Grafischer Schnitt durch Meer und Land mit schematischer Darstellung verschiedener Geoengineering-Technologien.
Strahlungsmanagement oder "solares Geoengineering" ist nur eine der vorgeschlagenen Großtechnologien gegen die Erderwärmung. (Grafik: Rita Erven/​IFM Geomar/​Kiel Earth Institute)

Beim solaren Geoengineering werden Aerosole, etwa Schwefeldioxid (SO2), in der Atmosphäre ausgebracht, um das Sonnenlicht zu dimmen und so das Klima zu kühlen.

Dass das im Prinzip funktioniert, konnte man nach dem Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991 beobachten. Der Vulkan schleuderte riesige Mengen Schwefel in die Stratosphäre, die dort die globale Durchschnittstemperatur um ein halbes Grad reduzierten – allerdings nur für ein, zwei Jahre.

Ein solcher Effekt wird nun auch im Zusammenhang mit dem aktuellen Ausbruch des Vulkans Hunga Tonga–Hunga Ha'apai diskutiert. Die Eruption war nach Ansicht von Experten die weltweit stärkste seit 30 Jahren.

Erste Daten hätten gezeigt, dass es seit dem Pinatubo-Ausbruch keine derart heftige Eruption gegeben habe. Bisher reiche aber die Menge des ausgestoßenen Schwefeldioxids nicht, um die Sonneneinstrahlung so stark zu dämpfen, dass es auf der Erde messbar kälter wird.

Derartige Schwefelmengen von Flugzeugen aus zu versprühen, würde vergleichsweise wenig kosten. "Aerosole in der Stratosphäre auszubringen ist so billig, dass es Dutzende Länder gibt, deren Haushalt für die Luftwaffe alleine ausreichen würde", sagte der Klimaökonom Gernot Wagner gegenüber Klimareporter°. Deshalb sei die Frage "nicht ob, sondern wann" das auch gemacht werde.

Genau das wollen nun Wissenschaftler mit einem internationalen Abkommen verhindern. In diesem Staatsvertrag würden sich die Länder dazu verpflichten, weder die Erforschung noch den Einsatz des solaren Geoengineerings finanziell zu unterstützen.

Ein solches Verbot wäre nicht neu: Es ist etwa verboten, am Südpol Rohstoffe abzubauen, ozonschädigende Gase zu emittieren oder Abfälle im Meer zu entsorgen.

Die größte Sorge bereitet den etwa 50 Wissenschaftlern, dass "solares Geoengineering im Rahmen des derzeitigen internationalen politischen Systems nicht auf eine global integrative und gerechte Weise geregelt werden kann."

Der Initiator des Aufrufs, der Politikwissenschaftler Frank Biermann von der Universität Utrecht, sagt: "Der Einsatz von solarem Geoengineering ist auf faire, demokratische und effektive Weise nicht zu regeln." Denn dazu müsste die Menschheit gemeinsam festlegen, wie stark und für wie lange das Klima gekühlt wird und wie Menschen und Länder entschädigt werden, denen dadurch ein Nachteil entsteht.

Gefahr internationaler Konflikte

Als weitere Gefahr sehen die Wissenschaftler, dass weniger für die Reduktion der Treibhausgasemissionen getan wird als möglich, solange die Option "Geoengineering" nicht formell ausgeschlossen ist.

"Solares Geoengineering lenkt von der Ursache für die Klimakrise ab", sagt Dirk Messner, Präsident des deutschen Umweltbundesamtes und Mitunterzeichner des Aufrufs. "Wir müssen aufhören, Öl, Kohle und Gas zu verfeuern. Nur so können wir die Überhitzung des Planeten aufhalten."

Und schließlich besteht die Gefahr internationaler Konflikte. Wenn einzelne Länder das Klima mittels Geoengineering kühlen, könnten andere Länder das Klima absichtlich aufheizen, um diesen Effekt zu konterkarieren. Länder mit unterschiedlichen Interessen würden dann in gegensätzliche Richtungen am Thermostat der Erde drehen.

Dass es Regeln für gezielte Eingriffe in das Weltklima geben sollte, ist weitgehend Konsens. Ob der Einsatz von Geoengineering oder sogar die Erforschung verboten werden sollen, ist hingegen umstritten. Janos Pasztor, Chef der Carnegie Climate Governance Initiative und früherer stellvertretender UN-Generalsekretär, sagt etwa: "Es ist an der Zeit, darüber zu sprechen, wie die wahrscheinliche Überschreitung von 1,5 Grad Erwärmung bewältigt werden kann."

Derzeit liefen dazu Verhandlungen hinter den Kulissen, um Geoengineering im kommenden Jahr zum ersten Mal in der UN-Generalversammlung zu diskutieren. Dort werde dann die zentrale Frage sein: "Sind die Risiken einer zwei Grad wärmeren Welt schlimmer als die Risiken des Geoengineerings?" Erste Anhaltspunkte könnte hier bereits ein Bericht des Weltklimarats IPCC liefern, der Anfang April erscheinen soll.

Die Forderung nach einem Verbot von Geoengineering scheint somit nur einer von mehreren Standpunkten in einer zunehmend hitzigen Diskussion zu sein.

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