Windkraftausbau: Der Transport der immer größer werdenden Anlagen sorgt für wachsende Probleme. (Bild: Mark Mühlhaus/​Attenzione Photographers/​Windwärts)

Einen neuen Zahlenvergleich für den Ausbau der Windkraft an Land brachte heute Kerstin Andreae, Chefin des Energiebranchenverbandes BDEW, unter die Leute. Derzeit würden pro Woche in Deutschland zehn Windkraftanlagen gebaut – nötig für die Ausbauziele wären aber 30, rechnete Andreae nach Abschluss des zweiten "Windgipfels" am heutigen Dienstag vor.

Auf dem Gipfel hatte das Wirtschaftsministerium mit rund 100 Vertretern von Bund und Ländern, aus der Branche selbst sowie weiteren Beteiligten den schon Ende März vorgelegten Entwurf einer Windenergie-an-Land-Strategie diskutiert.

Für die Strategie seien um die 160 Vorschläge eingegangen, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Gipfelende. Sein Haus werde jetzt in die Details einsteigen und dafür Sorge tragen, dass die Genehmigungsverfahren leichter und schneller werden.

Weil das Ausbautempo aber noch immer um fast zwei Drittel unter dem Notwendigen liegt, wird es der Ampel-Regierung das ursprüngliche Ziel verhageln, bereits in diesem Jahr bis zu 10.000 Megawatt Onshore-Windkraft neu ans Netz zu bringen.

2022 hatte der Ausbau erst bei 2.100 Megawatt gelegen. Nach Angaben von Habeck kamen bis Ende April dieses Jahres rund 900 Megawatt dazu. Aufs Jahr gesehen rechnet der Minister derzeit mit einem Jahres-Plus von 4.000 Megawatt.

Man könne jetzt erste Früchte der im vergangenen Jahr begonnenen Arbeit ernten, betonte Habeck. Dieses Jahr seien bereits die Zuschlagsmengen bei den EEG-Ausschreibungen der jeweiligen zwei Vorjahre erreicht worden. "Wir sehen also Dynamik", erklärte er.

Windbranche sieht im Süden weiter "Totalausfall"

Die Branche selbst sieht die Lage mit rund 3.200 Megawatt Zubau in diesem Jahr allerdings deutlich pessimistischer. Sie baut darauf, dass sich inzwischen rund 9.000 Megawatt in der Genehmigung befinden, und hofft auf einen Aufbruch im kommenden Jahr.

Viele Probleme, die den Windkraftausbau seit Monaten stocken lassen, bestehen offenbar weiter. So fehlt es nach wie vor an sogenannten Handlungsanleitungen für die Länderbehörden.

Wegen der Vielzahl der Neuregelungen müssten die Länder ein paar Anker oder Leitplanken für den Verwaltungsvollzug in die Hand bekommen, forderte denn auch der sachsen-anhaltische Energieminister Armin Willingmann (SPD) nach dem Gipfel. Willingmann ist derzeit auch Vorsitzender der Energieministerkonferenz der Länder.

Bärbel Heidebroek, Vizepräsidentin des Windbranchenverbands BWE, wies darauf hin, dass sich der Ausbau nach wie vor auf die drei nordwestlichen Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen konzentriere. Der Süden bleibe bisher ein "Totalausfall", kritisierte Heidebroek.

Habeck widersprach diesem Eindruck. Auch in den süddeutschen Ländern steige die Zahl der Genehmigungen und Bauprojekte, sagte er. Um die Transportprobleme mit den immer größeren Windkraftanlagen besser in den Griff zu bekommen, sollen dafür nun auch die Wasserwege genutzt werden, gab der Wirtschaftsminister weiter bekannt.

Wie zu hören war, hat das Ministerium auch zugesagt, eine Lösung für die auf der Kippe stehenden Zuschläge aus den Ausschreibungen des Jahres 2022 zu finden. Windkraftprojekte im Umfang von mehreren hundert Megawatt, die letztes Jahr in den Ausschreibungen erfolgreich waren, sind gegenwärtig wegen enorm gestiegener Kosten und durch Zulieferprobleme gefährdet (Klimareporter° berichtete).

BDEW-Chefin Andreae stellte mit Bezug auf einen Bund-Länder-Bericht eine steigende Akzeptanz für Windkraft fest. 2020 wurde demnach noch gegen jedes vierte Windkraftprojekt geklagt, 2021 nur noch gegen jedes sechste. Zugleich sei 2021 nur 15 Prozent der Klagen stattgegeben worden.

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