The Ocean Cleanup Prototype
Seit dem Prototyp von 2018 wurde die Technik weiterentwickelt. (Bild: Erwin Zwart/The Ocean Cleanup)

Ozean-Säuberung zum Discount-Preis? Glaubt man dem Niederländer Boyan Slat, ist das möglich. Der Gründer und Chef der Umweltorganisation "The Ocean Cleanup" behauptet, der größte der Plastikmüll-Strudel in den Weltmeeren, genannt Great Pacific Garbage Patch, könne mit der von seiner Firma entwickelten Technologie binnen zehn Jahren beseitigt werden – und zwar für nur 7,5 Milliarden US-Dollar, umgerechnet 6,8 Milliarden Euro.

Slats Organisation arbeitet seit elf Jahren an einem Verfahren, um die Vermüllung der Meere mit Plastik zu beseitigen. Der "Plastikfischer" berichtetete nun in San Francisco von Fortschritten, die mit der Sammeltechnik gemacht worden seien. Das "System 03", das einen 2,25 Kilometer langen Ausleger verwendet, um Plastik in ein Sammelnetz zu schaufeln, habe in letzten Jahr auf 22 Fahrten eine Fläche von rund 17.000 Quadratkilometern gereinigt und dabei 450 Tonnen Kunststoffmüll aufgenommen.

Das entspricht einem halben Prozent der Gesamtmenge. Slat betonte jedoch, der Erfolg mit System 03 beweise, dass die neue Technologie die Aufgabe erfüllen könne. "Die Ergebnisse der letzten zwölf Monate haben gezeigt, dass wir den Great Pacific Garbage Patch in zehn Jahren auf verantwortungsvolle Weise mit Kosten von 7,5 Milliarden US-Dollar säubern können", sagte er.

Auf den Weltmeeren haben sich in den letzten Jahrzehnten mehrere riesige Plastikstrudel gebildet, von denen der im Pazifik der größte ist. Er wurde vor 25 Jahren dort entdeckt, zwischen Hawaii und der Westküste der USA. Hier sammelt sich an der Wasseroberfläche ein Teil der Millionen Tonnen an Alt-Kunststoff, die Jahr für Jahr in die Weltmeere gelangen – von Plastiktüten über Flaschen und Eimer bis zu Fischernetzen.

Erfinder spricht von überraschenden Erkenntnissen

Slat hatte die Idee für sein Projekt "The Ocean Cleanup" bereits 2012 als 17-jähriger Schüler entwickelt. Finanziert wurde es anfänglich vor allem durch Crowdfunding und Gelder der niederländischen Regierung, später gab es auch Großspenden, so steuerte der Airbnb-Mitbegründer und Milliardär Joe Gebbia umgerechnet rund 23 Millionen Euro bei.

Die Idee von Slat, war es, den Plastikmüll mit einem 600 Meter langen, U‑förmig gebogenen Rohr, das auf dem Wasser schwimmt, zusammenzutreiben, ihn dort aufzusammeln und mit Schiffen an Land zu bringen – zum Recycling oder zur Energiegewinnung durch Verbrennung. Nach ersten Erfolgen mit Prototypen im Atlantik gab es im großen Pazifik-Strudel mehrfach Rückschläge. Inzwischen aber scheint die Methode mit "System 03" zu funktionieren.

Die aktuellen Müllsammel-Aktionen hätten einige überraschende und ermutigende Ergebnisse gebracht, so Slat, der inzwischen Ingenieur ist. So bestünden 92 Prozent des gesammelten Plastiks immer noch aus relativ großen Stücken, statt in Mikroplastik zerfallen und in die Nahrungskette im Meer zu gelangen.

Zudem hätten einige der gefundenen Kunststoffteile noch aus den 1960er Jahren gestammt – ein Beleg dafür, wie lange das Problem schon vernachlässigt wurde. Slat betonte, drei Milliarden Menschen weltweit seien auf die Meere als Hauptproteinquelle angewiesen, daher sei es wichtig, sie möglichst sauber zu halten.

Erfasst wird nur, was oben schwimmt

Wie gut die Chancen von Slat sind, die für den Pazifik-Strudel nach seinen Angaben nötigen 7,5 Milliarden Dollar aufzutreiben, ist offen. Der Niederländer wies lediglich darauf hin, dass diese Summe nur etwa ein Prozent der jährlichen Nettogewinne der weltweiten Plastik-Produzenten entspreche.

Neue Techniken könnten die Reinigung laut dem Ocean-Cleanup-Team sogar noch günstiger machen, darunter der Einsatz von Flugdrohnen, um die größten Müllzonen zu erkennen, und von GPS-Bojen, um ihre Bewegung zu verfolgen. Wenn das funktioniere, könne die Operation sogar nur fünf Jahren dauern und vier Milliarden Dollar kosten, hieß es. "Das Einzige, was zwischen uns und sauberen Ozeanen steht, ist Geld", sagte Slat.

Ob das Plastikfischen wirklich zu diesem Discountpreis möglich ist, lässt sich von außen kaum bewerten. Meeresfachleute hatten von Anfang an bezweifelt, ob Slats System so viel Plastik einsammeln kann, dass die riesigen Müllteppiche in den Ozeanen wirklich wieder beseitigt werden können.

Kritisiert wurde, dass es immer wieder Plastikmüll-Nachschub gibt, und zweitens, dass ein Teil des Kunststoffs mit Slats System gar nicht erfasst werden kann, weil der Müll sich unter Einwirkung von Sonne, Salzwasser und Wellengang zerreibt und als Mikroplastik in tiefere Wasserschichten sowie auf den Meeresboden sinkt.

 

Immerhin hat Slat enormes Durchhaltevermögen gezeigt und sich von den Rückschlägen nicht entmutigen lassen, sodass er nun seinen Vorschlag für den Pazifikstrudel unterbreiten kann.

Auch das Problem des "Plastik-Nachschubs" will der Niederländer mit seiner gemeinnützigen Organisation angehen, wenn auch nicht an der Quelle. The Ocean Cleanup baut inzwischen solarbetriebene Plastiksammelkähne für 19 der am stärksten verschmutzten Flüsse der Welt, um zu verhindern, dass Plastik über diesen Weg in die Ozeane gelangt.

Die als Stiftung eingetragene Organisation verfügt inzwischen über ein 140-köpfiges Team und hat ihren Hauptsitz in Rotterdam. Im vergangenen Jahr kam ein erstes regionales Büro in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur hinzu.