Soja-Anbau in Mato-Grosso
Unternehmen, die Soja aus Brasilien in die EU importieren wollen, sollen künftig nachweisen, dass dafür keine Wälder geschädigt wurden. (Foto: Joao João Batista Moraes de Oliveira/​Pixabay)

Unternehmen, die Produkte wie Soja oder Palmöl in der EU verkaufen oder handeln wollen, sollen künftig nachweisen, dass diese nicht zur weltweiten Entwaldung oder zur Schädigung von Wald beitragen. Das sieht ein Entwurf einer Verordnung für "entwaldungsfreie Lieferketten" vor, den die Europäische Kommission in der vergangenen Woche vorgelegt hat.

Verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen sollen gewährleisten, dass nur entwaldungsfreie Produkte in der EU zugelassen werden. Produkte, die nicht die EU-Vorgaben einhalten, sollen keinen Zugang zum europäischen Binnenmarkt erhalten.

Die Kommission will Länder nach dem drohenden Risiko der Abholzung und Waldzerstörung klassifizieren. In Gebieten mit hohem Risiko sollen Unternehmen mehr Pflichten abverlangt werden als in Gebieten mit geringerem Risiko. Zu dem Verordnungsentwurf müssen sich jetzt das Parlament und die Mitgliedsstaaten äußern.

Der Finanzsektor, der Entwaldung durch Kredite oder Investitionen oft erst ermöglicht, ist allerdings nicht von der geplanten Verordnung betroffen. Dabei haben europäische Investoren zwischen 2013 und 2019 Aktivitäten mit sieben Milliarden Euro finanziert, die zur Zerstörung von Wäldern in Amazonien, Kongo und Papua-Neuguinea beigetragen haben.

Der Vorstoß der Kommission wird dennoch von Umweltschützer:innen und Umweltpolitiker:innen begrüßt. "Der Vorschlag ist ein klarer Schritt nach vorn und eine gute Grundlage für die Verhandlungen", findet Delara Burkhardt, Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für das Thema sowie umweltpolitische Sprecherin der SPD-Abgeordneten. Produkte, die zur Regenwaldzerstörung beitragen, dürften nicht länger auf dem europäischen Markt landen.

Der steigende Bedarf an landwirtschaftlicher Nutzfläche gilt als die größte Bedrohung für noch intakte Wälder. Auf den gerodeten Flächen sollen meist Soja, Palmöl, Kakao, Kaffee oder Futtermittel für die Rinderhaltung angebaut werden. Weil die Europäische Union diese Produkte sowie Holz importiert, ist sie für die Waldzerstörung mitverantwortlich.

Laut einer Analyse der Umweltorganisation WWF Österreich gehört die EU sogar zu den größten Treibern der weltweiten Entwaldung. Die EU-Staaten seien für 16 Prozent der globalen Regenwald-Abholzung durch internationalen Handel verantwortlich. Nur China sorge durch importierte Waren und Lebensmittel für noch mehr Rodungen.

Kritik an zahlreichen Lücken

Die Verordnung hat aus Sicht von Umweltexpert:innen auch noch weiteres Verbesserungspotenzial. Beispielsweise hat die Kommission Produkte wie Kautschuk oder Mais nicht in den Entwurf aufgenommen. Dabei steht Mais nach Soja und Palmöl an dritter Stelle der aus tropischen Ländern in die EU importierten Güter.

Außerdem beschränkt sich die Verordnung nur auf Wälder. Andere natürliche Ökosysteme wie Moore, Mangroven oder Savannen, die ebenfalls von großer ökologischer Bedeutung und wichtige CO2-Speicher sind, könnten weiterhin für EU-Agrarimporte in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt werden.

"Die EU trägt durch ihre Sojaimporte maßgeblich zur Abholzung der brasilianischen Cerrado-Savanne bei", sagte Anna Cavazzini von den Grünen im Europäischen Parlament. Das Handelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten werde die Abholzung weiter beschleunigen, sollte es in Kraft treten. "Doch dieser wichtige Lebensraum fällt nicht unter die neue Verordnung", warnt Cavazzini. Daher müsse der Kommissionsvorschlag ausgeweitet werden.

So etwa auch beim Schutz indigener Völker und bei der Einhaltung der Menschenrechte. Die Kommission will hier lediglich die geltenden Vorgaben der Produktionsländer einhalten. Damit wären nicht einmal die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte erfüllt, die Menschenrechtsverstöße bei Wirtschaftsaktivitäten eindämmen sollen.

Und auch bei den Haftungsklauseln für Unternehmen sehen Kritiker:innen noch Verbesserungsbedarf. Der Vorschlag enthalte anders als eine frühere Fassung keine Klausel mehr, nach der die EU-Staaten eigene Haftungsregelungen einführen müssten, kritisiert Delara Burkhardt. Hier habe die Kommission dem Druck der Agrarindustrie nachgegeben. Klare Haftungsbestimmungen seien wichtig – sonst bleibe die Verordnung eine reine Absichtserklärung.

Das geplante EU-Lieferkettengesetz, das die EU voraussichtlich im Dezember vorlegen will, hat einen anderen Ansatz: Es ist nicht produkt-, sondern unternehmensbezogen. Nicht nur Hersteller bestimmter Produkte, sondern alle Unternehmen in der EU sollen verbindliche Sorgfaltspflichten einhalten.

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