Hier ist ein fahrendes Auto zu sehen
Automatisierte Mobilität wird erfolgreich sein, wenn sie Autos sparsamer macht. (Foto: Warren Randal Carr/​Pixabay)

Die Animation von Audi erinnert an Comics für Kinder aus den 1970er Jahren. Schon damals wurde von Roboterautos geträumt und einiges der heutigen Technik vorweggenommen. Zum Beispiel, dass Radar eine wichtige Rolle spielt. In der Animation des Autoherstellers gibt es nun drei Radargeräte mit unterschiedlichen Reichweiten vorne, außerdem zwei Radarsysteme hinten, dazu Frontkamera, Ultraschall-Sensoren, Navigationsgerät, Bordcomputer, Head-up-Display und vieles mehr.

Für all das zusammen hat Audi die etwas sperrige Bezeichnung pACC gewählt, für "prädiktive Adaptive Cruise Control". Das hört sich kompliziert an, muss es auch sein: Es geht um die Zukunft der Mobilität, um autonomes Fahren.

Eine der Grundannahmen lautet: Je höher die Automatisierung, umso größer der Nutzen für die Umwelt. Den Endpunkt der Entwicklung haben sich viele Wissenschaftler schon erstaunlich präzise ausgemalt. Das wäre das Robo-Car, das elektrisch angetrieben wird, auf Bestellung per Smartphone vorfährt, auf Sprachbefehle hört, die Passagiere sicher, zügig und leise zum Ziel bringt und dabei erheblich weniger Energie verbraucht als heutige Pkw mit Verbrennungsmotor. Überdies stammt diese Energie dann aus erneuerbaren Quellen. Der CO2-Ausstoß liegt deshalb nahe null.

Strittig ist allerdings, wann diese Vision Wirklichkeit wird. 2050 soll es spätestens so weit sein. Dann soll der Verkehr nämlich fast vollständig dekarbonisiert sein – so steht es zumindest in den Papieren der Bundesregierung zum Klimaziel. Und so ist es im Auftrag des Wirtschaftsministeriums unter anderem in der Studie "Renewbility III" von einem renommierten Kreis von Experten durchgespielt worden.

Was bringt der enorme Aufwand?

Viel spannender als das Ziel ist aber der Weg dahin. Alle großen Autobauer veranstalten derzeit einen Wettlauf ums autonome Fahren. Unter anderem BMW, Ford und Nissan wollen schon 2020 sogenannte Level-5-Autos auf die Straße schicken. Die sollen keine Lenkräder und keine Pedale mehr haben – der Autopilot macht alles, es gibt keinen Fahrer mehr, nur noch Passagiere (siehe Infokasten).

Stufen der Autonomie

Level 0 – driver only: Der Fahrer führt dauerhaft während der gesamten Fahrt die Längsführung (Beschleunigen/​Verzögern) und die Querführung (Lenken) aus.

Level 1 – assistiert: Der Fahrer führt dauerhaft entweder die Quer- oder die Längsführung aus. Die jeweils andere Fahraufgabe wird in gewissen Grenzen vom System ausgeführt. Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen. Der Fahrer muss jederzeit zur vollständigen Übernahme der Fahrzeugführung bereit sein.

Level 2 – teilautomatisiert: Das System übernimmt Quer- und Längsführung für einen gewissen Zeitraum oder in spezifischen Situationen. Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen und jederzeit zur vollständigen Übernahme der Fahrzeugführung bereit sein.

Level 3 – hochautomatisiert: Das System übernimmt Quer- und Längsführung für einen gewissen Zeitraum in spezifischen Situationen. Der Fahrer muss das System dabei nicht überwachen. Der Fahrer kann mit ausreichender Zeitreserve zur Übernahme der Fahraufgabe aufgefordert werden. Das System kann das Fahrzeug noch nicht in allen Situationen gefahrlos stoppen.

Level 4 – vollautomatisiert: Das System übernimmt Quer- und Längsführung vollständig in einem definierten Anwendungsfall. Der Fahrer muss das System dabei nicht überwachen. Vor dem Verlassen des Anwendungsfalls fordert das System den Fahrer mit ausreichender Zeitreserve zur Übernahme der Fahraufgabe auf. Erfolgt dies nicht, wird der Wagen mit möglichst geringen Risiken gestoppt.

