Autonomes Auto
Ein frühes automatisches Auto von Google, das sicher nichts Böses im Sinn hat. (Foto: Marc van der Chijs/​Google/​Flickr)

Autonome Autos? Automatisiertes Fahren? Zumindest im am Montag beschlossenen Klimakonzept der Union fehlen die beiden Stichworte nicht. Eine Förderung "autonom und automatisiert fahrender Fahrzeuge" werde künftig für einen Gewinn an Mobilität sorgen, steht bei der CDU zu lesen.

Bei den anderen Regierungsparteien spielt der mögliche Klimaschutz durch künftig fahrerlose Fahrzeuge eine eher untergeordnete Rolle. Viel stärker geht es da um Sicherheit und weniger Staus.

Letzteres ist im Autoverkehr der Zukunft problemlos möglich. Denn dann zuckeln alle auf der Autobahn mit Tempo 80 dahin, in den Städten mit Tempo 20. Gegenüber heute sind die Sicherheitsabstände verdoppelt.

Was nach einer Autohasser-Idee klingt, ist ein Szenario des Verkehrswissenschaftlers Bernhard Friedrich von der TU Braunschweig, in dem die deutschen Pkw- und Lkw-Nutzer allesamt nicht mehr selbst, sondern vor allem mit Robo-Autos fahren, vollautomatisiert also.

Friedrichs Szenario steigert die Kapazität der Straßen maximal – im Vergleich zu heute auf Autobahnen um 80 Prozent und in den Städten um 40 Prozent. Dafür verlängern sich die Reisezeiten.

Wirklichkeit werden kann das Maximal-Szenario aber erst in gut dreißig Jahren. Denn der positive Effekt der automatisierten Autos auf die Straßen-Kapazität entsteht erst mit dem sogenannten Platooning. In Echtzeit sollen dann alle Fahrzeuge, die unterwegs sind, miteinander kommunizieren und ihre Fahrten optimal aufeinander abstimmen.

Das klappt jedoch nur, wenn der Anteil der Platooning-Fahrzeuge bei Pkw wie Lkw genügend hoch ist. "Dieser Effekt wird erst nach dem Jahr 2050 erreicht", heißt es in einer im Januar 2019 veröffentlichten Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums zum automatisierten und vernetzten Fahren.

Zusätzlicher Verkehr wird erzeugt

Erst ab 2030, sagt die Studie voraus, werden in Deutschland die ersten wirklich automatisierten Fahrzeuge im realen Verkehr unterwegs sein. Dann sinkt allerdings zunächst die Kapazität der Straßen. Der Grund: Automatisierte Fahrzeuge müssen einen größeren Sicherheitsabstand zu nicht automatisierten einhalten, als dies der menschliche Fahrer in der Regel tut – so die Studie.

Anders gesagt: Solange automatisierte und menschlich gelenkte Fahrzeuge parallel unterwegs sind, wird es erst einmal enger auf den Straßen. Für Los Angeles errechnete die Unternehmensberatung McKinsey kürzlich, dass Robotaxis und Shuttles den Einsatz privater Fahrzeuge bis 2030 um bis zu 20 Prozent senken können. Im gleichen Zeitraum aber steigen die gesamten jährlich in Los Angeles zurückgelegten Personenkilometer von derzeit 100 Milliarden bis auf 120 Milliarden.

Automatisierte Autos ersetzen zwar, schreibt McKinsey, herkömmliche private Pkw, "erzeugen" aber auch neue Fahrten: durch mehr Komfort, eine bessere Verfügbarkeit sowie erschwinglichere Preise für Personen mit und auch ohne Führerschein.

In Los Angeles, wo der öffentliche Verkehr wenig ins Gewicht fällt, werden die Robotaxis wohl immerhin viele private Pkw verdrängen. In Städten wie Berlin kann das ganz anders aussehen. Welche Vorteile das automatisierte Fahren bringt, hängt am Ende davon ab, welche Art von Verkehrsverlagerung stattfindet, heißt es bei der Beratungsgesellschaft M-Five, Mitautorin der Studie für das Wirtschaftsministerium.

Striktes Straßenraum-Management nötig

In ländlicheren Regionen könnten die automatisierten Autos, sofern sie Teil des öffentlichen Verkehrs sind, nach Ansicht der Experten Fahrten bündeln und Leerfahrten ersetzen. Im städtischen Raum könnten sie als Zubringer dienen, wenn größere Fahrzeuge nicht sinnvoll sind, etwa in engen Straßen und in verkehrsschwachen Randzeiten.

"Um der Mobilitätsexplosion, die das automatisierte Fahren birgt, vorzubeugen, muss der Umweltverbund und vorrangig der Fuß- und Radverkehr jetzt so schnell wie möglich massiv ausgebaut werden", verlangen die M-Five-Berater. Dazu sei vor allem ein konsequentes Straßenraum-Management notwendig. Es gelte, den Parkraum zu erfassen, zu kategorisieren und dann angemessen zu bepreisen, um damit den Ausbau des Umweltverbundes zu finanzieren. Letztlich liege es in der Hand der Politik, ob die Automatisierung Fluch oder Segen der Verkehrswende wird, betonen die Experten von M-Five.

Covering Climate Now

Klimareporter° beteiligt sich wie rund 250 andere Zeitungen und (Online-) Magazine weltweit an der Initiative "Covering Climate Now". Die teilnehmenden Medien verpflichten sich, vor allem in der Woche vor dem New Yorker UN-Klimagipfel am 23. September über die Klimakrise zu berichten. Wir freuen uns über die Bewegung in der Medienlandschaft. Klimaschutz braucht guten und kritischen Journalismus.

Für den Klimaschutz wird laut den Forschern zunächst vor allem beim Lkw-Verkehr etwas herausspringen. Automatisierte Abläufe führten zu einem sparsameren Fahrstil, einem optimierten Bremsen und Beschleunigen und zu einer besseren Auslastung des Motors. Bis 2030 könnten so jährlich in Deutschland 4,1 bis 4,6 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Bis 2050 könnten durchs automatisierte Fahren die gesamten Verkehrsemissionen in Deutschland jährlich um rund zehn Prozent sinken, so die M-Five-Experten. Das sei in der Verkehrswelt "unglaublich viel".

Das ist sicher richtig, denkt man an die bisherige Null-Einsparung bei den Verkehrsemissionen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) soll jedenfalls in seinem Konzept für das Klimakabinett die Digitalisierung, die mehr ist als automatisiertes Fahren, mit einer Einsparmenge von fünf Millionen Tonnen CO2 jährlich veranschlagt haben.

Die in den Roboautos verwendete Sensor-Technologie hat übrigens, wie zu hören ist, die Eigenschaft, bei Tempo 110 bis 120 besonders sicher zu funktionieren. Rasen dürfte damit weitgehend passé sein. Für Fans eines Tempolimits ginge mit der Auto-Automatisierung dann wohl ein Traum in Erfüllung.

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