nicht bezahlen.

Der Beitrag wurde um 14:30 Uhr aktualisiert (Stellungnahme des UBA)