Level 5 – fahrerlos: Außer dem Festlegen des Ziels und dem Starten des Systems ist kein menschliches Eingreifen erforderlich. Es müssen unter anderem redundante Antriebssysteme vorhanden sein.

Quellen: Bundesamt für Straßenwesen, ADAC

Derzeit geht es dagegen noch um Assistenzsysteme, die zusammengeschaltet werden und teilautonomes Fahren erlauben. Bei Audi werden nach den Worten eines Unternehmenssprechers "prädiktive Streckendaten aus der Navigationsdatenbank mit Informationen der bordeigenen Sensoren kombiniert". Der Effizienzassistent arbeite eng mit der "Adaptive Cruise Control" zusammen und passe dabei automatisch die Geschwindigkeit vorausschauend dem Straßenverlauf und der Verkehrssituation an, mit dem Ziel möglichst effizient zu fahren.

Die Animation zeigt, wie sich der Wagen im maßvollen Tempo einer Kurve nähert. Übertriebenes Beschleunigen und heftiges Abbremsen soll vermieden werden. Der Abstand zum Vorausfahrenden wird gewahrt. Kameras erkennen Schilder mit Geschwindigkeitsbeschränkungen, und der Bordcomputer sorgt dafür, dass die Limits eingehalten werden. Dabei wird der Freilauf des Automatikgetriebes automatisch zu- und abgeschaltet. Segelbetrieb wird das genannt.

Was bringt der enorme Aufwand, der gegen Aufpreis schon länger zu haben ist? Präzise Angaben will der Audi-Sprecher nicht machen. Aber über den Daumen gepeilt gehe es um eine Einsparung von etwa 0,7 Litern pro 100 Kilometer. Das hänge aber vom Naturell des Fahrers ab. Er hat nämlich eine Reihe von Einstellungsvarianten, kann unter anderem dem Straßenverlauf langsam, moderat oder schnell folgen.

Eine Reihe von Schritten zum autonomen Fahren sei bereits zurückgelegt, so der Audi-Sprecher. Weitere würden folgen. Schließlich haben die Ingolstädter schon vor einigen Monaten den neuen Audi A8 vorgestellt, der mit dem "weltweit ersten System für hochautomatisiertes Fahren auf Level 3" ausgestattet ist.

Zurzeit bewege sich Audi bei der Entwicklungsarbeit an diesem "Staupiloten" in einem Wechselspiel zwischen den Erkenntnissen aus der Erprobung und den Anforderungen, die nationale Gesetzgeber und Zulassungsbehörden für das hochautomatisierte Fahren im jeweiligen Markt definieren.

Der Staupilot erfüllt die Fahraufgabe vollständig, sofern die "Umgebungsbedingungen" stimmen, so Audi. Beim A8 soll diese Funktion zunächst aber nur im zähflüssigen Verkehr auf der Autobahn und bis maximal Tempo 60 aktiviert werden können. Dass dies auch den Spritverbrauch optimieren soll, wird dabei als selbstverständlich mitgedacht.

Energieverbrauch könnte sich halbieren, aber auch steigen

Das trifft die Erwartungen der Autofahrer. Aus einer im April vorgelegten Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom und des Tüv geht hervor, dass die Bundesbürger – nach mehr Sicherheit – einen geringeren Energieverbrauch und geringere Umweltbelastungen als zweitwichtigsten Punkt beim autonomen Fahren ansehen.

Der Umkehrschluss dürfte lauten: Automatisierte Mobilität wird erfolgreich sein, wenn sie Autos sparsamer macht und etwas für Umwelt und Klima bringt.

Wobei die Dimension der Öko-Effekte sehr schwer zu kalkulieren ist. Es handelt sich um eine Gleichung mit vielen Unbekannten, da sich die Elektromobilität als zweite disruptive technologische Entwicklung mit der Automatisierung des Verkehrs überlagern wird – beide Entwicklungen können sich wechselseitig befruchten.

Kein Wunder, dass sich die Autoren der Renewbility-Studie angesichts dieser Komplexität zu keinen konkreten Aussagen durchringen konnten. Man rechne zwar mit einer "Verbesserung der verkehrlich bedingten Emissionen" durch autonome Mobilität. Es seien bislang aber "kaum belastbare Aussagen und Quantifizierungen der Wirkung" möglich, heißt es in dem umfänglichen Papier.

