Zwei Chemikalienfläschchen ohne Aufdruck und mit Deckel.
Der Hauseingang ist offenbar mit Buttersäure beschmiert worden. (Bild: John Kevin Reglos/​Shutterstock)

Am 11. Mai, Samstag vor gut einer Woche, teilte die Berliner Polizei mit, Unbekannte hätten das Gebäude einer gemeinnützigen Organisation im Stadtteil Kreuzberg beschädigt. Gegen ein Uhr nachts seien Zeugen auf eine Gruppe aufmerksam geworden, die "mutmaßliche Pflastersteine gegen die Fenster des Gebäudes in der Stresemannstraße warf, den Haupteingang mit einer säureartigen Substanz beschmierte" und dann flüchtete.

Einsatzkräfte hätten dann, heißt es weiter, nach den Tatverdächtigen gesucht, diese aber nicht mehr finden können. Die Feuerwehr habe die Säure neutralisiert. Der Staatsschutz beim Landeskriminalamt habe Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und besonders schwerem Landfriedensbruch aufgenommen.

Auf Nachfrage von Klimareporter° bestätigte die Berliner Polizei, konkret seien zwei Organisationen Ziel des Angriffs gewesen, deren Büros in der Stresemannstraße nahe beieinander liegen: das gemeinnützige Unternehmen Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) sowie die Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Bundeswehrverbandes.

Auf den Angriff reagieren beide Organisationen völlig konsterniert. Eine Tat wie diese sei "vollkommen unverständlich und in keiner Weise akzeptabel", teilt ein Sprecher des zuständigen Bundesumweltministeriums auf Anfrage mit. "Die ZUG gGmbH arbeitet als Projektträgerin im Auftrag mehrerer Bundesministerien und ist eine wichtige Institution, um den Bund bei der Umsetzung seiner Umwelt-, Natur- und Klimaschutzprojekte zu unterstützen", betont der Sprecher.

"Nicht nachzuvollziehen"

Das Gebäude der ZUG sei zum ersten Mal in dieser Weise angegriffen worden, so der Sprecher weiter. In der Vergangenheit sei in der Weise auch kein Gebäude des Bundesumweltministeriums beschädigt oder angegriffen worden.

Tatsächlich kümmern sich bei der ZUG mehrere hundert Beschäftigte an mehreren Standorten um Förderprogramme, Wettbewerbe, Modellprojekte, Kompetenzzentren oder Wissensplattformen. Zuletzt ging es beispielsweise um Umweltprojekte innerhalb einer Ideenwerkstatt für künstliche Intelligenz. Geplant ist demnächst ein bundesweiter Austausch zum natürlichen Klimaschutz.

Der Bundeswehrverband verurteilt die "sinnlose Sachbeschädigung" und sieht die Aktion auch mit Befremden. "Der Deutsche Bundeswehrverband ist im Prinzip eine beitragsfinanzierte Arbeitnehmer-Organisation, ähnlich wie eine Gewerkschaft", erklärt ein Sprecher des Verbandes auf Nachfrage. "Wir setzen uns für die Belange der Menschen der Bundeswehr ein. Wie uns das zum Gegner macht, können wir nicht nachvollziehen."

 

Einige Stunden nach dem Angriff ist um die Mittagszeit des 11. Mai auf der Plattform Indymedia ein anonymes Bekennerschreiben aufgetaucht, unterzeichnet mit den Losungen "Disrupt ZUG" und "Disrupt Bundeswehrverband". Während in Grünheide die Aktionstage gegen Tesla "an Fahrt gewinnen" würden, wie es in dem Schreiben wörtlich heißt, habe man sich "in der Stresemannstraße verabredet und zwei Institutionen, die für Militarisierung, Krieg und die falschen Versprechen des 'grünen' Kapitalismus stehen, mit Farbe, Steinen und Buttersäure angegriffen".

Der weitaus größte Teil des Schreibens widmet sich Institutionen wie ZUG. Diese würden durch eine politische und mediale Kommunikationsoffensive glaubhaft machen sollen, dass es systemische Lösungen für gegenwärtige Krisen geben könne. Der Bundeswehrverband wird eher kurz abgehandelt. Dieser komme einem "Lobbyverein fürs Töten" gleich, lautet der Vorwurf.

Das Schreiben wird von der Polizei als authentisch bewertet. Beobachter halten es für möglich, dass es sich bei dem Schreiben wie auch bei dem Angriff auch um eine sogenannte False-Flag-Aktion handeln könnte. Das Ziel könne dabei sein, den Widerstand gegen die Ausweitung der Tesla-Fabrik zu diskreditieren.

Über den aktuellen Stand der Ermittlungen gibt die Polizei derzeit keine weiteren Auskünfte.