Mutiger waren Forscher der University of Michigan, die zusammen mit Experten des Autobauers Ford verschiedene Szenarien mit vollautomatisierten Level-4-Fahrzeugen durchgespielt haben. Dort greift der Fahrer nur noch in Ausnahmefällen ein.

Herausgekommen ist eine extrem weite Spanne für das Jahr 2050: Der gesamte Energieverbrauch der Autos könne sich in den USA mehr als halbieren. Er könne aber auch um bis zu 20 Prozent steigen, was eine Erhöhung der Treibhausgasemissionen im gleichen Maß nach sich ziehen würde.

Der Hintergrund: Durch die Automatisierung können sich auch Ältere und Menschen mit Handicaps, vielleicht auch Kinder mit Autos fortbewegen. Und zumindest in den USA werden höhere Geschwindigkeiten auf Autobahnen erreichbar, weil autonome Wagen dort sicherer fahren können als Menschen, die häufig Tempolimits missachten oder zu wenig Abstand halten. Alle Experten gehen davon aus, dass vollautomatisierte Fahrzeuge erst dann von den Behörden genehmigt werden, wenn Unfälle wie jüngst mehrfach bei Testfahrten in den USA auszuschließen sind.

Andererseits, so die Forscher, sei eine spürbare Reduzierung von Emissionen und Energieverbrauch um bis zu 16 Prozent möglich, wenn die Bordcomputer mit Öko-Fahrprogrammen arbeiten.

Die positiven Effekte für die Umwelt verstärken sich massiv, wenn das automatisierte Fahren mit einem elektrischen Antrieb kombiniert wird. Dieser allein könne schon die Treibhausgas-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Pkw um 40 Prozent reduzieren, im Zusammenspiel könnten zusätzlich ganz neue, effizientere Bauweisen entstehen.

Systeme optimieren statt nur Einzelfahrzeuge

Die US-Wissenschaftler machen überdies darauf aufmerksam, dass die Fahrzeuge nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Unter anderem wird das Stichwort "Platooning" genannt. Schon seit mehr als zehn Jahren experimentieren auch deutsche Autobauer wie Daimler und Volkswagen damit, Fahrzeuge elektronisch zu Verbünden zusammenzuspannen, was extrem kurze Abstände möglich macht.

Ein Effekt ist eine effizientere Nutzung des Straßenraums, die den Verkehr sowohl in der Stadt als auch auf der Autobahn flüssiger machen kann. So ist zwar mehr Verkehr möglich, hinzu kommt aber, dass mit Platoons durch das Windschattenfahren – besonders auf Fernstraßen und bei Lastwagen – Sprit gespart werden kann.

Die Ingenieure der Autobauer denken noch weiter. Wenn Fahrzeuge vernetzt werden und miteinander kommunizieren, dann sei der nächste plausible Schritt, so der Audi-Sprecher, eine umfassende Verkehrslenkung.

Aus den Fahrzeugdaten, inklusive der geplanten Stecke, wird das Verkehrsgeschehen beispielsweise auf dem Autobahnring einer Großstadt hochgerechnet und dann so gesteuert, dass Staus möglichst vermieden werden und ein zügiger, gleichmäßiger Verkehrsfluss entsteht. Das ist das Ideal von Verkehrsplanern, denn so kann nicht nur die Zahl der durchgeleiteten Fahrzeuge maximiert, sondern auch der Energieverbrauch optimiert werden.

Damit ist aber theoretisch noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. In einem vielzitierten Aufsatz haben die beiden US-Forscher Jeffrey Greenblatt und Samweg Saxena vom Lawrence Berkeley National Lab schon 2015 die Vision eines Verkehrs mit vollautonomen (Level 5), elektrisch angetriebenen Taxis entwickelt, die per Carsharing genutzt werden.

Das Resultat: Schon 2030 könnten pro Fahrzeug die Treibhausgas-Emissionen um 87 bis 94 Prozent im Vergleich zu einem Auto mit Verbrennungsmotor gedrückt werden. Bei Hybridantrieben seien immerhin Reduktionen bis zu 84 Prozent machbar. Und die Autoren machen darauf aufmerksam, dass dabei noch nicht einmal Kollateraleffekte berücksichtigt seien.

Dieser Hinweis zielt auf die ebenfalls vielfach erwähnte "Lissabon-Studie", die im Auftrag der OECD im gleichen Jahr vorgelegt wurde. Die Untersuchung, zu der inzwischen zwei Nachfolge-Studien erschienen sind, hatte ergeben: Bei einer Komplettumstellung auf Carsharing mit Level-5-Pkw kann der Fahrzeugbestand in der portugiesischen Hauptstadt auf ein Zehntel geschrumpft werden. 

Das schafft Platz, weil Tausende Parkplätze frei werden. Was es für die Umwelt bringen kann, ist bislang nur in Ansätzen durchdacht worden. Frei gewordene Flächen können einerseits begrünt werden und so das Mikroklima verbessern.

Sie könnten aber auch genutzt werden, um innerstädtischen Verkehr zugunsten umweltfreundlicher Verkehrssysteme neu zu sortieren, sagt Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des Umweltverbands BUND. Das könnte zu mehr und besseren Radspuren führen oder zum Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, etwa mit Straßenbahnen – solche Angebote würden ohnehin verstärkt benötigt, und geteilte Fahrzeuge jeder Art sollten diese dann sinnvoll ergänzen. Der Effekt liegt jedenfalls auf der Hand: Die vielfach zu hohe Belastung mit Luftschadstoffen ließe sich deutlich reduzieren.

Automatik spart CO2 – aber nicht so schnell

Michael Krail vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe bezeichnet indes Studien wie die von Greenblatt/Saxena und die zu Lissabon als "Maximalszenarien". Zunächst einmal sei Level 5 eine sehr ehrgeizige Vorgabe. Die technischen Anforderungen an solche fahrerlosen Fahrzeuge seien extrem hoch und Level-5-Autos deshalb auch zukünftig noch verhältnismäßig teuer.

Deshalb geht Krail für 2030 höchstens von einem kleinen Anteil an Level-4-Fahrzeugen aus, aber auch davon, dass dann immer noch mehr als die Hälfte der Pkw dem Level 0 angehört, wo die Fahrer nach wie vor alles selbst machen und damit auch immer wieder unpassendes Fahrverhalten an den Tag legen.

Das Problem dabei: Die Vermischung von automatisiertem und manuellem Fahren sabotiert die viel beschworene optimal-effiziente Steuerung des Verkehrsflusses auf Autobahnringen und anderswo. "Der Faktor Mensch muss berücksichtigt werden", so Krail.

Der ISI-Forscher geht unterdessen auch davon aus, dass 2030 zwischen drei und sechs Millionen Elektro-Pkw – einschließlich Plug-in-Hybriden – auf den deutschen Straßen unterwegs sind. Dabei spielt eine Rolle, welchen Strom sie tanken. Kommt er aus dem Netz, wären dann gemäß den Zielen der Bundesregierung 65 Prozent der Elektrizität klimaneutral, weil aus erneuerbaren Quellen stammend.

Bei den schweren Lkw unterstellt Krail, dass diese 2030 immer noch fast komplett mit Dieselmotoren fahren, aber dank Automatisierung deutlich effizienter unterwegs sind – auf Autobahnen zunehmend in den besagten Platoons. Das alles könne den Spritdurst der Nutzfahrzeuge um bis zu 17 Prozent drücken.

Insgesamt hält es der Fraunhofer-Wissenschaftler für möglich, dass in zwölf Jahren der Treibstoffverbrauch auf deutschen Straßen um durchschnittlich acht Prozent niedriger liegt als heute. Der CO2-Ausstoß könne dann um rund fünf Millionen Tonnen reduziert werden.

"Das hört sich vielleicht nach wenig an, wäre aber ein großer Schritt für den Verkehrssektor", sagt Krail. Denn der habe bislang praktisch keinen Beitrag zum Klimaschutz geleistet.

Das gesamte deutsche Verkehrssystem bläst derzeit insgesamt 165 Millionen Tonnen pro Jahr in die Luft – etwa so viel wie 1990. Diese Menge soll bis 2030 um 40 bis 42 Prozent gedrückt werden, auch das hat sich die Bundesregierung vorgenommen. Wenn ISI-Forscher Krail richtig liegt, ließen sich also bis dahin gut sieben Prozent der CO2-Einsparung im Verkehr durch das automatisierte Fahren erbringen.